Die Kino-Kritiker

«Astronaut»

von

Der alte Mann und das Sternenmeer.

Seit der Russe Juri Gagarin (1934-1968) am 12. April 1961 als erster Mensch um die Erde kreiste, ist der Griff zu den Sternen tatsächlich in greifbare Nähe gerückt. Die Mondlandung von 1969 befeuerte den Glauben an den Fortschritt zusätzlich, und in Stanley Kubricks Meisterwerk «2001 - Odyssee im Weltraum» wurde gar gewagt, den Weltraumtourismus Zu prognostizieren. Bis heute ist das jedoch Zukunftsmusik geblieben. Schade eigentlich, und so bleibt weiterhin nur das Kino, um diesen Traum auszuleben. So auch in dem neuen Film «Astronaut» mit Altstar Richard Dreyfuss, der nicht das erste Mal davon träumt, indem Orbit abzuheben.

Auch im Alter noch abenteuerlustig
Ein Leben lang hat Angus (Richard Dreyfuss) davon geschwärmt, einmal In seinem Leben ins Weltall zu fliegen. Nun ist er Witwer, wohnt im Altersheim und ist mit seinen 75 Jahren längst zu alt dafür. Als der mächtige Marcus Brown (Colm Feore) jedoch ein Pilotprogramm für den ersten privat finanzierten Trip in den Orbit Ins Leben ruft, soll auch ein ‚Otto Normalverbraucher‘ unter den Passagieren sein. Dieser eine freie Platz wird jedoch ausgelost, teilnehmen kann jeder, der sich fit genug fühlt und die 65 noch nicht überschritten hat.



Angus’ Enkel jedoch ist überzeugt, dass sich sein Opa unbedingt bewerben sollte. Nach anfänglichem Zögern füllt Angus am Computer das Formular aus, macht sich jedoch um zehn Jahre jünger in den Glauben, er hätte sowieso keine Chance. Irrtum! Angus kommt in die engere Auswahl und muss ein hartes Training über sich ergehen lassen. Wie lange kann er seinen Schwindel aufrechterhalten?

Ein Zukunftsfilm mit menschlicher Tiefe
«Astronaut» ist der erste Spielfilm, den TV-Schauspielerin Shelagh McLeod („Doctors“) selbst inszenierte. Man spürt ihre weibliche Hand. Denn ihre Geschichte hat zwar einige Zukunftselemente, aber es gar nicht so sehr um die Faszination der Sterne, die hier Von Angus und seinem Enkel zumeist Vom Fernrohr aus beobachtet werden, sondern um den Traum eines betagten Mannes, der ständig damit konfrontiert wird, dass es vernünftiger wäre, diesen Traum aufzugeben. Doch hat nicht jeder das Recht, bis zuletzt darum zu kämpfen? Ist das nicht sogar der eigentliche Sinn des Lebens?

Philosophische Fragen werden dabei ebenso aufgewirbelt wie psychologische, was dem Film eine menschliche Tiefe gibt. Einen Senior Ins Zentrum eines Zukunftsfilms zu setzen, ist gewiss gewagt, Um ein jüngeres Publikum zu erreichen, aber mit Feingefühl und einer einnehmenden Herzenswärme ist McLeod gleichzeitig ein Familienfilm gelungen, der eine Abenteuerlust versprüht, die auf Zuschauer aller Altersgruppen überspringt.



Eine Begegnung mit Richard Dreyfuss
In den Siebzigerjahren war Richard Dreyfuss ein Superstar, entdeckt von George Lucas für «American Graffiti» und von Steven Spielberg regelmäßig besetzt für Hauptrollen in «Der weiße Hai» und «Unheimliche Begegnung der dritten Art». Dieser Science-Fiction-Klassiker bildete 1977 das Pendant zu «Krieg der Sterne», weil Spielberg eben kein Märchen erzählen wollte, sondern sich ernsthaft mit Gedanken auseinandersetzt, wie es wäre, wenn eines Tages tatsächlich Außerirdische mit uns Kontakt aufnehmen.

Dreyfuss als Familienvater, der ganz besessen Davon ist, an den geheimen Platz zu gelangen, wo die Begegnung stattfinden soll, lieferte eine seiner besten Performances ab, was sicherlich dazu führte, dass er 43 Jahre später als «Astronaut» noch einmal nach den Sternen greifen darf. Dreyfuss gefiel die Idee von Anfang an, weshalb er bei dem Projekt auch als Produzent eingestiegen ist. Denn nirgendwo lässt es sich besser von den Weiten des Weltraums träumen als im Kino.

Fazit: Eine Mischung aus Science-Fiction- und Familienfilm mit einem Hauch von Abenteuerlust und ganz viel Menschlichkeit.

«Astronaut» ist seit Donnerstag, 15. Oktober 2020, in den Kinos zu sehen.

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