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Moria: «Joko & Klaas Live» behandelt die Schicksale Flüchtender

von   |  6 Kommentare

Ein aufwühlender Augenzeugenbericht und schwer verdauliche Bilder: Die #MoriaStory bei «Joko & Klaas Live» blickte an den äußeren Rand Europas.

Menschen fliehen vor politischer Verfolgung, Krieg, Hungersnöten, Hass und Intoleranz, um eine menschenwürdige Zukunft zu haben. Statt sie an der Gestaltung einer besseren Welt teilhaben zu lassen, werden sie von der EU teils jahrelang in ein dreckiges Lager gepfercht. 19.000 Personen auf einem Raum für 3.000, ohne Strom, ohne Sanitäranlagen, ohne fließendes Wasser, mit mangelhafter Essensversorgung und ohne medizinisches Auffangnetz. Das ist Moria. Und die Situation in Moria wurde von vielen Medien lange weitestgehend ignoriert.

Wie Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf diesen Mittwochabend in «Joko & Klaas Live» erläuterten, beschlossen sie nach Aufzeichnung der von ihnen gewonnenen Folge «Joko & Klaas gegen ProSieben», sich diesem Thema anzunehmen. Zwischen Aufzeichnung und Ausstrahlung kam es in Moria zu einem verheerenden Feuer und eskalierenden Ausschreitungen der Polizei, die unter anderem Kinder mit Tränengas beschoss. Die Medien blickten nun nach Moria und erneut brach ein politischer Diskurs aus, in dem sich Mitglieder einiger Parteien darin übertrafen, auf immer kältere Weise zu sagen: "Wieso sollten wir Fremden helfen?"

«Joko & Klaas Live» nahm das nun nicht mehr übersehene Thema auf, um zu zeigen, wie weit Europa von dem entfernt ist, seinen moralischen Ansprüchen gerecht zu werden: Mit einem erschütternden Statement des aus dem Iran geflohenen Milad und Unmengen an Videomaterial von direkt Betroffenen sowie der Presse wurde dem ProSieben-Publikum das Ausmaß der Unmenschlichkeit verdeutlicht, mit dem Europa jene begrüßt, die vor solchen Zuständen geflohen sind und schlicht an der idealistischen europäischen Idee der Gemeinsamkeit und gegenseitigen Fürsorge mitwirken wollten.



Die Unterhaltungsshow hinter den Liveminuten


Es steht in der laufenden Staffel von «Joko & Klaas gegen ProSieben» übrigens unentschieden: Den Staffelauftakt haben Joko und Klaas vergeigt, weshalb ihre Sendung am 15. September zur Strafe als «Not & Elend gegen ProSieben» an den Start ging. Den Quoten half das nicht, in der Zielgruppe ging es abwärts von tollen 12,5 Prozent auf nur noch sehr gute 11,6 Prozent Marktanteil. Dafür hat das Duo aber das Finalspiel gewonnen (ein "Einsteinrätsel" mit ProSieben-Bezug) und somit den Gutschein für diese 15 Liveminuten.

Die meistgesehene Ausgabe der Liveminuten war bisher die Folge vom 13. Mai 2020, in der Joko und Klaas gar nicht zu sehen waren – stattdessen führte Sophie Passmann durch die «Männerwelten», in denen sie unter anderem Palina Rojinski und Jeannine Michaelsen über Sexismus zu Wort kommen ließen. Collien Ulmen-Fernandes las zudem übergriffige Chatverläufe vor. 2,04 Millionen Menschen sahen das während der Erstausstrahlung. Aufgrund der überwältigenden Reaktion auf diese Liveproduktion der Florida TV und der wichtigen Botschaft entschied sich ProSieben dazu, «Männerwelten» zu wiederholen und online zu veröffentlichen.

Kleine Randnotiz: Im Zuge von «Männerwelten» wurde kritisiert, dass die Florida beim Warnhinweis vor der Sendung, sie enthalte Inhalte, die nicht für alle geeignet sind, das generische Maskulinum genutzt hat. Sie sprach allein die "Zuschauer" an, klammerte die Zuschauerinnen aus Nachlässigkeit aus. Diesen Hinweis nahm sich das Florida-Team offensichtlich zu Herzen: Die #MoriaStory in der neusten Ausgabe von «Joko & Klaas Live» beinhaltete eine Warnung, dass die anschließenden Inhalte für Kinder und empfindsame Zuschauer*innen ungeeignet sind.

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Es gibt 6 Kommentare zum Artikel
Neo
17.09.2020 02:33 Uhr 1
Durch Corona ist das Thema in den Hintergrund gerückt (wie alle Themen eben), aber ignoriert wurde da gar nichts. Bis März war das eines der bestimmenden Themen und selbst in den harten Corona-Wochen gab es durchgehend Berichte.



Moria ist das Lager bzw. die Ortschaft.
Anonymous
17.09.2020 08:00 Uhr 2
Und es von März an erstmal wieder zu ignorieren / thematisch nach unten zu kehren ist also nicht "lange"?



Finde, man muss nun wirklich nicht darüber Haare spalten, ob das Thema lange ignoriert, mittelfristig unterrepräsentiert oder kurzfristig minderbetont wurde.
Torsten.Schaub
17.09.2020 10:22 Uhr 3
Jaja und nun stehen Joko und Klaas wieder gut da, das sie das Thema wieder aufgreifen und somit wieder von allen geachtet werden.
eis-fuchsi
17.09.2020 11:05 Uhr 4
@Torsten.Schaub
Lumpenheinz
17.09.2020 14:48 Uhr 5
Hat aber meines Empfinden nachs überhaupt nichts bewirkt. Ja gut, als aufgeklärter Mensch war man ergriffen und bewegt. Aber um wirkliche Aufklärung, bzw. Empathie bei denjenigen zu erzeugen, die unsere Heimat durch Zuwanderung in Gefahr sehen, war dieser Beitrag ungenügend.

Denn was von Anfang bis Ende unangesprochen und damit unbeantwortet blieb (und ich meine damit nicht, dass ihr MIR das jetzt hier erklären müsst). Wenn er von Europa so enttäuscht ist und es bereut, die Reise unternommen zu haben, wieso ist er dann nicht in seiner Heimat geblieben.



Leider bleibt der Beitrag diese Lösung schuldig, wie wir auch Hardliner oder zumindest jene, die langsam von diesen eingenommen und auf deren Seite gezogen werden, dahingehend zu sensibilisieren. Dass gerade in deren Heimat die Lage so verheerend ist, dass viele keinen anderen Ausweg sehen.



Nach den gesehenen Bildern bleibt allerdings bei vielen nur hängen "ja, Wohlstandstourismus ist das doch nur! Die wollen meinen Wohlstand und meine Heimat kaputt machen! Mir gehts hier auch schlecht genug ohne die!"
Neo
17.09.2020 15:59 Uhr 6

Naja, du arbeitest mit Worten und das ist keine Haarspalterei, wenn man behauptet, dass das ignoriert wurde. Damit sagst du ja, dass die Medien das alles wussten (stimmt), aber die Situation bewusst vor Ort ignorierten und nicht berichteten (stimmt nicht). Denn dem ist einfach nicht so. Es ist auch nicht unterrepresäntiert, sondern Ereignisse wie Corona oder BLM (da verging die letzten Jahre übrigens auch keine Woche, in der in der NYT nicht über Polizeigewalt und Rassismus gegen Schwarze berichtet wurde, war dann halt irgendwann auch normal, bis man dann das Video mit George Floyd hatte) schlicht stärker bebildert, damit auch emotional aufgeheizter und als Thema größer. Dass die Berichterstattung gerade in der harten Phase, als auch die Journalisten abgezogen werden mussten bzw. nicht ohne weiteres nach Lesobos reisen konnten, nicht ganz so stark ist, ist doch nur die logische Konsequenz - und selbst da wurde dann berichtet, dass es schwer ist darüber zu berichten, man deshalb auf Quellen vor Ort zurückgreifen muss und weiß, dass es denen jetzt noch schlechter geht, da durch Corona noch mehr eingepfercht usw.

Es liegt nicht an en Medien, sondern der Ignoranz der Leute, die halt immer erst rumheulen, wenns besonders krasse Bilder gibt. Hat man jetzt auch wieder mit den Waldbränden.



Kann man betrüblich finden, muss sich aber auch selbst an die eigene Nase fassen. Wenns euch so am Herzen gelegen hätte, dann hättet ihr vor Monaten auch bspw. die Dunja Hayali Sendung zu Moria (sie war selbst vor Ort) besprechen können, aber euch ging das halt durch die Lappen, weils 1. nicht eure Zielgruppe bedient (wie gesagt, es ist den Menschen eben egal) und dadurch 2. zu wenig Klicks bringt. Jetzt mit Joko&Klaas ist das für viele natürlich interessanter und schafft mehr Aufmerksamkeit.



(Kurzer Nachtrag zum Verständnis: Das ist ist einfach auch ungerecht derer gegenüber, die monatelang aus und über solche Lager berichten und es durch die ganzen anderen Katasrophen nicht schaffen, diese Aufmerksamkeit zu bekommen. Zumal denen ja nichts anderes übrig bleibt, als immer das Gleiche gebetsmühlenartig runterzuschreiben. Da gabs eben nicht viel Neues, sondern die immer gleichen Horrorgeschichten und jetzt mit dem Brand wirds plötzlich auch für die sichtbar, die sich sonst nur mit sich selbst beschäftigen oder ihre Aufmerksamkeit Leuten wie Lisa Eckardt, Dieter Nuhr oder Serdar Somuncu widmen. Das ist schlicht frustrierend.)

Ist so, als würde man dir vorwerfen, dass du nicht über die Krise der Kinobranche berichtest, wobei die Artikel zwischen den ganzen anderen TV-Meldungen einfach untergingen.




Ja furchtbar. Diese elendigen Geier, die sich immer auf so Trendthemen setzen und noch mehr Aufmerksamkeit schaffen. Wieso können die nicht wie die von dir präferierten Komiker sein und einfach Frauen sexuell belästigen und Menschen scheiße behandeln?

Ist ja nicht so, dass die sich schon seit Jahren dafür einsetzen, ständig was dazu in den Insta-Storys oder auf Twitter posten, aber hey, hauptsache versuchen das umzukehren und schlechtzureden.

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