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Nach dem Lockdown: Draußen oder drinnen?

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Der Lock-Down in Deutschland im Frühjahr 2020 hat den deutschen Fernsehsendern Reichweitenzuwächse beschert. Doch was passierte mit zunehmender Lockerung der Kontaktbeschränkung? Waren die Deutschen im TV-Sommer 2020 echte Fernsehmuffel?

Im März und April stand das öffentliche Leben in der Bundesrepublik Deutschland großteils still. Um sich nicht mit dem neuartigen Corona-Virus zu infizieren, erließ die Regierung Kontaktverbote und rief dazu auf, wann immer möglich mit der Familie zu Hause zu bleiben. Dies führte zu einer steigenden Nutzung von Medien, unter anderem auch des linearen Fernsehprogramms. In Folge zurückkgehender Covid-19-Infektionszahlen wurden die Maßnahmen gelockert – und dann? Genossen die Deutschen die wieder erlangte „Freiheit“ in vollsten Zügen oder blieben die Reichweiten verglichen mit den Sommern zuvor konstant?

Quotenmeter.de hat die Top-Reichweiten in der klassischen Primetime (ab 20 Uhr, bis 23 Uhr) analysiert und auch versucht, diese um Einmal-Effekte (etwa durch Sport-Events) zu bereinigen. Das Ergebnis: In der Tat sank die Nutzung bei den großen Sendern, wenn auch nicht in allzu großem Maße.

Ein gutes Beispiel ist hierfür der Sender RTL – im Sommer 2018 war ein aus Kanada übertragenes Formel1-Rennen mit 7,16 Millionen Zuschauern in der Schlussphase, im Schnitt aber mit 5,97 Millionen Zuschauern das meistgesehene Sommer-Programm des Kanals. Im Sommer 2019 (immer Juni bis August) führten zwei Spiele der Nationalmannschaft die Top-Liste an – die Reichweiten lagen hier bei 8,38 und 7,90 Millionen. Abgesehen vom Livesport punktete RTL im Sommer 2019 mit dem Promi-Special von «Wer wird Millionär?», das auf 5,34 Millionen Seher kam. 2020 war das populärste RTL-Sommerformat ebenfalls die RTL-Quizshow mit Teilnahme von bekannten Namen – sie erreichte aber nur 4,89 Millionen Zuschauer. Platz zwei ging an eine normale Folge des Jauch-Formats (4,59 Millionen).

Ganz ähnlich war die Lage beim Sender Sat.1. 2018 sicherte sich eine Folge von «Promi Big Brother» mit 2,37 Millionen Zuschauern Platz eins der Sommer-Bestenliste. 2019 kam «Phantastische Tierwesen» sogar auf 3,08 Millionen. In diesem Jahr war es erneut «Promi Big Brother», das die höchste Sat.1-Reichweite in der Primetime in diesen drei Monaten einfuhr – sie lag mit 2,17 Millionen aber niedriger als in den Jahren zuvor. Knapp dahinter, mit 2,16 Millionen, landete «Stirb langsam 4.0».

Auch bei RTLZWEI waren klare Reichweitenverluste zu erkennen. Meistgesehenes Sommerprogramm des Senders war der Blockbuster «Olympus Has Fallen» mit 1,14 Millionen Fans, 2019 ging die Top-Platzierung noch eine Ausstrahlung vor 1,43 Millionen Fans – diesen Wert erreichte der Klassiker «Pretty Woman». Ein weiteres Jahr zuvor schaffte eine Folge von «Hartz und herzlich» gar 1,56 Millionen Zuschauer.

Um einige Sondereffekte bereinigt werden muss ProSieben – die rote Sieben profitierte im Hochsommer 2019 vom Neustart «The Masked Singer», der mit bis zu 4,34 Millionen Sehern ein absoluter Knaller war. Im Sommer 2020 lief keine Staffel der Masken-Show, die beste Reichweite lag bei 2,64 Millionen – der Action-Hit «Mission Impossible: Fallout» generierte diesen Wert. Somit lag man leicht unter dem Top-Wert von 2018, den «Gods of Egypt» mit 2,68 Millionen Zuschauern aufstellte.

Im Ersten und ZDF wurden die Charts 2018 von der Fußball-Weltmeisterschaft dominiert; die etwa beim Deutschlandspiel gegen Schweden erreichten 27,48 Millionen können kein Maßstab sein. 2019 allerdings kam Das Erste ohne großes Sport-Highlight aus; meistgesehenes Sommerprogramm war der «Tatort: Kaputt» vor 9,29 Millionen Fans. 2020 sicherte sich eine andere «Tatort»-Folge, nämlich „Lass den Mond am Himmel“ den Top-Platz, der 90-Minüter erreichte bei der Erstausstrahlung 9,84 Millionen. Das Erste ist somit der einer von zwei Sendern unter den ganz großen, der seine Spitzenreichweite gegenüber 2019 maximieren konnte. Im ZDF müssen Einmal-Effekte herausgerechnet werden; 2019 etwa war der DFL-Supercup das meistgesehene Format, in diesem Jahr das Champions-League-Finale. Sieht man davon ab, war «Ein starkes Team» 2020 meist gesehen – die Krimireihe ergatterte 6,36 Millionen Fans. 2019 lag der Bestwert abseits von Sportprogrammierungen bei knapp fünfeinhalb Millionen Zusehenden, gemessen bei einem «Solo für Weiss»-Krimi.

VOX profitierte in der Liste noch von der am letzten August-Abend gestarteten neuen «Die Höhle der Löwen»-Staffel; erstmals begann die Gründershow schon im August. Platz zwei ging in diesem Jahr an einen «James Bond»-Film, der auf 2,3 Millionen Zuschauer kam – dieser lag quasi gleichauf mit einem anderen Abenteuer des Agenten, der dem Sender im Sommer 2019 die besten Werte beschert hat, damals waren es knapp 2,3 Millionen Fans.

Fazit: Nur die öffentlich-rechtlichen Kanäle, die ohnehin eher ein reiferes Publikum ansprechen, das vermutlich auch ein Stück weit häuslicher geworden ist, bekamen keine Reichweiten-Einbußen durch Corona zu spüren. Bei VOX sorgte ein Herbst-Frühstart für Erheiterung, dank «James Bond» blieben Einbußen aus. Die werbefinanzierten Sender, Sat.1, RTLZWEI, aber auch ProSieben, mussten in diesem Sommer in der Tat kleinere Brötchen backen. Ob das "nur" an der wiedererlangten Freiheit lag und wie sehr da auch die allgemeine Abwanderung zu zeitversetzter Nutzung und speziell bei den Jüngeren zum Streaming hineinspielte, steht auf einem anderen Blatt. So oder so - die gute Nachricht: Herbst und Winter und damit wieder „Drinnen-Zeit“ nahen.

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