Stab
Darsteller: Aylin Tezel, Sebastian Zimmler, Özgür Karadeniz, Sascha Nathan, Karl Schaper, André JungDrehbuch: Marc O. Seng, Andreas Linke
Regie: Andreas Senn
Produktion: Network Movie im Auftrag von ZDFneo
Produzenten: Susanne Flor, Wolfgang Cimera
Freudvoll ist hier aber ab der ersten Minute nichts mehr – und die Hauptfigur betritt stattdessen die Bühne wie ein Monster, das aus dem Wald kommt und blutverschmiert vor den Glasfassaden eines Wohnhauses steht, in dem gerade ein Kindergeburtstag gefeiert wird. Als sie vom Notarztteam in die Klinik abtransportiert wird, weiß Alexandra Enders (Aylin Tezel) nicht mehr, wo sie die letzten Tage verbracht hatte – oder wer in der Zeit ihrer Amnesie ihr Kind entbunden hat. Von diesem fehlt nämlich jede Spur.
Gut, dass Alex von Beruf Polizistin ist: So sitzt sie nämlich an der Quelle, anstatt quälend zuhause hocken zu müssen – und kann mit ihrer Dienstwaffe und willigen Kollegen direkt selbst Hand anlegen. Je länger sie ermittelt, desto besessener wird sie, ihr Blick immer irrer, ihre Sprache immer schneller und abgehackter, ihre Pläne immer ausufernder, seltsamer und kompromissloser. Bis sich die Belegschaft der Duisberger Polizei und die Zuschauer gleichermaßen fragen, ob es nicht auch anders gewesen sein könnte, ob nicht Alexandras Kopf ihr die ganze Zeit einen Streich gespielt hat, oder die Verschwörung noch ganz andere Ausmaße annimmt.
Nun ist Deutschland jedoch nicht das Land der beinharten Thriller – wer sich den Abgründen von Gewalt, Angst und Ausweglosigkeit in ernsthafter Weise nähern will, ist seit jeher bei amerikanischen oder skandinavischen Serien besser aufgehoben (löbliche Ausnahmen einmal ausgenommen). Dennoch hat sich ZDFneo das richtige Personal vor und hinter der Kamera eingekauft, um ein solches Format auch in dieser Ernsthaftigkeit umzusetzen: Co-Erfinder und –Autor Marc O. Seng hat als eine der treibenden Kräfte hinter der Netflix-Serie «Dark» eine der ersten deutschen Hochglanzserien auf den Weg gebracht, und auch Aylin Tezel hat bereits in vielen Rollen bewiesen, dass sie eine solche Herausforderung mit Bravour wuppen könnte.
Trotzdem bleibt «Unbroken» jedoch zu oft im Altbekannten verhaftet und hakt viele der Klischees ab, die auch in weniger ambitionierten Stoffen dieses Kalibers zum Tragen kommen: Die ersten Spuren führen ins Prostitutions- und Leihmutterschaftsmilieu, wo bettelarme Sinti-Frauen aus Osteuropa ausgebeutet und ausgeschlachtet werden, ein paar Polizisten entpuppen sich als korrupt, es gibt alkoholkranke Ärzte, hinduistische Yoga-Schwule, demente Väter, die ihre Tochter nicht mehr erkennen, und bei den Männern eine klare Rollenverteilung: Alex Enders‘ aktueller Partner (und der Vater ihres verschwundenen Kindes) ist ein ganz Lieber mit Bock auf Einfamilienhaus und familiäre Eintracht; ihr Ex dagegen ein verschwiegener Kickboxer mit finsterem Blick und vielleicht ziemlich fragwürdigen Motiven. Und während sie den ersten wirklich liebt, sucht sie in der Krise natürlich den Verflossenen auf, aus ebenso fragwürdigen Gründen. Allzu viel platter haben das viele andere deutsche Serienfließbandkrimis leider auch nicht erzählt – nur dass das hässliche Deutschland ob der ausgebliebenen Farbkorrektur hier authentischer wirkt.
ZDFneo zeigt sechs Folgen von «Unbroken» am Dienstag, den 23. Februar, und Mittwoch, den 24. Februar jeweils als Dreifachfolgen ab 21.45 Uhr.
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