Filmfacts «Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga»
- Regie: David Dobkin
- Drehbuch: Will Ferrell, Andrew Steele
- Produktion: Will Ferrell, Jessica Elbaum, Chris Henchy
- Cast: Will Ferrell, Rachel McAdams, Pierce Brosnan, Dan Stevens, Demi Lovato
- Musik: Atli Örvarsson
- Kamera: Danny Cohen
- Laufzeit: 123 Minuten
Der Film ist jedoch kein europäisches Unterfangen, sondern ist (trotz Beteiligung der European Broadcasting Union) eine US-Produktion – und das, obwohl der «ESC» in den USA bislang lediglich ein Nischendasein führt. Doch Hauptdarsteller, Autor, Produzent und Film-Ideengeber Will Ferrell ist mit einer Schwedin liiert, nämlich mit der Schauspielerin Viveca Paulin. Durch sie lernte er den «ESC» kennen und lieben – und letztlich entstand so seine Sehnsucht danach, einen Film über ihn zu drehen.
Und diese Hintergrundgeschichte fasst eigentlich ziemlich gut zusammen, was «Eurovision»-Fans von «Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga» zu erwarten haben: Als US-Produktion und Will-Ferrell-Vehikel ist «Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga» schlussendlich vor allem eine Komödie mit dem «ESC» als Schauplatz. In «Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga» geht es um eine schäbige, kleine, isländische Musikkombo – und der von Will Ferrell gespielte Sänger und Songschreiber Lars Erickssong träumt seit seiner Kindheit davon, eines Tages den «ESC» zu gewinnen. Komme was wolle. Denn so will er seinem strengen Vater, der Musik und Tanz generell eher lächerlich findet, vor allem aber den Gesang und Tanz seines Sohnes, endlich beweisen, dass er kein Loser ist.
«Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga» könnte erzählerisch genauso gut eine weitere Will-Ferrell-Sportkomödie sein, man würde halt die Musikszenen durch Sportsequenzen ersetzen und der Traum, den «ESC» zu gewinnen, um den mürrischen Herren Papa stolz zu machen, wäre dann der Traum, die WM eines obskuren Sports zu gewinnen. Und wie in solchen Filmen gibt es auch hier einen größeren, erfahreneren, gemeineren Konkurrenten, der unsere Helden piesackt. Und natürlich gibt es noch die Lovestory, die als B-Handlung beginnt und sich schrittweise in den Vordergrund drängt. In diesem Fall ist Lars' Bandpartnerin Sigrit Ericksdottir (Rachel McAdams) in unseren Protagonisten verliebt – doch er hat keine Augen für sie, sondern nur für den Sieg beim «ESC».
- © Netflix
Die ehrgeizigen Musiker Lars und Sigrit erhalten die Chance ihres Lebens, ihr Land beim größten Musikwettbewerb der Welt zu vertreten. Nun können sie endlich beweisen, dass jeder Traum, der sich zu träumen lohnt, es auch wert ist, dafür zu kämpfen.
Erzählerische Überraschungen hat «Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga» wahrlich nicht parat, vor allem nicht, wenn man über eine gewisse Familiarität mit dem Gesamtwerk von Will Ferrell verfügt. Aber im Ferrell-Œuvre ist «Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga» dieser Formelhaftigkeit zum Trotz einer der besseren Filme: Trotz einer Laufzeit von über zwei Stunden halten sich die überdehnten Gags stark in Grenzen. Und wenn sich Ferrells Rolle blamiert, dann inszeniert Regisseur David Dobkin («Shanghai Knights») es nicht grell, schrill und laut, sondern zumeist als empathisches Fremdschämen, wodurch unser Mitgefühl für diesen verpeilten Träumer steigen soll.
Darüber hinaus sind Fire Saga zwar Außenseiter im «ESC»-Zirkus, aber keine Vollversager, so dass der Film nicht zur völligen Farce verkommt, sondern sich trotz einiger schriller Island- und Musikbusiness-Klischees eher als munterer Musikspaß entpuppt, in dem die Gesangsszenen auch guten Schwung (sowie «ESC»-Cameos) mitbringen.
Dennoch: «Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga» bleibt in erster Linie ein Ferrell-Film, der sich (auch) an ein Publikum richtet, das noch nie vom «ESC» gehört hat. Als solcher erlaubt sich dieser Film Schnitzer, die sich eine «ESC»-Komödie von europäischen Fans für europäische Fans wohl nicht einfach so erlaubt hätte: Spanien steht im Halbfinale (dabei ist Spanien eine der "Big Five"-Nationen und somit automatisch für das Finale gesetzt) und die Punkteverlesung im Halbfinale läuft (wohl aus dramaturgischen Gründen) anders ab als in der Wirklichkeit. Und dass aus komödiantischen Gründen die «ESC»-Acts in der Filmrealität deutlich spontaner ihre Bühnenshow und das Arrangement ihrer Hintergrundmusik abändern können als in der Wirklichkeit, sei der Vollständigkeit halber auch erwähnt – das sind Dinge, über die man dem Film und seinem Entertainmentfaktor zu liebe hinwegsehen sollte. Aber es gibt sicher «Eurovision»-Hardcore-Fans, die daran Anstoß nehmen werden.
Gleichwohl ist «Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga» dem europäischen Showepos mehr verfallen, als es von einer US-Produktion zu erwarten stand. Dank Ferrells Liebe zu dieser TV-Tradition und der Beteiligung der EBU gibt es echte Logos, Bühnenbilder wie aus der «ESC»-Wirklichkeit, viele Cameos und eine den ganzen Film durchziehende Bewunderung für den «Eurovision»-Irrwitz. Wie auch die meisten «ESC»-Fans "weiß" der Film, dass das alles albern und groß aufgeblasen ist – und dass das dazugehört!
Fazit: «Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga» ist eine bunte, musikalische Will-Ferrell-Komödie, die vor einer «ESC»-Kulisse spielt, aber nur gelegentlich Humor aus dem Showevent zieht.
«Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga» ist auf Netflix abrufbar.
Es gibt 4 Kommentare zum Artikel
26.06.2020 13:47 Uhr 1
Muss zugeben, bei Musik (vor allem) und Optik kommt man mehr auf seine Kosten als an Story oder Schauspielkünste. Hatte wegen Will Ferrell keine großen Erwartungen, aber ich war 2 Std. gut unterhalten. Und das reicht mir.
26.06.2020 14:39 Uhr 2
26.06.2020 16:38 Uhr 3
27.06.2020 11:24 Uhr 4