Stab
PRODUZENTEN: Leigh McGrath, Tracey Robertson, Nathan MayfieldKAMERA: John Stokes, Simon Chapman, Robert Humphreys, Mark Wareham
IDEE und DREHBÜCHER: Stephen M. Irwin, Leigh McGrath
MUSIK: Matteo Zingales
DARSTELLER: Ioan Gruffudd, Mirrah Foulkes, Jolene Anderson, Remy Hii, Ana Lise Philips, Darren Gilshenan, Damien Garvey, Uli Latukefu
Australien 2018
Allein muss der angefragte Hauptdarsteller auch wollen.

Der Fall der eingefrorenen Leiche

Während sich Fern auf die Reise vorbereitet und Harrow tatsächlich seine Kündigung einreicht, lernt er den Vater einer jungen Frau kennen, die vor fast einem Jahr bei einem Unfall ums Leben gekommen ist. Da sich ihr Vater geweigert hat, die Papiere zu unterschreiben, mmit denen die junge Frau zur Beerdigung hätte freigegeben werden können, liegt ihr Körper seit einem Jahr eingefroren in der Leichenhalle. In wenigen Tagen ist sie exakt ein Jahr tot und damit darf die Polizeibehörde ihren Körper auch ohne Einwilligung des Vaters zur Beerdigung freigeben. Was bedeutet: Sie wird verbrannt. Ihr Vater jedoch ist sich sicher, dass seine Tochter keinen Unfall gehabt hat. Ihr Freund, ein reicher Makler, hat sie umgebracht. Harrow schaut sich den Autopsieberichte an um festzustellen, dass es an diesem auf den ersten Blick nichts auszusetzen gibt. Auch die Leichenschau ergibt in dem Sinne keine Erkenntnisse, die dem Bericht widersprächen. Nur eine Kleinigkeit ist dann eben doch zu bemängeln: Die Feststellung, dass die junge Frau an einem Unfall gestorben ist. Die Wunde, die zum Tod führte, kann durch einen Unfall verursacht worden sein. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr, sehr hoch. Aber sie beträgt keine 100 Prozent. Da trifft es sich gut, dass der Vater das Apartment, in dem seine Tochter starb, seit ihrem Tod nicht mehr betreten hat. Harrow entschließt sich, das Apartment einmal genauer in Augenschein zu nehmen.
- © ABC
«Harrow» ist eine australische Mystery-Krimi-Dramaserie mit Ioan Gruffudd in der titelgebenden Hauptrolle des forensischen Pathologen Dr. Daniel Harrow.
Wohin die Reise geht
Die Richtung der Kriminalfälle wird in dieser ersten Episode bereits vorgegeben und sie unterscheidet sich von anderen Serien, in deren Mittelpunkt ein Gerichtsmediziner steht, nicht. Harrows Jagdrevier ist eben nicht nur sein gerichtsmedizinisches Labor. Harrow zieht es hinaus in die Welt (oder ins Umland von Queensland), um selbst nach Spuren Ausschau zu halten, die der Polizei möglicherweise entgangen sind. Mit seinem angeborenen Talent, Menschen wütend zu machen, greift er gerne in die Ermittlungen der eigentlich zuständigen Beamten ein. Dabei wird er von seiner Chefin und Leiterin der Forensik, Maxine Pavich, gedeckt. Parallelen zur Ur-Mutter, oder besser gesagt, dem Ur-Vater aller Krimiserien, in deren Mittelpunkt Gerichtsmediziner stehen, «Quincy», sie sind nicht zu übersehen:
• Maxine Pavich ist niemand anderes als die australische Version des Dr. Robert Asten, der 148 Episoden lang als Vorgesetzter von Dr. Quincy dessen Solo-Trips tadeln musste – ihn aber gleichzeitig an der langen Leine laufen ließ, da er um seine Beobachtungsgabe wusste.
• Dr. Quincy, der zwischen 1976 und 1983 ebenfalls auf einem Boot lebte, eckte zwar oft und gerne bei Kollegen an, eine Ausnahme aber gab es: Sein Assistent Sam Fujiyama. Dem entspricht in «Harrow» Simon van Reyk, der trotz seines Namens ein Mitglied der ostasiatischen Gemeinde von Queensland ist und als junger Pathologe von Daniel Harrow nicht nur protegiert wird. Im Grunde ist er der einzige Kollege, dem Harrow stets auf Augenhöhe gegenübertritt.
• Quincy wurde stets nur mit seinem Nachnamen angeredet. Harrow wird nur von seiner Ex-Frau Daniel genannt.

Man sollte nun meinen, dass solch ein Fall für einen Mann wie Daniel Harrow eine besondere Herausforderung darstellen würde, dem aber ist nicht so. Der Grund wird den Zuschauern nicht vorenthalten und in einem Rückblick offenbart: Er ist der Mann, der die Leiche hier versenkt hat. Die Frage lautet demnach: Ist er auch der Mörder und wenn ja, warum hat er dies getan?
Ioan Gruffudds Spiellaune ist bemerkenswert. Britische Schauspieler überraschen sehr oft durch eine irritierende Wandlungsfähigkeit. Die britische Bühne ist nicht nur das große Shakespeare-Drama, das britische Theater verfügt auch über eine lange komödiantische Tradition. Kaum eine Form des Schauspiels, heißt es auf den britischen Bühnen, sei schwieriger als die Darstellung der Leichtigkeit. Leichtigkeit entsteht durch Tempo, Bewegung, Wortwitz. Im Grunde verkörpert Ioan Gruffudd die Tugenden der britischen Bühnenleichtigkeit. Sein Spiel ist von Tempo bestimmt, Monologe zischt er mit einer Schärfe aus, dass der Shakespeare der Phase der widerspenstigen Zähmung entzückt wäre. Glück hat die Serie darüber hinaus in Person der australischen Schauspielerin Mirrah Foulkes, die in ihrer Heimat vorwiegend in TV-Produktionen aufgetreten ist, bislang aber, abgesehen von der Mitwirkung in einer Mediziner-Soap, vorwiegend für Nebenrollen gebucht wurde. Sie ist Sergeant Soroya Dass, eine neue Polizistin vor Ort. Indem Hallows Charakter von Anfang an den handelnden Figuren bekannt ist, braucht es die Neue. Die, durch deren Augen das Publikum Hallow erlebt. Nicht nur diese Rolle erfüllt sie mit Bravour, ihr Charakter selbst ist durchaus humorvoll angelegt, so dass sie die Möglichkeit hat, gegen den alles überstrahlenden Waliser in der Titelrolle tatsächlich anzuspielen. Daraus entwickelt sich ein ganz klein wenig ein Screwball-Gefühl, wie es eine Serie wie «Castle» in der Welt des Kriminaldramas etabliert hat. Dass die beiden schließlich auch Sympathie füreinander empfinden, wirkt dementsprechend nie behauptet, sondern nur logisch.
Dem Lob folgt die Kritik

«Harrow» ist am Ende daher leider ein zweischneidiges Vergnügen. «Harrow» ist klasse gespielt, sieht gut aus, überzeugt in seinen eher lockeren Momenten als eine leicht konsumierbare Krimiserie, die aber immer wieder dann schwer im Magen liegt, wenn der familiäre Konflikt in den Mittelpunkt des Geschehens tritt.
Im Rahmen dieser Kritik wurde nur die erste Staffel gesichtet. Die zweite Staffel wird in der australischen Kritik gemeinhin als düsterer beschrieben, was, Spoiler, nach dem Ende der ersten Staffel durchaus Sinn ergäbe. Nicht vergessen: Daniel Hallow lässt gleich zu Beginn der Serie eine Leiche verschwinden. Dass diese Geschichte nicht unbedingt fröhlich endet, dürfte kaum eine Überraschung darstellen.
Interessant im Rahmen der internationalen Vermarktung ist im Fall von «Harrow» die Tatsache, dass sie in Deutschland keine Exklusivvermarktung bei einem Streamingdienst erfährt. Die erste Staffel steht Abonnenten von Amazon Prime, Joyn+, TVnow und Sky Ticket / Sky Go frei zur Verfügung. Staffel 2 steht zum Kauf (Einzelepisoden oder die ganze Staffel) bei iTunes, Google Play (nur englischer Ton), Videoload, Amazon und maxdome bereit. Eine dritte Staffel befindet sich in der Produktion, die Dreharbeiten mussten allerdings aufgrund der Corona-Pandemie und den strikten Lockdown-Regeln in Australien unterbrochen werden.
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