Die Kritiker

«The Devil All the Time»: Miese Menschen mit miesen Launen

von

«The Devil All the Time» ist ein aufreibend-düsteres Drama aus dem Mittleren Westen der USA.

Filmfacts «The Devil All the Time»

  • Regie: Antonio Campos
  • Produktion: Jake Gyllenhaal, Riva Marker, Randall Poster, Max Born
  • Drehbuch: Antonio Campos, Paulo Campos; basierend auf dem Roman von Donald Ray Pollock
  • Cast: Tom Holland, Bill Skarsgård, Riley Keough, Jason Clarke, Sebastian Stan, Haley Bennett, Eliza Scanlen, Mia Wasikowska, Robert Pattinson
  • Musik: Danny Bensi, Saunder Jurriaans
  • Kamera: Lol Crawley
  • Schnitt: Sofía Subercaseaux
  • Laufzeit: 138 Minuten
Schriftsteller Donald Ray Pollock ist nicht gerade für leichte Lektüre der guten Laune bekannt. Der Ex-Schlachthofarbeiter und frühere LKW-Fahrer, der erst im Alter von 45 Jahren anfing, professionell zu schreiben, ersann zunächst eine 18-teilige Anthologie aus kurzen Erzählungen über seinen Geburtsort Knockemstiff, den er darin als tristes Kaff beschreibt, indem schmerzliche Sehnsucht, verlorene Hoffnung und sinnlose Gewalt den Alltag bestimmen. Das führte er im "Country Noir"-Roman "Das Handwerk des Teufels" fort. Extremistische religiöse Gefühle, naturalistische Drastik und Verzweiflung, die ins Boshafte kippt, bestimmen das Werk.

Stationen des Mittleren Westens der USA in der Zeit zwischen dem Zweiten Weltkrieg und dem Vietnamkrieg: Ein Flickenteppich aus Schicksalen rund um die heruntergekommene Gemeinde Knockemstiff, Ohio, führt uns vor, wie sehr der "Bibelgürtel" von allen guten Geistern verlassen ist:

Hier wächst Arvin Eugene Russell (Tom Holland) zwischen religiösen Fanatikern, Psychopathen und korrupten Sheriffs auf. Seine Stiefmutter Charlotte (Haley Bennett) ist schwer krank. Ihr Mann, Kriegsveteran Willard (Bill Skarsgård) glaubt an Okkultismus. Arvin will endlich raus aus diesem Ort und der Gewaltspirale entkommen. Aber solche Leute wie ein Serienkiller-Pärchen (Jason Clarke und Riley Keough), der dubiose Sheriff Lee Brodecker (Sebastian Stan) und der zwielichtige Priester Preston Teagardin (Robert Pattinson) verhindern das …


Ganz getreu der Buchvorlage ist die Filmadaption «The Devil All the Time» von herben Schicksalsschlägen, miesen Menschen und fiesen Ansichten durchzogen. Damit die wunderschönen Formulierungen Pollocks nicht vollends entschwinden, behält die Verfilmung einen einordnenden Erzählerkommentar, der in der englischsprachigen Originalfassung des Films sogar durch Pollocks eigene, ruhige, besonnene, dennoch kernige Stimme verfolgt. In der Synchro ordnet Hörbuchsprecher Axel Lutter mit einfühlsamer Gelassenheit das garstige Geschehen ein.

Zudem unterstreicht eine stimmige, in sich konsequente Auswahl an Country- und Bluegrass-Liedern das Geschehen mit einer wehmütigen, paradoxerweise zugleich entspannten, schönen Romantik. Das alles federt die geschilderten Ereignisse nicht ab, noch viel weniger als in Pollocks literarischen Werken, wo die Sprache das Mittel ist, das einen in den Abgrund saugt. Aber es konterkariert den ethischen Sumpf von Knockemstiff sehr gezielt und gekonnt.

Der Cast verkörpert die entweder widerlichen oder elenden, manchmal auch beides vereinenden, Figuren punktgenau. Sei es Harry Melling als manischer Presiger, Robert Pattinson als geistlicher Schmierlappen mit Quietsche-Akzent, Riley Keough als Killerbraut, Sebastian Stan als knurrender Cop oder Tom Holland und Eliza Scanlen sowie Mia Wasikowska als gebrochene Seelen – Regisseur Antonio Campos inszeniert sie vor dreckigem, staubigem, ranzigem Hintergrund und mit einer Kamera, die ihnen tief in die Seele blickt.

«The Devil All the Time», der perfekte Film für ein betrübtes Wochenende.

«The Devil All the Time» ist auf Netflix abrufbar.

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