Die erfolgreichsten Dokumentationen bei Netflix in Deutschland 2019
- Unser blauer Planet
- Ted Bundy: Selbstporträt eines Serienmörders
- Das Verschwinden von Madeleine McCann
- Don't F***k with Cats: Die Jagd nach einem Internet-Killer
- Formula 1: Drive to Survive
Quelle: Netflix
Zugegeben: Der Erfolg der Netflix-Dokumentation fiel in die Zeit der akuten Corona-Pandemie. Und profitierte unzweifelhaft davon, dass viele Menschen nach Unterhaltung suchten in langweiligen StayAtHome-Zeiten. Unbestreitbar ist aber auch, dass das Format tatsächlich extrem unterhaltsam ist – und informativ dazu. Es steht für ein neues Zeitalter des Doku-Genres: für ein Zeitalter, das viel mehr als früher auf Storytelling setzt, Dramaturgie und Konflikt. Das aber dabei nicht den ureigenen Charakter von Dokumentationen – Authentizität und Informationsvermittlung – verlässt.
Dokumentationen sind das neue heiße Eisen im Fernsehgeschäft. Besonders bei den Streamern sind die Formate beliebt, sind sie doch vergleichsweise günstig einzukaufen oder zu produzieren. In einem Markt, wo Serien und ihre Macher immer teurer werden, spielt das gerade den Dokumentationen in die Hand. Netflix setzte schon früh auf das Genre und erntet jetzt große Erfolge. Das Phänomen «Tiger King» wird die Streaming-Landschaft nachhaltig verändern, zumal der Serienmarkt schon lange gesättigt ist. Zuschauer sehnen sich offensichtlich zunehmend nach echten Geschichten, im besten Falle: Geschichten, die kaum zu glauben sind, aber trotzdem passieren. So wie im Falle von «Tiger King» oder auch mehr oder weniger prominenten Vorläufern wie «Making A Murderer», «The Innocent Man» und «Don’t F* With Cats». Viele der Doku-Serien werden dem True-Crime-Genre zugerechnet; sie erzählen episodisch von einem Verbrechen und seinen Aufklärungsarbeiten. Dabei bedienen sich die Formate oft gängiger Serien-Stilmittel: Storywendungen, plötzlich neue Charaktere, die eine wichtige Rolle spielen, oder auch Cliffhanger.
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Cogan produzierte unter anderem den Film «Ikarus», der 2018 mit einem Oscar als beste Dokumentation ausgezeichnet wurde. Er veränderte die Doku-Landschaft mit seinem Ansatz nachhaltig: Im Stile der Selbstexperiment-Filme («Super Size Me») probiert sich ein Hobby-Rennradfahrer am professionellen Doping, um sich künstlich zu neuen Höchstleistungen zu pushen. Im Laufe seines Experiments gerät er in Kontakt mit hochrangingen Köpfen und ist plötzlich mittendrin im Doping-Skandal russischer Athleten bei den Olympischen Winterspielen 2014. Es ist ein Drama seinesgleichen – Enthüllungen, zwielichtige Charaktere und Betrug inklusive. Und das wichtigste: Alles ist echt, nichts erfunden. Eine Geschichte, die man nicht besser hätte erfinden können. Wer «Ikarus» gesehen hat, verändert seine Sicht auf das professionelle Sportgeschäft.
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Eine goldene Doku-Ära – gerade zu Corona-Zeiten?
„Wir sind in einer goldenen Ära der Dokumentationen“, sagt Dan Cogan. „Es gab niemals so gutes Storytelling in Nonfiction-Filmen wie jetzt“. 2018 wurde zu einem der erfolgreichsten Jahre für Doku-Filme, mit vielen finanziellen und Kritiker-Hits. Vier Filme nahmen an den US-Kinokassen mehr als zehn Millionen Dollar ein. Selbstredend: Im Vergleich zu Fiction-Kino ist die Zahl sehr klein. Aber sie zeigt, dass immer mehr dieser Filme neben den großen Namen bestehen können, und dass immer mehr Menschen Dokumentationen als ernstzunehmende Alternative zum Popcorn-Kino sehen.
Ein Großteil der goldenen Doku-Ära spielt sich aber auf dem kleinen Bildschirm ab, namentlich bei den Streamern. Fast 400 davon hat Netflix mittlerweile im Angebot, Amazon rankt mit rund 350 nur leicht dahinter. Gerade in der Corona-Krise könnte das Genre weiter profitieren: Es ist im Vergleich zu TV-Serien leicht zu produzieren, manchmal nur von wenigen Personen. Es kann sich je nach Thema vielen Archivmaterials – wie im Falle von «Tiger King» – bedienen und es braucht kein Set oder Drehbücher. Manche der erfolgreichsten Dokus werden im eigenen Haus gedreht («Ikarus»), andere mit der Handkamera («Face2Face»).
Wie groß der Markt für Dokumentationen letztlich wird? Am Ende kommt es vor allem darauf an, wie gut Geschichten erzählt werden – ob sie nun echt sind oder nicht.
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