Stab
HEAD-AUTOREN: Daniel di Grado, Sylvain RunbergREGIE: David Berron
PRODUZENT: Haddis Jabbari
MUSIK: Anders Niska, Klas Wahl
KAMERA: Matti Eerikäinen
SCHNITT: Tussilago, Inka Kahti, Otto Ikäheimonen, Harry Ylönen
DARSTELLER: Julius Fleischanderl, Astrif Morberg, Beata Borelius, Maja Johanna Englander, Johan Hedenberg, Deniece Ignacio Nyman
Schweden / Finnland 2020
Mit dem Selbstmord seiner Mutter ist seine Familie zerbrochen. Sein Vater, ein Lehrer an seiner Schule, spricht nur wenig über den Tod seiner Frau. Niklas' ältere Schwester Lisa ist derweil nach dem Tod der Mutter abgehauen. Sie hielt das Schweigen des Vaters nicht mehr aus. Ausgerechnet am Tag von Sebastians Tod kehrt Lisa heim. Sie sei auf der Suche nach Antworten, erklärt sie Nikas. Wirklich erfreut ist Niklas über ihre Heimkehr nicht. Als er sie gebraucht hätte, ist sie einfach verschwunden. Und nun kehrt sie nicht nur heim, sondern zeichnet auch noch ständig seltsame Bilder, die ihr helfen sollen, sich an das Geschehen zu erinnern. Ihre Mutter hat sich in einem Weiher das Leben genommen. Niklas und Lisa versuchten sie noch aus dem Wasser zu ziehen. Erfolglos.
Warum können sie sich nur an mehr nicht erinnern?
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Da ist erst einmal der Spielort, der alle handelnden Charaktere zusammenführt: Die Schule. «Cryptid» bewegt sich bei der Inszenierung dieses zentralen Spielortes entlang der Pfade des amerikanischen Teen-Slashers. Da gibt es die wichtigen Mädchen, da gibt es die Außenseiterinnen, da ist einer wie Sebastian (ein Sportler, beliebt, gut aussehend), … die Serie kopiert Muster bekannter Vorbilder. Der Unterschied zu diesen Vorbildern besteht in erster Linie darin, dass von Anfang an klar ist, dass kein Maske tragender Wahnsinniger durch das Schulgebäude streift und «Scream»-mäßig seinem blutigen Handwerk nachgeht. Hier wütet etwas anderes. Aber was?
Das ist eine Frage, die die erwachsenen Einwohner der namenlosen, durchaus wohlhabenden Stadt im Norden Schwedens offenbar nur am Rande interessiert. Ja, der Tod des Jungen ist tragisch. Aber manchmal geschehen solche Dinge halt...
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Da sind also vier Menschen im Umfeld eines Sees verschwunden und es könnte sich bei ihrem Verschwinden um ein wirklich grausames Verbrechen gehandelt haben. Wo also geht man dann hin, um als Jugendlicher mal jenseits des Wahrnehmungshorizontes der Erwachsenen ordentlich abfeiern zu können – mit Alkohol und vielleicht auch ein bisschen vorehelichem Geschlechtsverkehr? Genau: Man geht an den kleinen See. Ganz so, als hätte man nie einen Film der «Freitag, der 13.»-Reihe oder einen seiner Epigonen gesehen. Plausibel ist dieses Verhalten nicht, es wirkt eher befremdlich.
Die Serie verliert sich hier im besten Fall im Zitaten-Kino, im schlechtesten Fall in Klischees, die im Grunde bereits 1996 von Wes Craven in seinem Spannungsmeisterstück «Scream» ironisch gebrochen und damit im Grunde zu Grabe getragen worden sind.
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Da Monster und Geistererscheinungen aber alleine immer noch keinen richtigen Mix ergeben wollen, wird es auch noch nordisch-mystisch; als Sahnehäubchen wird schließlich noch eine Verschwörung auf die Geschichte gesprüht: man muss ja irgendwie erklären, warum explodierende Jugendliche offenbar keine Wellen des Erstaunens lostreten und als lokales Phänomen schon jenseits der Stadtgrenzen offenbar niemanden mehr interessieren.
«Cryptid» wirkt wie ein Cocktail, in den man alles an Flüssigkeiten geschüttet hat, was in der Kellerbar gefunden wurde. Gin, Tonic Water, Jägermeister, Paderborner Bier, Bergmannsschnaps, Amaretto aus dem Italienurlaub 1993. In jedem Genre, in dem sich die Inszenierung bewegt, kreiert die Kamera durchaus schöne, schaurige oder irritierende Bilder. Zu einem Gesamtbild zusammengefügt aber bleibt «Cryptid» nur der Versuch eines Genremixes. Ein wohl dosiertes Mischverhältnis kann die Serie weder auf narrativer noch auf visueller Ebene finden.
Die Serie ist seit 12. November 2020 im Stream bei Joyn+ und Amazon verfügbar. Außerdem ist sie bei ZDFneo zu sehen.
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