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Zurück zur «Tagesschau» und dem Ersten: Die durchschnittliche Reichweite steigerte sich im Vergleich zu 2019 um 1,98 Millionen Zuschauer ab drei Jahren. Der Gesamtmarktanteil lag somit bei 39,9 Prozent, betrachtet man alle gleichzeitig laufenden Ausgaben. 2019 betrug dieser Wert noch 35,5 Punkte. Doch Das Erste konnte nicht nur auf dem Nachrichtensektor ordentlich punkten. Auch die «Tatort»-Reihe war erneut höchst erfolgreich. Im von der AGF vorgelegten Ranking liegen „Es lebe der König!“ vom 13. Dezember und „Limbus“ vom 8. November auf den vordersten beiden Plätzen mit 13,80 beziehungsweise 13,15 Millionen Sehern. Sogar mehr als besagten Finale zwischen Paris und München, das dem ZDF 12,81 Millionen Fußballfans bescherte. Das Event-Fernsehen ist definitiv noch nicht tot.
Das zeigt sich auch beim Privatsender RTL, der im zurückliegenden Jahr stark auf Nachrichtenprogrammierungen und Sondersendungen zu Beginn der Primetime setzte. Nicht immer ging es dabei um die Corona-Krise. Am 10. August etwa drehte sich das «News Spezial» um die Hitzewelle in Deutschland und lockte mit diesem Sommerloch-Thema immerhin 2,18 Millionen Menschen vor den Fernseher, was in einem soliden Zielgruppenanteil von 12,3 Prozent mündete. Konstant gute Werte holte auch «RTL Aktuell» werktags um 18:45 Uhr. In Zeiten des ersten Lockdowns markierte man meist mehr als vier Millionen Interessierte, einmal sogar über fünf Millionen. Gleiches gilt für den Zeitraum Ende Oktober bis Mitte November, als erneut die Corona-Maßnahmen der Regierung verschärft wurden.
Gesteigerte Sehdauer durch Corona
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Der gestoppte Negativtrend ist auch in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen zu sehen. Dort kam man auf eine durchschnittliche Sehdauer von 137 Minuten pro Tag, was in etwa dem Niveau von 2019 entspricht. „Diese Stabilisierung der Sehdauer ist bemerkenswert, da insbesondere jüngere Zielgruppen Bewegtbildinhalte zusehends intensiver zeitunabhängig über Streaming-Plattformen konsumieren und klassisch-lineares TV selektiver nutzen“, sagte Kerstin Niederauer-Kopf, Vorsitzende der Geschäftsführung der AGF Videoforschung.
Stichwort zeitunabhängiges Schauen: Auch Streaming hat 2020 deutlich zugelegt: Die Nettoreichweite konnte für Zuschauer gesamt im Vergleich zu 2019 um knapp ein Drittel gesteigert werden. Das Nutzungsvolumen, also die mit gestreamten Inhalten verbrachte Zeit, stieg im Vergleich zu 2019 um 46 Prozent, bei den 14- bis 49-Jährigen sogar um 49,2 Prozent. Die durchschnittliche Sehdauer stieg bei den Gesamtzuschauern um 45,7, in der klassischen Zielgruppe um knapp 52 Prozent. Zu den Gewinnern gehören die Angebote der öffentlich-rechtlichen Sender. Folge 2 und 3 von «Das Geheimnis des Totenwaldes» sicherten sich beim Gesamtpublikum mit 1,28 bzw. 1,26 Millionen Aufrufen die Spitzenpositionen. Danach folgen «Unterleuten – Das zerrissene Dorf» (1,15 Millionen), «Mirage – Gefährliche Lügen» (1,08 Millionen) und «Das Boot» (Folge 4, 1,03 Millionen). Alle drei Sendungen stammen vom ZDF. Bei der Streaming-Hitliste weist die AGF all diejenigen Angebote aus, die aktiv an der Messung durch den AGF-Dienstleister Nielsen teilnehmen. Dies sind in erster Linie die Angebote der TV-Broadcaster. Die Ergebnisse der Streaming-Formate können sich zum Teil noch verändern, da noch die anfallende Nutzung von 60 Tagen nach Erstausstrahlung berücksichtigt wird.
Neue Sendungen bei den Privaten: Nicht jede Sendung kann ein «The Masked Singer» sein
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Doch nicht nur neue Sendungen taten sich 2020 schwer, auch Alteingesessenes hatte nicht immer viel zu lachen, wenn am nächsten Morgen die Quotenberichte vorlagen. «Das Supertalent» mühte sich im Finale zu für RTL-Verhältnisse unterdurchschnittlichen 11,2 Prozent in der Zielgruppe – Staffeltiefstwert und das im Finale. Besser erging es da «Deutschland sucht den Superstar», das sich in den vergangenen Monaten nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert hat. Erst machte Juror Xavier Naidoo negativ auf sich aufmerksam und in der aktuell laufenden Staffel gab es erneut einen Skandal um Michael Wendler, der aus der Produktion herausgeschnitten wurde. Für RTL gab es zum Trost viel Aufmerksamkeit und noch gute Quoten. Die «DSDS»-Staffel 2020 ging am 4. April vor 4,24 Millionen Zuschauern zu Ende. Sehr gute 16,9 Prozent wurden registriert. Die Corona-Pandemie veränderte allerdings die Produktionsabläufe im vergangenen Jahr, sodass nur noch zwei Liveshows der Sendung in dieser Staffel zu sehen sein werden. Es bleibt also abzuwarten, ob die Sendung konstant Erfolge einfährt. Die Störungen der Produktionsabläufen waren 2020 in kaum einer Sendung besser nachzuvollziehen als bei «Let's Dance», das zunächst weniger Publikum im Saal hatte, dann gar keines mehr. Auch Showeinlagen zum Nachtanzen für die Zuschauer fanden ihren Weg ins Programm. Der Aufwand wurde belohnt und 1,82 Millionen 14- bis 49-Jährige sahen sich im Schnitt die Tanzsendung an. Daraus resultieren im Finale 23,8 Prozent Zielgruppenanteil. Die Auftaktfolge generierte sogar 26,5 Prozent.
Apropos Skandale: «Promis unter Palmen» war für Sat.1 ein Lichtblick im Frühjahr. Allerdings waren die Quoten durchaus wechselhaft und stark von den in der Boulevardpresse diskutierten Aufregern abhängig. Die erfolgreichste Folge holte bei den Umworbenen tolle 20,8 Prozent, das Finale dagegen nur noch 14,6 Prozent. RTL wird das Programm genauestens verfolgt haben, denn in diesem Jahr wird es kein echtes «Dschungelcamp» geben, sondern lediglich eine «Dschungelshow». Die Gründe sind bekannt. Das Feld wurde weniger mit Stars als mit Kandidaten besetzt, Drama ist Trumpf. Für sensationellen Werte aus 2020 wird es aber wohl trotzdem nicht reichen. In der Spitze holte «Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!» 44,0 Prozent Zielgruppenanteil. Mehr als drei Millionen Werberelevante verfolgten den Kölner Sender nach 22 Uhr.
Es bleibt also festzuhalten: Es gibt sie noch, die alten und großen Schlachtschiffe des Fernsehens. Auch im vor uns liegenden Jahr 2021. Und die ersten Tage zeigten, dass die Nachrichtenflut, geschweige denn, das Nachrichteninteresse abebben. Sei es die prekäre Corona-Situation oder andere Brandherde wie beispielsweise der Sturm auf das Capitol in Washington. Den Privatsendern zeigte das vergangene Jahr auch, dass Reality-TV deutlich im Aufwind ist, wesentlich stärker als US-Serien, die ohnehin meist online abgerufen werden können und ohne Werbung verfügbar sind. Vor allem ProSieben muss sich strecken, um nicht den Anschluss zu verlieren. Der Wille mit diversen Shows war da, doch reicht das auch? Allein Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf dürften die roten Sieben nicht alleine retten können, auch wenn das Duo mit «Joko und Klaas gegen ProSieben» und diversen anderen Formaten weiterhin großen Erfolg bringen. Doch irgendwann hat sich der Zuschauer auch an diesen beiden satt gesehen.
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