Stab
DARSTELLER: Miriam Stein, Hary Prinz, Johannes Nussbaum, Eva Herzig, Brigitte Hobmeier, Christoph Luser, Peter Schneider, Brank Samarovski, Helmut BergerREGIE: Wolfgang Murnberger
BUCH: Wolfgang / Maria Murnberger
KAMERA: Peter van Haller
MUSIK: Roman Kariolou
REDAKTION: Diane Wurzschmitt, Katja Kirchen, Klaus Lintschinger (ORF)
Österreich / Deutschland 2020
Aber Hödlgruber war zu Lebzeiten ein Unmensch, den man so ziemlich alles zugetraut hat. Auch sein eigener Sohn bricht beim Anblick des Vaters nicht unbedingt in Tränen aus. Sicher, er ist überrascht. Aber wirklich geschockt ist er nicht. Eher wirkt er befreit. Auch, weil es nun wegen seiner Beziehung zu – Lotte! - keinen Ärger mehr mit dem Alten geben wird. Aber hat der jetzt Selbstmord begangen oder ist er Opfer eines Verbrechens geworden? Für den Laien sieht der Fall nach Selbstmord aus, aber was, wenn es keiner gewesen ist? Der Leiter der kleinen Polizeidienststelle vor Ort ist überfordert und bittet seinen Kollegen Sascha Bergmann aus Graz um Hilfe. Der sieht die Chance gekommen, das Dienstliche mit dem Angenehmen zu verbindet und bittet seine Kollegin Eva Merz von der Spurensicherung, für die er mehr als nur kollegiale Gefühle empfindet, ihn zu begleiten. Vor Ort gibt es ein hübsches Hotel mit Massage- und anderen Spa-Angeboten – und das Schöne ist: Der Staat muss ihren Aufenthalt bezahlen. Leider vermasselt Eva Sascha den kleinen Ausflug, indem sie auf Indizien hinweist, die definitiv auf einen Mord schließen lassen. Der Mann kann sich nicht selbst umgebracht haben. Vielmehr hat jemand – offenbar in Eile – versucht, den Mord zu vertuschen. Bergmann bleibt keine andere Wahl, als seine Partnerin Sandra Mohr in die Provinz zu beordern. Schon allein um nicht den Überblick über die Tatverdächtigen zu verlieren, denn im Grunde hat jeder im Umfeld des Alten einen Grund dafür gehabt, diesen ins Jenseits zu befördern. Dieser Johann Hödlgruber war definitiv ein unangenehmer Mensch. Mal gab es Ärger um Grenzziehungen, die er vom Zaume brach. Sein Bruder behauptet wiederum, er sei von ihm ums Erbe gebracht worden. Und ja, er hasste die Alpakas von nebenan und überhaupt: Dieser Johann Hödlgruber war ein Streitfall auf zwei Beinen. Bis offenbar jemanden der Kragen geplatzt ist.
Der vierte Fall des Ermittlerduos Bergmann/Mohr basiert dieses Mal nicht auf einer Romanvorlage von Claudia Rossbacher. Zwar hat die Autorin seit 2011 elf Bergmann/Mohr-Romane geschrieben, Material gäbe es also genug. Dennoch basiert dieser Spielfilm auf einem Originaldrehbuch von Maria Murnberger, Claudia Rossbacher selbst nennt das Drehbuch ein „Spin off“ zu ihren Erzählungen.
Auf der Positivseite dieses Kriminalfilmes stehen die Charaktere, mit denen die Ermittler konfrontiert werden. Da ist etwa der Bruder des Ermordeten, dessen Schimpftiraden nicht nur manch ein Ohr rot anlaufen lassen. Seine Wut auf den „Erbschleicher“ geht so weit, dass er inzwischen so ziemlich alle Menschen mit Schimpftiraden überzieht und der Regierung in Wien sogar seinen Pass zurückgeschickt hat, weil die in Wien ihn inzwischen auch mal, nun ja, können. Da ist der einfältige Jenser, ein Deutscher, der auf Lottes Hof arbeitet, hoffnungslos in seine Chefin verliebt und fest davon überzeugt ist, dass Hödlgruber eines der Alpakas vergiftet hat. Gibt es einen schöneren Liebesbeweis als einen deftigen Mord? Auch lebt dieser Kriminalfilm davon, dass er ein Ermittlerpaar in den Mittelpunkt stellt, das bei aller Unterschiedlichkeit vertrauensvoll-freundschaftlich miteinander umgeht und sich ergänzt. Auf der einen Seite Bergmann, ein eher besonnen agierender, in die Jahre gekommener Ermittler, auf der anderen Seite die junge, forsche Mohr.
Ebenso, wie der Film von seinen Charakteren lebt, lebt er definitiv nicht von seiner Spannung, denn wirklich spannend ist dieser vierte Fall nicht. Der Bauer ist tot, irgendjemand wird ihn wohl auf dem Gewissen haben. Das war's. Um etwas Dramatik in die Geschichte einzubringen, muss Mohr dann sogar in einen Schusswechsel mit einem Verdächtigen involviert werden, der leider in der Art, wie er stattfindet, dramaturgisch überhaupt nicht funktioniert. Schon, dass der Verdächtige zur Waffe greift, wirkt in diesem Moment übertrieben, jedoch lässt es sich noch mit dem Temperament der Figur erklären. Wenig erklärbar ist das vollkommen konfuse Verhalten der Polizistin Mohr in diesem Moment. Um die Situation zu erklären: Auf der einen Seite steht der Verdächtige vor seinen Haus irgendwo in der Pampa. Auf der anderen Seite, und das im wahrsten Sinne des Wortes, nämlich vor dem Grundstückstor, befinden die Polizisten, die sich in dem Moment, in dem der Verdächtige mit der Waffe herumfuchtelt, in Sicherheit bringen müssen – und dafür tatsächlich genügend Zeit und Platz haben. Ja, der Mann hat eine Waffe. Aber ist jemand unmittelbar in Gefahr? Nicht wirklich. Da sind nämlich nur die Polizisten und der Verdächtige. Sonst niemand. Sagt Bergmann daher auch besonnen, dass er das Spezialeinsatzkommando Cobra rufen wird, während sie einfach in Deckung bleiben? Ja, weil das richtig ist. Verhält sich Mohr jedoch, als müsse sie einen Amokläufer in einem Großstadthauptbahnhof aufhalten? Ja.
Infolge des Schusswechsels wird Mohr verletzt, also muss sie in ein Krankenhaus und nun – wird die Geschichte persönlich. Persönlich im Sinne von – Mohr hat etwas Zeit für ihren Freund und ein bisschen Charakterzeichnung. Charakterzeichnung ist an sich nicht zu bemängeln. Sie sollte jedoch im Rahmen der Kriminalhandlung stattfinden. Statt dessen gönnt sich die Inszenierung eine regelrechte Pause und offenbart bedauerlicherweise, dass es der Geschichte an echter Spannung fehlt, da im Grunde viel geredet wird, aber nicht allzu viel passiert. Und dann büßt die Story nach diesen Geschehnissen leider auch noch ihre makabre Grundstimmung ein. Das morbide Mordstheater mutiert zum konventionellen Donnerstagskrimi mit Lokaltouch.
Das Erste strahlt «Steirerwut» am Donnerstag, den 11. März 2021, um 20.15 Uhr aus.
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