Hingeschaut

Darum verdient die «Carolin Kebekus Show» mehr Aufmerksamkeit

von   |  8 Kommentare

Ohne größeren Trommelwirbel endete «PussyTerror TV» und machte Platz für «Die Carolin Kebekus Show». Doch es ist ein Fehler, die beiden Sendungen völlig gleichzusetzen.

Man kann es dem Fernsehpublikum nicht vorwerfen, sollte es schulterzuckend hingenommen haben, dass nun halt in der Programmzeitschrift und im EPG nicht weiter am späten Donnerstag «PussyTerror TV» vermerkt ist, sondern «Die Carolin Kebekus Show». Die Ankündigung der neuen Carolin-Kebekus-Sendung erfolgte ziemlich beiläufig in der Fachpresse. Der Programmplatz ist gleichgeblieben. Und bei der Titeländerung liegt die Vermutung sehr nahe, dass Kebekus schlicht den wilden, provokanten Titel nach fünf Jahren abstreifen wollte. Man wird ja nicht jünger, und die "PussyTerror"-Phase hat Kebekus auf der Bühne ja auch schon hinter sich gebracht.

Aber es wäre verfehlt, «Die Carolin Kebekus Show» einfach nur als umgetaufte Version von «PussyTerror TV» zu bezeichnen. Oder gar als gemäßigte, "spießige" Variante. Denn trotz des braveren Titels ist das neue Format schon allein an der optischen Oberfläche eine Prise frischer: Das sehr konventionelle, sich ohne nennenswerte Alleinstellungsmerkmale in den ARD-Showalltag einreihende Grafikdesign und Bühnenbild von «PussyTerror TV» weicht nun einem (coronatauglich) reduzierten Studio, das von einer großen Grafikwand dominiert wird. Und auf der erstrahlen prägnante, moderne Grafiken, die eine peppige Stimmung kreieren – und das stets passend zum jeweiligen Showabschnitt.

Dieses digitale, sich stylisch wandelnde und filigran durchdachte Grafikdesign ist ein Markenzeichen der neuen Produktionsfirma: «Die Carolin Kebekus Show» wird von der bildundtonfabrik verantwortet, deren Aushängeschild das von ihr durch und durch gestemmte «Neo Magazin Royale» ist, die aber beispielsweise auch die Optik von «Die beste Show der Welt» stemmt. Und es macht tatsächlich einen großen Unterschied, ob sich jemand wie Carolin Kebekus durch ein austauschbares Standardset bewegt oder vor einem markanten, modernen Hintergrund agiert – die Ästhetik der «Carolin Kebekus Show» lässt ihren Humor und ihre Persönlichkeit nämlich stärker zur Geltung kommen.

Doch es ist nicht nur Augenwischerei: «Die Carolin Kebekus Show» ist auch inhaltlich prägnanter geworden. Schon in «PussyTerror TV» hat sich Kebekus im Stand-up häufig mit feministischen Themen auseinandergesetzt und somit Sachen angesprochen, denen sie seit Jahren auf den Comedybühnen mehr und mehr Aufmerksamkeit zukommen lässt. Dennoch spielte Kebekus' Haltung, die einen sehr wichtigen Teil ihrer Bühnenprogramme darstellt, in «PussyTerror TV» öfters die zweite, wenn nicht gar dritte Geige hinter kurzweiligem, aber nur selten aussagekräftigem Gästetalk und spritzigen, doch auch oft nur albernen Sketchen. Zweifellos spaßig, aber Kebekus kann mehr.

In der von der btf und ihrer eigenen Firma UnterhaltungsFlotte TV produzierten «Carolin Kebekus Show» gewinnt Kebekus' Positionierung dagegen massiv an Bedeutung: Schon das Stand-up ist stärker fokussiert, zielt nicht mehr auf jeden naheliegenden Gag, sondern formt eine politische wie humorige Position: Die Frage ist nicht, welche Nachrichten sich gerade für einen schnippischen Kommentar anbieten, sondern welche zu Kebekus' Profil passen. Und davon ausgehend wird eine Pointe kreiert. So ist der Witz in der Show noch charakteristischer als zuvor.

Noch deutlicher wird dies im zweiten Monolog der Show: Nach einer Abfolge kurzer, Late-Night-typischer "Das ist neulich geschehen, hier ist mein Spruch dazu"-Themen gibt es einen konzentrierten, ein größeres Sujet umkreisenden Monolog. Dieser verfolgt eine ähnliche Aufgabe wie diverse Schreibtischaktionen in «Neo Magazin Royale» (vor allem die Rubrik "Eier aus Stahl" kommt in den Sinn), und kombiniert Stand-up über alltägliche Ärgernisse mit dem satirischen Hinterfragen von gesellschaftlichen Unzulänglichkeiten und knallharten, selten besprochenen Fakten.



Kebekus nahm in diesem Segment der Show bereits auseinander, welch fragwürdig großen Schutz durch den Gesetzgeber Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker erhalten, wie der "Trend" der Tradwives (also von Frauen, die veraltete Geschlechterrollen zurückhaben wollen) an der Realität vorbei segelt, und wie Medizin und Architektur systematisch Frauen benachteiligen. Komödiantisch gewürzt mit Sketchfiguren, zudem informativ fundiert mit während des Monologs eingeblendeten, journalistischen Quellenangaben, ist dieser Monolog ein wöchentliches Highlight im Unterhaltungsangebot der ARD.



Solche Glanzstücke wie einen in der Show abgehaltenen «Brennpunkt» gegen Rassismus (weil das Erste ja keinen "echten" gemacht hat) und ein ausführlicher Talk darüber, wie sehr Moderatorinnen übersehen werden, wären in «PussyTerror TV» zwar durchaus ab und zu denkbar gewesen – doch in der «Carolin Kebekus Show» kommen sie Schlag auf Schlag. Wer also der Show noch immer keine Aufmerksamkeit gibt, weil der Gedanke vorherrscht, die könne ja so anders als «PussyTerror TV» nicht sein: Es wird Zeit, endlich umzudenken.

«Die Carolin Kebekus Show» ist donnerstags am späten Abend im Ersten zu sehen.

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Es gibt 8 Kommentare zum Artikel
TwistedAngel
26.06.2020 13:04 Uhr 1
Naja der Hype um die ist auch irgendwie vorbei und die Trailer wirken auch immer verzweifelt ...
Kingsdale
26.06.2020 14:37 Uhr 2
Ja stimmt TwistedAngel! Vor allem ist es immer das Gleiche, die selben Gags und alles scheint schon abgenutzt. Schade, da sie bestimmt mehr Potential hat.
TwistedAngel
26.06.2020 15:40 Uhr 3
Will ja nicht mal sagen, dass sie kein Talent hätte, aber sie würde halt vom Niveau auch eher zu den Privaten passen, in der ARD geht die doch unter.



Vor allem bringt sie jetzt immer diese Rebecca & Larissa-Nummer, weil sie einigermaßen funktioniert, aber die ist auch nur beim 1. Mal witzig, wenn überhaupt ...
Lucifer
26.06.2020 16:53 Uhr 4
Also da bin ich anderer Meinung bzw. ich bin da auf der Linie vom Artikelverfasser.

Erst einmal, ist der Hype um Carolin Kebekus nicht zuende... das Wort Hype ist hier evtl. auch nicht richtig angebracht. Denn auch wenn Geschmäcker verschieden sind, insbesondere im Comedy-Bereich, kann man Frau Kebekus immer noch als die, mit Abstand, Nr.1-Frau in Deutschlands Comedy-Szene bezeichnen.

Die Rebecca & Larissa - Einspieler haben auch noch lange nicht ausgedient, die Kebekus ist zusammen mit Martina Hill ein sehr gutes Team. Und die paar Einspieler in vielleicht jeder 2. Folge sind dann auch weit entfernt davon, too much zu sein. Was sollen da denn Leute sagen, die "nur" in einer einzigen verkleideten Rolle seit Jahren Comedy machen wie z.B. Atze oder Dennis aus Hürth.

Um zum eigentlichen Artikel zurückzukommen... wie gesagt, gehe ich da konform... denn die Kebekus ist eine starke Persönlichkeit. Das war sie schon immer, nur jetzt mit der eigenen Produktionsfirma im Rücken, genügend TV-Erfahrung, weiß sie es in ihrer neuen Sendung gekonnt umzusetzen. Natürlich gibt es nun, wo bei den ernsten Themen mehr in die Tiefe gegangen wird, nicht mehr alle 20 Sekunden einen Gag. Aber den braucht es doch auch nicht immer...

Und sie nimmt auch weiterhin kein Blatt vor den Mund, was mir sehr imponiert. Denn sie hat keine Scheu, selbst gegen den eigenen Sender kritisch zu sein.... siehe der fehlende Brennpunkt zu "Black Lives Matter" oder die Kritik gegen Volker Herres in Bezug auf Frauen in der Showbranche.
Sentinel2003
26.06.2020 20:35 Uhr 5
Oh man alles klar, die "Kebekus Show" ist also Mist hoch 10 oder was??
Neo
26.06.2020 22:37 Uhr 6
Ich kann mit ihr leider nicht viel anfangen. Die Sendung finde ich (und das hat mich am meisten überrascht) gar nicht mal so gut produziert, aber hey, ist ja auch Corona und da ists zumindest mit den Videobeiträgen schwierig. Sie ist halt auch einfach sehr mainstreamig, kann viele Leute abgreifen, da auch leicht plump. Erlebe sie in Interviews zumindest auch immer sehr meinungsschwach und schlicht undifferenziert. Für sie sind so Politik/Medienthemen nichts. Das kann man also nur sehr undifferenziert und plump aufbauen. Mich persönlich hats einfach gar nicht angesprochen, muss aber auch nicht sein.
Sentinel2003
27.06.2020 10:21 Uhr 7
Zum Glück ist auch hier wieder alles Geschmackssache!! Und, aller Wahrscheinlichkeit sind die Deutschen leider wohl nur an die männlichen Comediens gewöhnt.... :relieved:
Neo
27.06.2020 11:14 Uhr 8
Vor allem ist sie ja auch so schön und sympathisch. Kann man dann mal gar nicht nachvollziehen, weshalb sie nicht gemocht oder von manchen Seiten gar beleidigt wird.

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