In den Siebzigerjahren war Richard Dreyfuss ein richtiger Superstar. Als softer Halbstarker in George Lucas‘ «American Graffiti» und als Ozeanologe Matt Hooper in Steven Spielbergs «Der weiße Hai» wurde der heute 72-Jährige weltberühmt. Mit Spielberg drehte er anschließend noch «Unheimliche Begegnung der dritten Art» und «Always». 1977 gab es für Dreyfuss auch noch den Oscar für seine Hauptrolle in «Der Untermieter» und in den Achtzigern feierte er weitere Kinoerfolge mit «Stand By Me», «Zoff in Beverly Hills» und «Die Nacht hat viele Augen». In den letzten Jahren ist es um ihn etwas ruhiger geworden. Doch nun meldet sich der Schauspieler mit einer bewegenden Altersrolle in «Astronaut» zurück. Als einsamer Witwer träumt er davon, ins All zu fliegen. Als ein Platz für den ersten kommerziellen Weltraumflug ausgelost wird, gewinnt er, obwohl er eigentlich schon zu alt ist. Wir sprachen mit Richard Dreyfuss über seine Rolle.
Es ist nicht das erste Mal, dass Sie im Kino zu den Sternen fliegen möchten. Ist das tatsächlich eine reizvolle Vorstellung für Sie?
Nachdem mir Regisseurin Shelagh McLeod das Drehbuch zugeschickt hatte, rief ich sie an, um ihr zu sagen, wie sehr es mir gefällt. Ich glaube, alle waren geschockt, weil wohl jeder davon ausging, ich würde ablehnen. Aber so war es nicht. Ich flog nach Kanada und erst da merkte ich, dass man mich vielleicht auch deshalb für die Rolle wollte, weil ich einst in «Unheimliche Begegnung der dritten Art» mitgespielt hatte.
Also kein Zufall…
Ich habe es aber auch nicht als Nachteil empfunden. Tatsächlich hat es mich überrascht, dass dieser Film immer noch so gemocht wird. Ich hoffe, dass das anhält. In Kanada hatte ich es nicht erwartet. «Astronaut» ist ein Independent-Film, bei denen üblicherweise eine Eile vorherrscht, weil sie schnell fertig werden müssen. Aber hier gingen alle mit sehr viel Respekt an die Sache, was ich natürlich sehr geschätzt habe.
Könnten Sie sich denn vorstellen, ins Weltall zu fliegen, wenn das irgendwann möglich sein sollte?
Klar, warum nicht! Steven Spielberg, der bei den Dreharbeiten zu «Unheimliche Begegnung» weder verheiratet war, sagte mal, er hätte wahrscheinlich ein anderes Ende erdacht, wenn er es damals schon Familienvater gewesen wäre. Ich sehe das anders. Es gibt kein besseres Ende für «Unheimliche Begegnung». Meine Figur in dem Film sieht vielleicht seine Familie nie wieder, dafür aber das gesamte Universum.
Es gibt drei Versionen von «Unheimliche Begegnung». Welche bevorzugen Sie?
Die allererste, und alle Szene, die später in den anderen Fassungen noch hinzugefügt wurden, machen keinen Unterschied.
Mit Spielberg haben Sie drei Filme gedreht. Warum nicht noch eine vierte Zusammenarbeit?
Ich glaube nicht, denn wir haben uns schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen. Er brauchte mich für die Besetzung von Männerrollen, die noch etwas Kindliches in sich hatten. Damit kannte sich Steven aus, aus dieser Position arbeitete er auch. Vielleicht kommt er nochmals auf mich zu, wenn er das wieder bräuchte. Wir waren uns aber nie so nah, dass es mich verletzt hätte, als er dann mit anderen Schauspielern weitermachte. Ich habe es nie so gesehen, dass ich wie manche behaupteten eine Art Alter Ego für ihn war. Bullshit!
Was meinen Sie, gehört der Mensch ins All?
Als die Amerikaner zum Mond flogen, gab es auch Bedenken. Ich hatte die nie. Aber ich hätte mir auch nie träumen lassen, von einer Story zu hören, in der jemand meines Alters in den Orbit fliegen will. Ich bin ein leidenschaftlicher Leser amerikanischer Science-Fiction-Literatur. Zu den großen Autoren der ersten Stunde gehören Arthur C. Clarke, Robert Heinlein und Ray Bradbury. Sie alle schrieben darüber, wie die Eroberung des Weltalls durch private Investoren stattfinden würde. Dieser Teil von «Astronaut» war mir daher wieder sehr vertraut.
Wie weit sind wir also noch vom Weltraumtourismus entfernt?
Wir wären eigentlich schon längst viel weiter, wenn wir nicht einen Rückzieher gemacht hätten. Was wäre passiert, wenn es nicht zu Unfällen und Ereignissen gekommen wäre, die Zum Ende dieses NASA-Programm führten. In der Geschichte der Menschheit war es das erste Mal, dass man einen solchen Rückzieher gemacht hat. Als sich die ersten Segler den Atlantik überquerten, gab es auch Rückschläge. Aber unbeirrt wurde es weiter versucht. Das ist durchaus vergleichbar, nur das unsere Generation das Thema Weltraumfahrt fallengelassen hat.
Was begeistert Sie mehr: Science oder für Fiction?
Gibt es da überhaupt einen Unterschied (lacht)? Es kommt darauf an, wie es mir präsentiert wird. Wenn ich ein rein wissenschaftliches Buch lese, werde ich wahrscheinlich einschlafen. Ich bin aber auch nicht so sehr für fiktionale Geschichten zu haben, es sei denn es ist Science- Fiction! Übrigens: Eines meiner Hobbys ist es, mich mit alternativer Historie zu beschäftigen. Da nimmt man sich ein Ereignis aus der Vergangenheit, um es zu verändern und sich anzusehen, welche Folgen sich daraus wohl entwickelt hätten.
In «Astronaut» werden Sie in ein Altersheim gesteckt. Wäre das für Sie tatsächlich einmal vorstellbar?
O je! Ja, ich kann es mir vorstellen, solange man mich dort nett behandeln würde und man mich nicht mitten in der Nacht aus dem Bett schlagen würde. Aber ich werde es wohl nicht brauchen, denn ich bin mit der großartigsten Frau der Welt verheiratet, die sich immer um mich kümmern würde.
Hat es Sie nicht gestört, im Film einen sehr viel klapprigen alten Mann zu spielen als Sie in Wirklichkeit sind?
Nein, denn das gehört zur Schauspielerei. In diesem Beruf musst du das Innere eines jeden Menschen in dich entdecken. Als ich in «W. Ein missverstandenes Leben» Dick Cheney verkörperte, wurde ich gefragt, wie ich mir das antun kann. Ich antwortete nur, dass in jedem von uns ein Stück Dick Cheney steckt. Man muss es nur finden und herausbringen. Ich habe noch nie eine Person nach Gut und Böse unterschieden. Manche sind nur komplizierter als andere, und das muss ich als Schauspieler rüberbringen.
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19.10.2020 11:16 Uhr 1