Die Kino-Kritiker

Der Kinohit vor 25 Jahren: «Independence Day»

von

Der kaum ernstgenommene deutsche Regisseur Roland Emmerich musste erst nach Hollywood gehen, um einen beachtlichen Hit zu landen.

Er griff nach den Sternen und erreichte sie auch. Roland Emmerich schaffte 1996 das, was noch keinem deutschen Regisseur in Hollywood gelungen war. Mit seinem Science-Fiction-Epos «Independence Day» brach er Kassenrekorde und wurde plötzlich mit George Lucas («Star Wars») und Steven Spielberg («E.T.») in einem Atemzug genannt. Noch Jahre zuvor wurde der Schwabe aus Sindelfingen mit seinen fantastischen Werken wie «Joey», «Hollywood Monster» und «Moon 44» in seiner Heimat kaum ernstgenommen. Erst als der heute 65-jährige nach Amerika ging, feierte er mit «Universal Soldiers» und «Stargate» erste Erfolge, um dann mit «Independence Day» an die Spitze zu gelangen.

Dabei war die Idee einer Alien-Invasion nun wirklich nicht neu, aber Emmerich griff tief in die Trickkiste, um spektakuläre Vernichtungsorgien zu inszenieren, die sich auch heute noch sehen lassen können – und das mit einem Minimum von computeranimierten Effekten. Aber irgendwie traf sein Science-Fiction-Spektakel, dass bei einem Budget von 70 Mio. Dollar fast das Zwölffache wieder einspielte, den damaligen Nerv der Zeit. Oder war es einfach nur eine clevere Marketingstrategie, den Film zum Unabhängigkeitstag der Amerikaner spielen zu lassen, ihn dann auch noch so zu betiteln und zum 4. Juli 1996 auch noch die die US-Kinos zu bringen? Die Deutschen waren damals einfach nur stolz, dass es ein Landsmann in Hollywood so hoch hinausschießen würde. Mit knapp zehn Millionen Zuschauern war «Independence Day» auch in Deutschland der erfolgreichste Film des Jahres 1996.

Will Smith verprügelt Außerirdische
Zwei Tage vor dem amerikanischen Unabhängigkeitstag verdeckt ein gewaltiges Raumschiff mit einem Durchmesser von 550 Kilometern die Sonnenstrahlen zur Erde. Die Menschheit hält den Atem an. Kommen die Außerirdischen in Frieden oder wollen sie Krieg? US-Präsident Thomas Whitmore (Bill Pullman) hofft auf Verständigung, alarmiert aber auch schon mal das Militär, sich für einen möglichen Angriff bereitzuhalten. Doch dann ist es soweit: Kleine Ufos lösen sich vom Mutterschiff und greifen an.

Auch Air Force-Captain Steven Hiller (Will Smith) wird zum Einsatz gerufen. Mit seinen Manövern kann er tatsächlich einige der Ufos zum Absturz bringen. In seiner Wut zerrt er sogar eines der toten Wesen aus dessen Cockpit und schlägt wie wild auf den Korpus ein. Doch die Aliens sind den Menschen haushoch überlegen. Mit militärischen Maßnahmen lassen sie sich nicht bezwingen. Überall auf der Welt werden Städte in Schutt und Asche gelegt. Da entdeckt der Satellitenforscher David Levinson (Jeff Goldblum), wie die Invasoren miteinander kommunizieren. Er wüsste sogar, wie man ihr System nicht nur lahmlegen könnte, sondern wie man auch mit Hilfe eines Computervirus die Selbstzerstörung des Mutterschiffes einleiten könnte. Er nimmt Kontakt zum Präsidenten auf, und weil Hiller ein Alien-Raumschiff gekapert hat, könnten er und Levinson damit ins Zentrum des Mutterschiffs gelangen, um den Virus zu infiltrieren. Ein gewagtes Unternehmen, denn ihre Tarnung könnte jederzeit auffliegen.

Zwischen Pathos und Patriotismus
Zugegeben, aus heutiger Sicht hört sich die technische Vernichtungsstrategie der beiden Helden Hiller und Levinson einfach nur schwachsinnig an. 1996 aber stand man aber noch am Anfang des digitalen Zeitalters, die Computerwelt war den meisten noch fremd und viele werden sich nicht weiter mit logischen Fragen nach der Umsetzung auseinandergesetzt haben. Ist doch sowieso alles nur Science-Fiction! Versierte Computerspezialisten, die es aber damals schon besser wussten, kritisierten umso mehr, dass es ziemlich unrealistisch wäre, mit einem Computervirus die Technologie einer uns überlegenden Spezies zu überlisten. Na gut, das kann man durchaus als naiv abtun, weil es sowieso nur abgekupfert wurde aus dem 1898 erschienen Roman «Der Krieg der Welten» von H.G. Wells. Da werden die Aliens von natürlichen Viren und Bakterien dahingerafft, gegen die Menschen längst immun geworden sind.

Warum «Independence Day» heute dennoch kaum mehr zu ertragen ist, liegt an Pathos und Patriotismus, der hier bis ins Unerträgliche aufgefahren wird. Emmerich biedert sich den US-Amerikanern regelrecht an. Da wehen permanent US-Flaggen, die heroische Musik aus der Feder von David Arnold tut ihr übriges, und scheinbar sind die Amerikaner sowieso die einzigen, die sich mit Kampfeslust den Feinden in den Weg stellen. Nach vier Jahren Donald Trump wirkt das unangenehm, ja sogar lächerlich. Andererseits sollte man Filme immer auch danach betrachten, wann sie entstanden sind. 1996 regierte mit Bill Clinton noch ein relativ junger US-Präsident, weshalb Bill Pullman sogar selbst in einen Jagdflieger steigt, um den Aliens tüchtig in den Arsch zu treten.

Die Fortsetzung von 2016 floppte
«Independence Day» ist das, was man Popcorn-Kino nennt. Einfach nur berieseln lassen, staunen dürfen über die Trickserei, die gewaltige Bilder erzeugt, aber bloß nicht zu viel nachdenken. Tatsächlich hat Emmerich seinen Film nie wirklich als Science-Fiction-Beitrag gesehen, in dem es um eine Auseinandersetzung zwischen Gegenwart und Zukunft geht. Vielmehr handelt es sich um einen Katastrophenfilm – ein Genre, das Emmerich liebt, weshalb er gängige Klischees abfeiert. Wie reagieren Menschen verschiedener Gesellschaftsschichten vor, während und nach einer Katastrophe? Wer steigt zum Helden auf, wer übernimmt Verantwortung, wer packt an, wer opfert sich sogar, und wer wird zum Feigling?

Genau darum geht’s auch in «Independence Day», und hat man das erst durchschaut, wird alles ziemlich vorhersehbar. Nach einigen Flops wie «Anonymus» oder «White House Down», widmete sich der Regisseur erst 20 Jahre später einer Fortsetzung: «Independence Day – Die Wiederkehr». Aber die krude Zukunftsstory über einen erneuten Angriff der Aliens konnte nicht mehr überzeugen. Der Film spielte weltweit mit einem Einspielergebnis von etwa 383 Mio. Dollar nicht mal mehr die Hälfte seines Vorgängers ein.

Fazit: Die großartigen Tricks (teilweise in Deutschland entstanden) können sich auch nach 25 Jahren noch sehen lassen. Die Story hingegen wirkt heute eher einfältig, zeugt aber von einer Zeit, als die Welt scheinbar noch einfacher gestrickt war.

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