Hinter den Kulissen
- Regie: Andreas Kopriva
- Drehbuch: Karin Lomot, Robert Buchschwenter
- Produktion: Helmut Grasser
- Musik: Matthias Weber
- Kamera: Josef Mittendorfer
- Schnitt: Bernhard Schmid
Die letzten «Tatort»-Episoden mit den Wiener Ermittlern Moritz Eisner und Bibi Fellner fielen vor allem dadurch auf, dass sie im Einheitsbrei vorabendlicher Provinz-Krimis der Öffentlich Rechtlichen eben nicht auffielen. Man traf sich in irgendeinem beschaulichen Ort in Österreich – sei es nun in der Steiermark («Tatort: Virus») oder am Wolfgangsee («Tatort: Wahre Lügen») um auf Verbrecherjagd zu gehen. Immerhin: Der Touristenverband dürfte – auch im Anbetracht der zuletzt selten wirklich intensiv-düsteren Kriminalfälle – nichts dagegen haben, dass die ARD zur Primetime ein wenig Österreich-Sightseeing betreibt. Im neuen «Tatort: Pumpen», dem nunmehr 47. Fall aus Wien und dem 23. gemeinsamen von Eisner und Fellner, dagegen ticken die Uhren ein wenig anders. Mit ländlicher Beschaulichkeit hat der nämlich nichts mehr zu tun und auch der Fall gestaltet sich um Einiges grimmiger als die letzten. Das bedeutet in diesem Fall aber nicht unbedingt, das alles besser wäre – nur eben anders.
- © ARD Degeto/ORF/Allegro Film/Hubert Mican
Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) befragen Susi (Michaela Schausberger, re.)
In Sachen Lokalkolorit hält sich Regisseur und «Tatort»-Debütant Andreas Kopriva («Schnell ermittelt») zurück. Einzig und allein der österreichische Dialekt der beiden Kommissare erinnert daran, dass wir uns diesmal außerhalb der deutschen Grenzen befinden. Ansonsten gibt es im «Tatort: Pumpen» hauptsächlich zwei Setpieces: Die Polizeiwache und ein Fitnesscenter, zwischen denen Fellner und Eisner hin- und herwechseln; hin und wieder wird ein Verhör mit einer verdächtigen Person eingeschoben. Das ist „Business as usual“ wie es gewöhnlicher kaum sein könnte. Lediglich ein Angriff auf einen verdeckt ermittelnden Beamten, der unter der Dusche des Gyms brutal vermöbelt wird, durchbricht die Lethargie aus Ermittlung, Verhör, Ermittlung und dem nächsten Verhör. Eine aus dieser Gediegenheit brutal herausbrechende Gewaltspitze, die so richtig wehtut, weil hier eben mehrere geballte Fäuste durchtrainierter Männer auf den nackten Körper ihres untrainierten Opfers einprügeln. Das bleibt erstmal im Magen liegen.
Aber es ist eben auch vielsagend, dass eine solche Szene als Highlight heraussticht – immerhin dauert sie noch nicht einmal fünf der insgesamt 89 Minuten, ist nicht einmal besonders ästhetisch gefilmt, sondern eben einfach nur brutal. Ohne sie hingegen bliebe der «Tatort: Pumpen» allenfalls für die ungewohnt hölzernen Schauspielleistungen aller Beteiligter (die klischeehafte Darstellung der Nebenfiguren, die vornehmlich aus brutalen Pumpern und dummen Blondinen bestehen), das konstruierte Zurückgreifen auf den berühmt-berüchtigten „Kommissar Zufall“ sowie das schwerfällige Bemühen um zeitgeistige Problembehandlungen im Kopf – dass die digitale Vernetzung auch so ihre Probleme mit sich bringt, haben wir nicht bloß alle mittlerweile kapiert, sondern auch schon diverse «Tatort»-Regisseure und -Kommissare zuvor.
Fazit
Die neue «Tatort»-Saison wird von einem schwachen Fall der beiden Wiener Kommissare Eisner und Fellner eingeläutet, aus dem einzig und allein eine ziemlich brutale Prügelszene hervorsticht.
Das Erste zeigt den «Tatort: Pumpen» am Sonntag, den 6. September 2020 um 20:15 Uhr.
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