Herr Fredrich, große Auflagensteigerungen können meist nur noch Zeitschriften um Haus, Hof und Garten verzeichnen. Sie veröffentlichen in jeder Zeitung eine Entwicklung der Zahlen und wachsen kontinuierlich. Der ganze Spaß hätte aber auch immer wieder enden können?
Aber in meinem Kopf geht das jetzt immer so weiter, bis wir den Spiegel eingeholt haben.
Sie nehmen sich mit Ihren Kollegen viel Zeit, um die Themen zu recherchieren und fällen daraufhin nachhaltige Entscheidungen. Als Ihre Redaktion über Recyclingpapier forschte, fanden Sie heraus, dass diese Papierart überhaupt nicht teurer war und stellten das Magazin dann auch um. Sollten mehr Verlage Ihre Erkenntnis umsetzen?
Das sollten sogar alle Verlage machen. Es gibt überhaupt keinen Grund, Recyclingpapier zu meiden. Die Mehrkosten sind lächerlich und die ökologische Auswirkung ist enorm. Wer in fünf Jahren immer noch nicht auf Recyclingpapier druckt, kann seinen Laden auch direkt dichtmachen, weil die Leserinnen und Leser immer mehr Wert darauf legen, die Welt nicht mit jedem Produkt größtmöglich zu belasten.
Katapult kommt aus Greifswald. Ist das für die Arbeit von Vor- oder Nachteil nicht in München, Köln, Hamburg oder Berlin zu sitzen?
Greifswald ist in allen Belangen von Vorteil. Ich brauche zu Fuß fünf Minuten bis zum Büro, mit Rollerblades nur drei Minuten. Am besten ist aber, dass wir hier weit von allen anderen Medien weg sind. Ich kann alle anderen kritisieren, aber wenn ich sie nicht kenne, fällt es mir leichter.
Hat sich Ihre Arbeit durch die Corona-Pandemie verändert? In Ihrem Buch schreiben Sie, dass die räumliche Nähe bei der Entstehung von Katapult wichtig war.
Wir arbeiten seit Corona abwechselnd von zuhause. Die Onlinesitzungen sind unfassbar nervig, weil bei irgendwem immer die Leitung zu lahm ist, die Kamera spinnt oder der Ton scheiße ist. Ich freue mich auf die Zeit mit echten Redaktionssitzungen!
Sie haben den Plagiatsfall von „Hoffmann und Campe“ ausführlich in Katapult dargestellt. Sagen wir mal, so ein Editorial wie das von Katapult ist ungewöhnlich. Wie waren die Reaktionen davon?
95 Prozent geben Zustimmung. Fünf Prozent geben Zustimmung und kritisieren, dass meine Ausdrucksweise zu hart ist. Meine Oma gehört zur zweiten Gruppe.
Im November wurde ihr Buch „Die Redaktion“ veröffentlicht. Haben Sie die Entstehungsgeschichte von Katapult um einige Storys erweitert oder ist das wirklich alles so passiert?
Das ist so passiert. Fragen Sie Tim Ehlers nach der Schokoscheißinstallation und er wird ihnen einen Vortrag darüber halten, wie blöd ich bin und dass er nie wieder Schokoweihnachtsmänner essen können wird und dass ich seine Gastfreundschaft total ausgenutzt habe und er das alles nicht gedacht hätte und für möglich gehalten hätte. Er ist komplett im Eimer.
Habe Sie die Filmrechte schon verkaufen können, um Ihren Traum zu verwirklichen?
Leider nicht. Aber wir haben ein Grundstück in Greifswald gekauft, das groß genug für eine große Produktionsstätte ist. Dort wird die Druckmaschine dann in den nächsten Jahren stehen.
Deutschland ist ja nicht gerade für seine Gründerszene bekannt. Sie haben ein Projekt entwickelt, an das nur wenige Menschen glaubten. Was raten Sie enthusiastischen Gründern?
Nicht länger als einen Monat an der Anfangsidee schrauben. Was geht und was nicht, sieht man erst beim Machen.
Neben Katapult betreiben Sie die Reihen Buchbänder zum Thema Landkarten und nun „Die Philosophen“. Sind Sie mit der Entwicklung Ihres Verlages zufrieden?
Sehr! Wir haben jetzt drei Bücher selbst verlegt. Die verkaufen sich astrein. Das Wichtigste ist aber, dass ich mit Sebastian Wolter einen unfassbar starken Geschäftsführer für den Verlag gefunden habe. Wir beide machen die Geschäftsführung zusammen, aber er hat viel mehr Erfahrung als ich und beherrscht die deutsche Sprache auch besser.
Seitdem ihr Buch erschienen ist, hat das Interesse an Ihrer Person stark zugenommen. Waren Sie überrascht, was die Publikation eines solches Werkes bewirkt?
So habe ich mir das eigentlich immer vorgestellt. Ich habe bisher etwa zehn Interviews fürs Buch gegeben. Es werden übrigens immer mehr Podcasts. Die schönsten Interviews waren diesmal mit FluxFM und NDR Kultur „À la Carte“. Für die NDR-Sendung muss man fünf Titel aus der Klassik und dem Barock auswählen. Mein Klassik-Vorschlag „Feine Sahne Fischfilet“ wurde leider abgelehnt, aber das Interview ist am Ende sehr emotional geworden. Ich musste weinen, hoffe aber, dass es niemand mitbekommen hat.
Danke.
Hinweis: Das Interview wurde vor der Entscheidung geführt, dass Katapult eine eigene Lokalzeitung gründen möchte.
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