Die ersten Kinozuschauer eroberte Louis Hofmann bereits mit 14 Jahren als er in «Tom Sawyer» (2011) den Titelhelden spielte. Heute ist der Kölner 23 und sucht immer wieder nach schauspielerischen Herausforderungen. Dem Nachkriegsdrama «Unter dem Sand» folgte die TV-Serie «Dark» und internationale Auftritte neben Jennifer Lawrence («Red Sparrow») und Emma Thompson («Jeder stirbt für sich allein»). «Prélude» (u.a. bei Amazon, Sky, iTunes, Google Play, Videobuster, maxedome zum Streamen) Louis Hofmann als einen seiner bedeutendsten Filme. Im Interview erzählt er, warum.
Sie spielen in «Prélude» einen jungen Konzertpianisten. Wie gut können Sie wirklich Klavier spielen?
Also vor dem Film konnte ich mit drei Fingern Akkorde legen und ein bisschen die Oktaven mitgreifen, aber ich konnte nicht wirklich klassisches Klavier spielen. Das habe ich erst innerhalb von zwei Jahren über Workshops gelernt und nochmals ganz intensiv drei Monate vor dem Dreh. Da hatte ich fünf Tage in der Woche zwei Stunden Unterricht und habe nochmals vier Stunden geübt. Das war hart, weil ich keine Noten lesen kann. Aber ich bin drangeblieben. Dann hat es irgendwann richtig Bock gemacht und hat mich der Rolle nähergebracht als ich anfangs gedacht hätte.
Konnten Sie dadurch auch sein Leiden nachempfinden?
Mich interessieren generell Figuren, die einen Leidensweg durchmachen, und bei David ist er nochmals ganz besonders. Es ist der Untergang einer Figur, die nochmals ganz anders gebrochen wird. Das fand ich vor allem in dem Musikkontext sofort spannend, weil es extrem viele Parallelen zur Filmbranche aufweist.
Das müssen Sie genauer erklären.
Ich finde es für sehr wichtig, darauf aufmerksam zu machen, wie junge Menschen unter Druck gesetzt werden können, dass sie einfach nicht mehr funktionieren. Viele glauben, das wäre die richtige Art junge Menschen zu erziehen und etwas Positives könnte daraus entstehen. Das ist so verquer, dass ich es für wichtig hielt, diesen Film zu erzählen.
Das klingt als würden Sie das selbst kennen?
Definitiv, wenn auch nicht in dem Ausmaß wie im Film. Generell in unserer Generation ist der Erwartungsdruck von außen auch schon ziemlich hoch, wenn deine Eltern sagen, du darfst alles machen, deine Träume dürfen groß sein. Was auch total schön ist, aber wenn nur noch der akademische Weg für richtig gehalten wird, um etwas Großes zu schaffen, kann damit auch ein immenser Druck aufgebaut werden.
Wie sieht das in der Filmbranche aus, die Sie schon seit Ihrer Kindheit kennen?
Man muss ständig beweisen, dass man gut ist und dass man gefragt ist. Es kommt oft die Frage, was machst du gerade? Wenn man antwortet, man hätte gerade frei, höre ich selten etwas wie ‚Das ist aber schön’. Hinzu kommt der Druck, den man sich noch selber macht, und damit komme ich am wenigsten klar.
Vielleicht weil auch Sie weiterhin dazugehören wollen?
Genau, deshalb ist es mittlerweile auch ganz schlimm, wenn man mal auf die Fresse fliegt. Dabei kann das auch wichtig sein, dass einem das passiert, um wieder aufzustehen und dazugelernt hat. Ich musste in letzter Zeit lernen, mir selber zu verzeihen und nicht so hart zu mir zu sein.
Was ist Ihnen denn widerfahren?
2017 war für mich ein abgefahrenes Jahr. Zuerst die Serie «Dark», dann wurde ich Berlinale-Shooting-Star, drehte mit Jennifer Lawrence und Ralph Fiennes und auch noch zur Oscar-Verleihung. Das war total toll, aber auch absurd. Da musste ich mir selber immer wieder sagen: ‚Louis, das wird nächstes Jahr nicht so sein.’ Und trotzdem wird man davon überrumpelt.
Inwiefern?
Ja, man steht plötzlich da, weil um einen herum nicht so viel passiert. Trotzdem gibt es den Erwartungsdruck von außen, weil die Leute erwarten, dass es weitergeht. Damit umzugehen, fand ich schwierig und daraus entstand in mir eine große Angst zu scheitern. Ich stelle hohe Ansprüche an mich selbst. Man muss aber auch mal zurücktreten und sich sagen: Es ist okay, wenn man etwas nicht so schafft wie man es gern hätte.
Als «Tom Sawyer» sind Sie 2011 mit einem Schlag berühmt geworden. War das zu früh?
Durch diesen rasanten Aufstieg in den letzten Jahren dachte ich natürlich, dass es kontinuierlich so weitergeht. Ich musste lernen, nicht so verkrampft zu sein, dass das alles möglichst schnell und sofort passiert. Besser ist es, aus einer Ruhe heraus zu agieren und sich Zeit zu lassen.
Spielen Sie auch weiterhin Klavier?
Das wollte ich. Aber weil ich nun mal keine Noten kann, fand ich es irgendwann langweilig. Aber ich spiele Schlagzeug, früher in einer Band und seit ich in Berlin wohne, nur noch mit Freunden in einem Proberaum. Ich musste generell lernen, In Berlin wieder meine Hobbys aufzugreifen.
Hat Sie Berlin zu sehr abgelenkt?
In meiner Heimat war alles gesetzt. Da hat man seine geregelte Woche und seine Orte wo man Fußball, Skateboarding oder Schlagzeugspielen hingeht. Das hat sich mit meinen Umzug nach Berlin verloren. Nach drei Jahren wurde es Zeit, sich wieder mit Dingen zu beschäftigen, die ich nur für mich mache.
Welche Rolle spielt Berlin in Ihrem Leben?
Berlin ist meine Heimat geworden, die mir Sicherheit gibt und in der ich zu mir selbst kommen kann. Die Stadt habe ich mir mit dem Fahrrad erobert. Ich werde öfters gefragt, was mich hierhergezogen hat. Aber ich will mich aber nicht auf explizite Sachen beschränken. Das Gefühl, was ich hier habe, stimmt einfach und ich fühle mich wohl in meiner Wohngemeinschaft in Mitte (lacht).
Können Sie beim Schlagzeugspielen auch Ihre Wut rauslassen?
Schlagzeugspielen macht keinen Sinn, wenn es nicht groovt, und Grooven verbinde ich nicht mit Wut rauslassen. Ich habe auch nicht unbedingt das Bedürfnis dafür. Einen Zugang zu Wut habe ich erst in den letzten Jahren bekommen, auch über David in «Prélude». Der hat zwar keine Ausbrüche, aber innendrinnen brodelt es bei ihm.
Im Film kommt es zu einer Ausbruchsszene als sich David auf einer Party beim Tanzen völlig entblößt...
Für mich ist das kein Ausbruch, sondern eine trotzige Reaktion, weil es so gesetzt ist. Wir hatten auch Szenen gedreht, in denen David ausbricht. Aber hätte man das gezeigt, wie er rauslässt, was er angestaut hat, wäre er ja auch befreit und dann würde der Schluss des Films keinen Sinn mehr machen.
Wie schwer ist Ihnen das Drehen dieser Szene gefallen?
Das war für mich eine Selbstverständlichkeit, weil es in der Figur begründet ist. Für mich ist es abstrakt, denn es geht ja nicht um mich, sondern um die Figur. Wenn ich einer Rolle alles gebe, warum nicht auch meinen Körper?
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel