Nach dem Erfolg der drei «Fack ju Göhte»-Komödien hätte man von Elyas M’Barek (36) nicht erwartet, dass er sich eine Robe überstreift, um einen souveränen Strafverteidiger zu verkörpern. Aber genau so erlebt man ihn in der Ferdinand von Schirach-Verfilmung «Der Fall Collini» (u.a. bei Amazon, Sky, iTunes, freenet) - und das auch noch sehr überzeugend. Der gebürtige Münchner hat schon öfters bewiesen, dass er nicht nur für Komödien gemacht ist. Das Genre liegt ihm natürlich, was seine Fans aber nicht davon abhalten sollte, sich auch einen Thriller wie «Der Fall Collini» anzusehen, in dem es um ein sehr ernstes Thema geht.
Ihre größten Erfolge hatten Sie bisher mit Komödien. Einen Rechtsanwalt zu spielen entspricht daher nicht dem Bild, dass man für Sie in der Öffentlichkeit hat...
Das ist deshalb nur das bekannteste Bild von mir, weil die «Fack ju Göhte»-Filme so erfolgreich waren. Aber ich habe auch schon vorher ganz viele andere Rollen gespielt und Filme mit unterschiedlichen Themen gedreht. Das Spannende an diesem Beruf ist ja gerade, dass man sich immer wieder ausprobieren kann und neue Facetten von sich zeigen darf.
Wie attraktiv finden Sie den Beruf des Anwalts?
Das wäre durchaus auch ein Beruf für mich gewesen. Dazu muss man studieren und viel lernen – ja, das hätte mich schon interessieren können. Aber ich bin nun mal Schauspieler geworden, und in meinem Fall geht es eher darum, das glaubhaft darzustellen und zu behaupten, dass man das alles könnte. Ich habe aber für den Film keine Gesetzestexte verschlungen. Natürlich besuchte ich den einen oder anderen Gerichtsprozess und habe mich mit Strafverteidigern ausgetauscht. Aber «Der Fall Collini» ist jetzt kein Gerichtsdrama, sondern für mich ein emotionaler Thriller, der unter anderem auch im Gericht spielt.
Was waren das für Prozesse, die Sie als Zuschauer aufgesucht hatten?
Hier in Berlin-Moabit habe ich mir mal einen Mordprozess angeguckt. Aber letztlich ist das gar nicht so beeindruckend wie man denkt. Man merkt, dass im Gerichtssaal viel Routine herrscht. Es war fast ein bisschen fade und gar nicht so wie man es aus Filmen kennt, wo sich der Staatsanwalt mit dem Verteidiger Schlagabtausche liefert.
«Der Fall Collini» basiert auf den gleichnamigen Roman von Ferdinand von Schirach. Haben Sie es vorher gelesen?
Ich bin sogar ein großer Fan von ihm. Als wir uns getroffen haben, wollte ich auch alles darüber von ihm wissen. Ich mag die Klarheit in seiner Sprache und wie er Spannung aufbaut. Jede seiner Geschichten hat eine Wahrheit mit einer Botschaft in sich. Manchmal muss man seine Bücher auch zweimal lesen und erkennt etwas Neues darin. Ich habe bisher jedes seiner Bücher verschlungen.
Es geht in «Der Fall Collini» um das sogenannte Dreher-Gesetz von 1968, wodurch die Amnestie von NS-Verbrechen möglich wurden. Aus Mördern wurden Totschläger, deren Taten damit nach 20 Jahren verjährt waren...
Das Schlimme dabei ist, dass kaum jemand davon weiß. Es sei denn, man hat den Roman gelesen und schaut sich jetzt unseren Film an. Ich selbst fand es schockierend zu erfahren, was dieses Gesetz bedeutet hat. Das war ein irrer Justizskandal, umso wichtiger ist es, dass der Film das nochmals aufzeigt.
Wie wichtig finden Sie es, dass wir Deutschen uns immer wieder diesem dunklen Kapitel unserer Geschichte stellen?
Man muss immer wieder daran erinnern, was passieren kann, wenn die falschen Leute an die Macht kommen. Oft findet dann ein Gesellschaftswandel statt, der solche Verbrechen erst möglich macht. Menschen werden zu Mitläufern oder sie schweigen und trauen sich nicht, dagegen anzugehen. Es ist also wichtig, dass sich auch nachfolgende Generationen immer wieder damit beschäftigen.
Haben Sie das Gefühl, dass wir heute in einem Rechtsstaat leben?
Absolut, und ich bin auch sehr froh darüber. Wenn man das mit anderen Ländern sogar in Europa vergleicht, wie dort Rechtssysteme funktionieren, muss man dankbar sein. Bei uns kann man sich irgendwie darauf verlassen. Ob es immer gerecht ist, sei dahingestellt. Aber man muss hierzulande keine Angst vor Willkür haben.
Im Film geht es auch um Rache. Wie gehen Sie mit Rachegedanken um?
Ziemlich gut, denn ich bin gar nicht so rachsüchtig. Im Gegenteil, ich bin eher sehr nachgiebig und verzeihend. Dieses Prinzip Auge um Auge, Zahn um Zahn ist nichts, was ich nachvollziehen kann. Das führt meiner Meinung nach zu einer Spirale von noch mehr Gewalt und Leid.
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