Mehr Höhen als Tiefen
Zwar wurde Mario Adorf in Zürich geboren, seine Kindheit verbringt er aber in der Eifel, wo seine alleinerziehende Mutter Alice ursprünglich herkam. Sein Vater war ein verheirateter Chirurg aus Italien, den Adorf erst viele Jahre später traf. Eine Enttäuschung für den jungen Mario, der unter ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen ist. Ein Grund mehr, das Leben in die eigene Hand zu nehmen. Er ist auf der Suche, studiert unter anderem Philosophie, Psychologie, Musik und Theater und kehrt in seine Geburtsstadt zurück, um sich am Schauspielhaus Zürich nach oben zu arbeiten.
Schließlich ließ sich der wissbegierige Allrounder in München zum Schauspieler ausbilden, fällt auf der Theaterbühne auf, kriegt erste kleine Filmrollen, bis ihn Robert Siodmak 1957 als Hauptdarsteller entdeckt. In «Nachts wenn der Teufel kam» spielt Adorf den vermeintlichen Massenmörder Bruno Lüdke spielt. Viele Morde wurden ihm in der Nazi-Zeit in die Schuhe geschoben, was erst Jahrzehnte später herauskam. Auch darauf geht Mario Adorf In dieser Doku ehrlicherweise ein und distanziert sich ein wenig für die Rolle, die ihm den Durchbruch brachte, aber auch die Festlegung auf Schurkenrollen in den kommenden Jahren. Dass er in der Karl-May-Verfilmung «Winnetou I» als Gegenspieler die Schwester des Indianerhäuptlings erschossen hat, wurde ihm von Fans lange nicht verziehen.
Mario Adorf ging seinen Weg dennoch weiter, arbeitete in Hollywood unter der Regie von Sam Peckinpah («Sierra Charriba») und baut sich in Italien eine zweite Karriere in diversen Western- und Gangsterfilme auf. Mit Aufkommen des Neuen Deutschen Films ist für viele Schauspieler der alten Schule Schluss. Nicht aber für Mario Adorf, der sowohl von Volker Schlöndorff («Die Blechtrommel») als auch von Rainer Werner Fassbinder («Lola») nur zu gern besetzt wird. Im hohen Alter erfüllt sich der Schauspieler 2018 einen Traum und spielt in dem gleichnamigen TV-Film Karl Marx.
- © NFP
Besser geht‘s nicht
Im Anekdotenerzählen ist Mario Adorf nicht zu schlagen. Man hört ihm gern zu, wenn er davon spricht, wie er die eine Rolle bekommen hat, weil er so schön böse gucken kann, und die andere ablehnte, weil sie ihm schlicht zu plump und zu brutal war. Regisseur Dominik Wessely lässt ihn zum Glück viel erzählen, zumal Herrn Adorf auch eine so angenehme Stimme hat. Mit der Kamera wird er begleitet wie er für den Film noch einmal die Stationen seines Lebens. Die Eifel, Zürich, München, Frankreich und immer wieder Italien.
Seine Kollegin Senta Berger wird zu seiner Gesprächspartnerin, um mit gemeinsam in Erinnerungen zu schwelgen als beide etwa zur gleichen Zeit einen Fuß nach Hollywood setzten. Die Berger fuhr hier einige Erfolge ein, Mario Adorf indes verabschiedete sich schnell wieder, um bloß nicht auf den griesgrämig grinsenden Mexikaner festgelegt zu werden. Die Regisseurin Margarethe von Trotta erinnert sich ebenfalls wie Adorf in den Siebzigern von einer neuen Generation deutscher Filmemacher wiederentdeckt wurde.
Auch der private Mario Adorf kommt in der Dokumentation immer wieder zum Vorschein. Ein Mann, der sich stets selbst reflektiert und ein verschmitztes Lächeln übrighat. Man spürt seine Zufriedenheit mit dem, was er geschaffen hat, und dabei aber auch immer eine gewisse Ehrfurcht, dass er so viel Glück im Leben hatte. Heute lebt er mit seiner zweiten Frau Monique abwechselnd in Frankreich und Deutschland. Er strahlt Lebensfreude aus, wirkt unglaublich fit und will weiterhin im Filmbusiness aktiv bleiben. Adorfs positives Lebensgefühl überträgt sich auch auf die Zuschauer – das ist die Stärke dieser Dokumentation, weil es die Stärke dieser Filmlegende ist.
Fazit: Respektvolles Porträt einer Schauspiellegende, die uns vor allem menschlich nähergebracht wird, ohne seine beruflichen Erfolge außer Acht zu lassen
Es hätte schlimmer kommen können - Mario Adorfist auf DVD erhältlich und kann käuflich gestreamt werden.
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