Filmfacts: «Pandemie»
- Kinostart: 6. August 2020
- FSK: 16
- Laufzeit: 122 Min.
- Genre: Katastrophenfilm/Thriller
- Kamera: Mo-gae Lee
- Musik: Tae-seong Kim
- Buch: Young-jong Lee, Sung-soo Kim
- Regie: Sung-su Kim
- Darsteller: Hyuk Jang, So Ae, Roxanne Aparicio, Jang-Su Bae, Andrew William Brand
- OT: Gamgi (KOR 2013)
Nun waren die meisten Zuschauer und Kritiker einfach nur vom Authentizitätsgehalt der Show beeindruckt, weshalb es für das produzierende und ausstrahlende ZDF auch nie zur ernsten Frage stand, ob man «Sløborn» nicht vielleicht gar nicht erst zeigen durfte.
Eine tödliche Seuche geht um
Nur 20 Kilometer von der koreanischen Metropole Seoul entfernt bricht in der Stadt Bundang ein tödliches Virus aus, das sich durch die Luft verbreitet. Die hochansteckende Krankheit führt innerhalb von nur 36 Stunden zum Tod. Nachdem die Regierung drastische Quarantänemaßnahmen verordnet, eskaliert die Lage unter den eingepferchten Bewohnern Bundangs. Inmitten der öffentlichen Panik müssen die Ärztin Kim In-hye (Soo Ae) und der Rettungssanitäter Jigu (Hyuk Jang) den Ursprung des Virus finden, damit ein Gegenmittel entwickelt werden kann. Es wird ein verzweifelter Wettlauf gegen die Zeit, denn im Chaos aus Tod und Gewalt droht das Militär, auch unter dem diplomatischen Druck der USA, mit einer schrecklichen Notlösung.
Im Falle des südkoreanischen Katastrophendramas «Pandemie» lässt sich von einem Zufall in der zeitlichen Überschneidung zwischen Corona- und Filmstart allerdings nicht sprechen. Der Film stammt ursprünglich aus dem Jahr 2013 und hieß bis vor Kurzem auch gar nicht «Pandemie». Man macht sich einfach nur zunutze, dass das Interesse an der Thematik aktuell größer ist als noch zum Entstehungszeitpunkt. Nachdem der im Original eigentlich «Gamgi» heißende und für den internationalen Markt «Flu» betitelte Film vor sieben Jahren in die südkoreanischen Kinos kam, wurde er anschließend als Kinofilm in Teile des asiatischen Raumes sowie als Stream- und DVD-Release in einige europäische Länder verkauft. Deutschland war nicht darunter. Für uns ist «Pandemie» also tatsächlich als Neustart zu betrachten, zumal er im Oktober dieses Jahres dann auch schon fürs Heimkino erhältlich ist. Dass dieser plötzliche Popularitätsschub auf die authentische Skizzierung eines Seuchengeschehens zurückzuführen ist – aus ebenjenem Grund erhielt ja auch «Sløborn» ein so herausragendes Kritikerfeedback – steht hier allerdings stark zu bezweifeln.
Denn der von Sung-su Kim («Asura») inszenierte Katastrophenreißer setzt auf das genaue Gegenteil von Christian Alvarts leisen Paranoiatönen und stattdessen auf das ganz große, vor allem aber laute und chaotische Drama, das im Hinblick auf die Bilder aus aller Welt, die wir in den letzten Wochen so in den Nachrichten gesehen haben, fast schon nachdichtend erscheint.
Hysterie statt Paranoia
Einige typische, seit Neuestem wirklichkeitserprobte Seuchenmotive finden sich auch in «Pandemie» wieder. Das Tragen von Atemschutzmasken, das von der Regierung und Ärzten ausgesprochene Fachvokabular (Stichwort Ausgangssperre und dergleichen) oder die Bilder von panischen Bürgern, die die Supermärkte überrennen: All das haben wir in den vergangenen Monaten ununterbrochen in den Nachrichten gesehen und gehört. Sieht man dies heute im Rahmen eines Spielfilms, hat sich das Gespür für den Authentizitätsgehalt des Gezeigten daher deutlich verfeinert. Gleichzeitig weiß man nun aber auch, wie schnell derartige Situationen eskalieren können. Im Gegensatz zu «Contagion», «Outbreak» oder eben auch «Sløborn» setzt «Pandemie» nicht auf eine schleichende Eskalation. Stattdessen steigt er unmittelbar in ein Katastrophenrettungsgeschehen ein und etabliert bereits wenige Minuten später das Seuchenszenario. Anschließend dauert es immer wenige Minuten bis zu nächsten Hysteriestufe, bis die Kinoleinwand zunehmend von panisch durch die Straßen laufenden, verzweifelt um Hilfe schreienden Menschen und den übel zugerichteten Infizierten dominiert wird.
Dadurch erinnert «Pandemie» weitaus weniger an ein Seuchendrama und vielmehr an einen Zombiefilm der Marke «World War Z». Beides hat seine Daseinsberechtigung, doch im Anbetracht des aktuellen Corona-Geschehens sollte an dieser Stelle unbedingt darauf hingewiesen werden, dass «Pandemie» die Panik bei zartbesaiteten Zuschauern nur noch weiter schürt und keineswegs als «Sløborn»-ähnliche Gesellschaftsstudie verstanden werden sollte. Das hier ist bloß reißerisches Hollywoodkatastrophenkino, nur eben aus Südkorea.
Und als solches funktioniert «Pandemie» auch ziemlich ordentlich. Die Macher wenden zwar die üblichen Versatzstücke eines Films auf, in dem von unterschiedlichen Standpunkten aus auf ein und dasselbe Katastrophenereignis geblickt wird, doch nicht umsonst haben sich ebendiese über viele Jahrzehnte bewährt. Das kleine Mädchen, das im Seuchengetümmel verzweifelt nach seiner Mutter sucht, erfüllt hier ebenso seinen Zweck wie die aufopferungsvolle Krankenschwester, die ihr Leben für das der ihr fremden Patienten gibt. Hinzu kommen ein paar Randfiguren, die das Geschehen aus politischer Sicht einordnen (das Motiv der über die Köpfe der Bürger hinweg entscheidenden Politiker und Forscher wird hier einmal mehr bis ins Lächerliche überstrapaziert; hier ist eben alles immer eine Spur zu reißerisch, um neben der Gier nach Adrenalin auch noch das Verlangen nach einer glaubhaften Story zu befriedigen) oder noch ganz andere Blickwinkel finden, um zu zeigen, wie unterschiedlich jeder Mensch mit einer solchen Ausnahmesituation umgeht. Auf wen sich am Ende das Hauptdrama konzentriert, dürfte aus den oben genannten Schilderungen ziemlich deutlich hervorgehen.
- © Busch Media
Im Gegensatz zu ähnlich gelagerter Genrekost aus den USA setzt «Pandemie» nicht darauf, einfach nur einen möglichst dreckigen Farbfilter über den typischen Hollywood-Hochglanzlook zu klatschen. Nein, «Pandemie» wirkt einfach insgesamt so richtig schön unappetitlich. Wenn hier Blut spritzt, fühlt man die gegenseitige Ansteckung der Menschen regelrecht an sich selbst. Den Gesichtern ist unter dem Schweiß der Anstrengung und dem Schmutz der letzten Tage jederzeit ihr körperlicher Ausnahmezustand anzumerken. Fehlendes Make-Up und Frisuren lassen es jederzeit so aussehen, als ginge es hier einfach nur darum, dass die Menschen um ihr Leben kämpfen. Das macht «Pandemie» auf handwerklicher Ebene sehr authentisch, auch wenn das ansonsten nur bedingt zum Rest des Films passt. Gleichzeitig ist dieser Mix aus reißerischer Überdramatisierung und lebensechter Ausführung aber ziemlich faszinierend.
Fazit
Aufgrund der Corona-Pandemie schafft es der bereits im Jahr 2013 veröffentlichte Katastrophenthriller «Gamgi» nun unter dem Titel «Pandemie» auch in die deutschen Kinos. Hier erwartet den Zuschauer ein klassischer Genrereißer mit einigen zufälligen Bezügen zu unserer aktuellen Lebensrealität, der allerdings vorwiegend auf den schnellen Schock und weniger die schleichende Bedrohung setzt.
«Pandemie» ist ab dem 6. August in den deutschen Kinos zu sehen.
Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
06.08.2020 10:13 Uhr 1
Ich fand "Sloborn" tierisch langweilig....ich werde aber nochmals einen Versuch starten...
06.08.2020 11:13 Uhr 2
Ein akzeptabler Film. Reinste Komödie und voll im amerikanische Stille aufgezogen.
Der Film hat sehr viele Logikfehler (Masken sind schlagartig vor Ort). Es wurde ein Impfstoff gefunden und schlagartig ist das Maske tragen für keinen mehr von Relevanz, obwohl die Impfung noch bei keinem vorgenommen wurde.