Die Kritiker

«Das dunkle Paradies»

von

Das ZDF nennt diesen Film im Untertitel zwar einen "Landkrimi": Doch anders, als die Genrebezeichnung vermuten lässt, will er seinen Reiz dabei nicht von pittoresken Seenlandschaften beziehen.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Stefanie Reinsperger als Franziska Heilmayr
Manuel Rubey als Martin Merana
Andrea Wenzl als Annie Lichtauer
Wolfgang Rauh als Roland Teichtner
Clara Mühltaler als Mia
Ulrike Beimpold als Mutter Heilmayr
Peter Strauss als Vater Heilmayr

Hinter der Kamera:
Produktion: Epo-Film Produktionsgesellschaft m. b. H.
Drehbuch: Sarah Wassermair
Regie: Catalina Molina
Kamera: Klemens Hufnagl
Produzenten: Jakob und Dieter Pochlatko
Die meisten Fernsehfilme verklären ihre Spielorte: Malerische Seen, pittoreske Berge und ruhige Küstenlandschaften werden dann nahtlos in nette Menschen, aufrichtige Werte und eine angenehme Lebensweise umgemünzt, als ob sich das in schier zwingender Logik aus dem angenehmen geographischen Umfeld ergebe.

Der „Landkrimi“ des ZDF am Montagabend geht einen differenzierteren Weg, um auch das Rückständige, Provinzielle und mitunter Menschenfeindliche der Charaktere zu beleuchten, die in anderen Filmen mit abgelegenen Spielorten oft die muntere Kulisse für die verklärte Einfachheit und Schönheit des Landlebens geben. In «Das dunkle Paradies» lebt Postenkommandantin Franziska Heilmayr (Stefanie Reinsperger) zwar seit Jahren mit ihrer Partnerin zusammen, doch ihre stockkonservativen hinterwäldlerischen Eltern ahnen nichts von ihrer Bisexualität, äußern sich in ihrer Gegenwart rüde über andere Homosexuelle und Lesben aus ihrem Umfeld und beschreiben damit erschütternd, wie nahtlos sich reaktionäres Gedankengut auch heute noch im Umfeld schöner Seenlandschaften hält.

Franziskas bisheriges Arrangement mit der (zurecht) befürchteten Nichtakzeptanz ihrer sexuellen Identität lässt sich zusammenfassen mit: herunterschlucken, nicht kommentieren, aus dem Weg gehen. Natürlich wird dieser Film diesen Status quo herausfordern, natürlich wird sie sich mit Ultimaten von beiden Seiten – den Eltern und der Partnerin – konfrontiert sehen, natürlich wird sie sich zwischen der Familie und der Liebe entscheiden müssen, natürlich ist das alles vorhersehbar. Und trotzdem ist diese Geschichte hier so elegant und feinfühlig geschrieben, mit so viel Schmerz und Verständnis und Klugheit und Vertrauen in die Figuren dieses Films, und von Stefanie Reinsperger mit so viel Nähe und Empathie und Schönheit gespielt, dass der Stoff auch trotz der vorhersehbaren Entwicklungshaltestellen wunderbar gefallen kann.

Der eigentliche Fokus des Films liegt jedoch auf einer merkwürdigen Verquickung von Franziskas Berufs- und Privatleben: Der Bruder ihrer Partnerin ist in Untersuchungshaft gelandet, weil er eine befreundete Prostituierte ermordet haben soll. Zwar stand der Mann früher regelmäßig mit dem Gesetz in Konflikt – doch zu Franziskas völliger Überzeugung sind seine kriminellen Zeiten seit der Geburt seiner Tochter endgültig vorbei. Um ihn freizubekommen, und damit gleichzeitig ein schäbiges Komplott aufzudecken, klinkt sich Franziska in die Ermittlungen ein – sehr zum Leidwesen des leitenden Kollegen, der gleichzeitig ein alter Bekannter ist.

Während die Geschichte um Franziskas Konfrontation mit ihren eigenen Lebenswünschen und der Engstirnigkeit ihrer Familie fernab von Klischees erzählt wird und durch große Feinfühligkeit und außerordentliches Verständnis besticht, fällt der Hauptplot samt dem dramaturgischen Whodunnit-Rückgrat routiniert, aber glanzlos aus. Beileibe nicht zum ersten Mal stülpen die öffentlich-rechtlichen Sendeplatzkonventionen damit einer spannenden Figur mit einem ergreifenden Lebenskonflikt ein Genre auf, das sie nur mager bedienen kann, während der eigentlich interessante Kern zum Nebenschauplatz degradiert wird: das eigentliche Verbrechen dieses Films.

Das ZDF zeigt «Das dunkle Paradies» am Montag, den 24. August um 20.15 Uhr.

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