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Casting in Zeiten von Corona: 'Casting ist jetzt überall'

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Massencastings sind in Zeiten der Coronapandemie nicht möglich - nach Kandidaten wird nun hauptsächlich online gesucht. Für Tobias Hött, Castingchef von UFA Show & Factual, eine Umstellung, die besser geklappt hat, als gedacht. Welche Vorteile das neue Vorgehen bietet, erklärt er uns im Gespräch.

Die Krise als Chance sehen – das ist oft eine Floskel. Nicht aber bei Tobias Hött, dem Head of Casting der Produktionsfirma UFA Show & Factual, die Formate herstellt wie «Deutschland sucht den Superstar», «Das Supertalent» oder «Take Me Out». Wer Casting-Prozesse steuert, der muss eher in Lösungen als in Problemen denken, sowie das Beste aus jeder Situation machen, spontan sein und sich niemals unterkriegen lassen. Hött macht den Job seit rund 20 Jahren. Damals fing er als freier Caster bei der UFA an, Corona mit all seinen Auswirkungen hat aber auch er nicht kommen sehen. Während der kompletten Coronaphase habe es aber keine Zeit, keine Situation gegeben, die ihn zur Verzweiflung brachte. „Im Gegenteil: Wir haben vielleicht sogar etwas gewonnen, weil wir nun noch flexibler als vorher casten“, sagt Hött. Binnen weniger Tage sei das neue Casting-Konzept entwickelt und umgesetzt worden. Dabei habe die UFA Show & Factual davon profitiert, dass das Projekt Online-Casting 2020 ohnehin geplant war. Durch Corona wurde es dann, früher als geplant, sofort flächendeckend eingesetzt. Natürlich: Die großen Casting-Touren und Vor-Ort-Castings sind derzeit nicht möglich. Stattdessen passiert Vieles online. „Das ist letztlich einfacher für die Kandidaten“, weiß Hött. „Casting ist jetzt überall. Die ganze Welt ist Casting. Und jeder ist Casting“, sagt er. Was er damit meint?

Ich habe das Gefühl, dass sich durch die Online-Castings die Bereitschaft von Menschen, sich fürs Fernsehen casten zu lassen, erhöht hat.
Tobias Hött, Castingchef bei UFA Show & Factual
Wer Lust hat, an einem Projekt mitzuwirken, kann sich jetzt von überall casten lassen. Vom heimischen Sofa ebenso wie vom Urlaub aus oder von seinem Zweitwohnsitz im Ausland. „Früher war es manchen vielleicht gar nicht möglich, zu Castings anzureisen. Heute geht das online.“ Hött glaubt zudem nicht, dass bei Online-Castings Eindrücke für die Caster verloren gingen. Eher im Gegenteil. Er habe die Erfahrung gemacht, dass Online-Castings oftmals sogar noch persönlicher seien. Und viele davon sind möglich. Die UFA Show & Factual kann hunderte pro Tag abhalten. „Ich habe das Gefühl, dass sich durch die Online-Castings die Bereitschaft von Menschen, sich fürs Fernsehen casten zu lassen, erhöht hat“, sagt Hött.

In die Schlagzeilen geriet jüngst die derzeit in Vorbereitung befindliche nächste Staffel von «Deutschland sucht den Superstar». Die Vorcastings, die bislang nie im TV ausgestrahlt wurden und in denen Leute ausgesiebt werden, die gar nicht zur Jury vordringen können, sollen online stattfinden. Weiterhin persönlich läuft dann das Casting für die Talentshows im Fernsehen. Hött blickt der kommenden Staffel von «DSDS» gelassen entgegen, an Sängern werde es jedenfalls nicht mangeln. „Online-Castings sind ja auch nur ein Weg von vielen, der nach Rom beziehungsweise Ossendorf führt“, sagt er mit einem Schmunzeln. Derzeit sind schon die ersten Social-Media-Trailer mit Aufrufen, sich zu bewerben, verfügbar. „Die Trailer sind sehr erfolgreich“, verrät Hött ohne genaue Zahlen nennen zu wollen. Wie die TV-Castings von «DSDS» dann im Detail aussehen, ist gerade in Planung. Hött gibt sich optimistisch. „Wir hoffen darauf, dass es bald die Möglichkeit gibt, diese möglichst normal umzusetzen. Wenn nicht, dann finden wir Alternativen.“ Gleiches gelte letztlich auch für Studioproduktionen mit Publikum, berichtet er.

Durch die individuellere Betreuung bei den Online-Castings entstehe für die Produktionsfirma und deren Mitarbeiter erstmal ein Mehraufwand. „Wir bekommen dadurch aber auch mehr Input von den Kandidaten. Es zahlt sich also aus“, berichtet Hött. Doch wie ist das in Zeiten von Corona? Bewerben sich Otto-Normal-Zuschauer genauso sorglos wie früher? „Durch die Möglichkeit, dass sie für Castings nicht zu uns kommen müssen, sondern in ihrem sicheren Umfeld bleiben können – etwa zu Hause – ist die Motivation sich zu bewerben, gestiegen“, berichtet er. „Wenn wir etwa Kandidaten für «Take Me Out» suchen, dann sind es außerdem immer noch genauso viele Menschen, die sich einfach tierisch darauf freuen, mal Ralf Schmitz kennenzulernen“, sagt Hött mit einem Grinsen.

Welcher Typ Mensch sich letztlich bewirbt, sei von Format zu Format verschieden und habe sich auch mit der Zeit geändert. „Wir wissen genau, was wir brauchen. Es gibt Formate von uns, die sind für Rampensäue eher geeignet als andere Sendungen. Es hat sich aber auch etwas geändert – das liegt allerdings gar nicht nur an den Menschen, sondern eher daran, dass unsere Shows schon so lange laufen und die heutigen Bewerber mit ihnen aufgewachsen sind.“

«Deutschland sucht den Superstar» etwa, das 2002 erstmals in Deutschland lief, gehöre mittlerweile ganz fest in den Alltag vieler junger Leute. „Als wir die erste Staffel machten, kannte das Format keiner. Heute bewerben sich 16-Jährige, die eine Welt ohne «DSDS» wirklich nicht kennen“, sagt Hött. Der Casting-Experte von UFA Show & Factual selbst würde sich für die Bohlen-Show übrigens gesanglich nicht eignen – und auch beim «Supertalent» würde er wohl nicht glänzen. Dafür hätte er Spaß in einer anderen Show. „Ich denke, ich würde mich am ehesten für die SWR-Show «Sag die Wahrheit» anmelden – dann aber als Schwindler“, lacht Hött.

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