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Mit «Songbird» ist nun aber der erste Hollywoodfilm entstanden, der nach vorn prescht und die aktuelle Covid-Lage dazu nutzt, eine viel düstere Zukunftsvision zu prognostizieren als wir es gerade weltweit erleben. Schon als Ende Oktober der erste Trailer im Netz herauskam, hagelte es Kritik, fielen Worte wie ‚pietätlos‘, ‚zynisch‘ und ‚ekelhaft‘. Das alles noch vor dem zweiten Lockdown, der uns nach vier Monaten weiterhin fest in Griff hat. Da kann es einem wirklich erst mal wirklich eiskalt den Rücken herunterlaufen, jetzt einen Film zu sehen, der so nah an der Wirklichkeit sein will. Bei genauer Betrachtung erlaubt sich «Songbird» (ab sofort bei Amazon Prime) dann doch nur die üblichen Übertreibungen eines Films, der mit unseren Ängsten spielen will.
Nichts mehr zu retten?
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Einer von ihnen ist Nico (K.J. Apa), der seine Freiheit nutzt, um als Fahrradkurier sein Geld zu verdienen. Seine Freundin Sara (Sofia Carson) lebt mit ihrer Großmutter in einem Apartment. Aber sie können sich weder in die Augen schauen, noch sich berühren. Die Kommunikation läuft über Monitore ab, die Übergabe von Gegenständen durch eine UV-Lichtschleuse, um mögliche Krankheitserreger abzutöten. Doch die Oma erkrankt, und jeder weiß, was das bedeutet. Alle Personen eines Haushalts werden in den nächsten Stunden in Quarantäne-Camps abgeführt, aus denen es kein Entrinnen mehr gibt. Nico will das verhindern und findet heraus, wo man illegal ein gelbes Armband bekommt. Das dubiose Ehepaar Piper (Demi Moore) und William Griffin (Bradley Whitford) führen einen kriminellen Handel damit, in dem auch ein psychopathischer Gesundheitsinspektor (Peter Stomare) involviert ist.
Die Zutaten eines Zukunftsthrillers
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Dass da kaum Zeit für ein clever ausgearbeitetes Drehbuch war, versteht sich von selbst, weshalb die Story erst am Schluss so wirklich in Gang kommt. Große Actionmomente gibt es natürlich auch nicht, dafür aber sehr viel Dialoge, die eigentlich helfen könnten, die Charaktere dem Publikum näherzubringen. Das gelingt eher nicht, weil man es entweder mit Abziehbildern zu tun bekommt wie im Fall Peter Stomare («Fargo»), der als schmieriger Schurke mächtig übertreiben darf, oder weil die Darsteller insbesondere die Newcomer K.J. Apa («Riverdale») und Sofia Carson («Descendants») blass bleiben. Nur Paul Walter Hauser («Der Fall Richard Jewell») als Überwachungsspezialist und Demi Moore («Ein unmoralisches Angebot») als zwielichtige Betrügerin haben einige gute Auftritte, bleiben aber untergeordnete Charaktere.
Den Abstand wahren
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Womöglich ist es aber genau das, was ihn gereizt haben könnte. Denn das schnelle Geld kann es bei Bays Vermögenverhältnisse nicht wirklich gewesen sein. Natürlich ist zudem die Frage berechtigt, ob die dramatischen Überspitzungen im Film die allerorts wütenden Verschwörungstheorien noch zusätzlich anheizen könnten. Nein, denn dazu ist «Songbird» offenkundig zu reißerisch und einfach nur plump in seiner Inszenierung. Es gilt also auch hier: Abstand wahren! Insofern, dass man sich den Film gar nicht erst ansieht, weil einem das Thema Corona sowieso schon den ganzen Tag um die Ohren gehauen wird, oder dass man ihn sich aus der nötigen Distanz ansieht: Alles nur Show!
Fazit: Gespenstische Bilder, die auf die derzeitige Corona-Situation anspielen, letztendlich aber doch nichts anderes tun als Klischees klassischer Katastrophenfilme zu verbraten, die einen nicht wirklich Angst machen können.
«Songbird» ist bei Amazon verfügbar.
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