Interview

Fritz Wepper: ‚Das Ende kam sehr unerwartet‘

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Im Dezember teilte Das Erste dem «Um Himmels Willen»-Schauspieler mit, dass die Serie nach 19 Jahren endet. Damit hatten die wenigsten Beteiligten gerechnet.

Gerade ist die letzte Staffel d er beliebten ARD-Serie «Um Himmel Willen» (immer dienstags um 20.15 Uhr) gestartet. Darin spielt Fritz Wepper (79) den Bürgermeister Wolfgang Wöller, der in einer bayrischen Gemeinde mit den Nonnen eines Klosters, geleitet von Schwester Hanna (Janina Hartwig) aneinandergerät, Nach fast 20 Jahren muss Wepper nun den Hut nehmen, was ihn traurig macht. Berühmt wurde der Münchner 1959 mit dem Antikriegsfilm «Die Brücke». 1972 spielt er an der Seite von Liza Minnelli in dem Berlin-Film «Cabaret». Seine berühmteste Rolle aber Harry Klein aus den Krimi-Serie «Der Kommissar» und «Derrick». Am 17. August feiert Wepper, der 2019 seine Frau Angela verlor, seinen 80. Geburtstag. Zuvor wird unter dem Titel „Ohne Hund bin ich kein Mensch“ aber noch seine Autobiografie erscheinen.

Nach fast 20 Jahren «Um Himmels Willen» heißt es nun Abschied nehmen. Was heißt das für Sie?
Abschied zu nehmen ist nie einfach. Die Chinesen haben sogar ein Sprichwort: Jeder Abschied ist wie ein kleiner Tod. Es war schon sehr eigenartig, wie man mir diesen Abschied sozusagen angetragen hat.

Wie ging das vonstatten?
Bei mir hat sich im Dezember der Produzent angekündigt. Ich habe ihn bayerisch bewirtet mit Weißwürsten und Brezeln, dann teilte er mir den Entschluss der ARD mit. Das kam sehr unerwartet, denn oft muss man wegen geringer Einschaltquoten aufhören, aber wenn eine Sendung abgesagt wird, die seit 19 Jahren mit sehr guter Quote besteht, war das schwer anzunehmen.

Sie können sich das also gar nicht erklären…
Sicherlich haben sich die Sehgewohnheiten bei der Jugend verändert. Die gehen abends schwofen, wenn auch nicht jetzt zur Virus-Zeit, und schalten anschließend auf Mediathek um. Das ist bei meinen Kindern und Enkelkindern nicht anders und ich respektiere das.

Wie haben Sie den letzten Drehtag überstanden?
Das war sehr traurig. Wegen Corona gab es auch keine Abschiedsfeier. Nun besteht die Hoffnung, das nachzuholen.

Sind Sie auch schon bereit für etwas Neues?
Ja, ich habe bereits ein Angebot für einen München-Krimi und auf meinem Schreibtisch liegen auch noch vier Theaterstücke. Es ist sogar eine Theatertournee durch Deutschland, Österreich und der Schweiz geplant. Aber da weiß man ja noch nicht wie die Entwicklung mit dem Corona-Virus weitergeht.

Wie schwer macht Ihnen die derzeitige Pandemie zu schaffen?
Sie ist zu ertragen. Man muss nur den Medizinern und Politikern zuhören. In Bayern macht das der Ministerpräsident sehr gut. Ich habe jetzt auch eine Benachrichtigung bekommen, dass ich geimpft werden soll. Die Frage ist nur wann. Ich hoffe, es passiert so schnell wie möglich.

Macht Ihnen das Ganze auch Angst?
Angst nicht, aber ich habe Respekt. Es ist vieles möglich, wenn man sich an den Regeln hält. Als Angehöriger der Risikogruppen bin ich natürlich besonders vorsichtig. Es bleibt der Faktor Hoffnung, der aus meiner Sicht aber stark mit dem Fortschreiten der Impfungen verbunden ist.

Der aber noch nicht ausreichend zur Verfügung steht. Da möchte man nur noch sagen: «Um Himmels Willen»!
Ich sage aber auch, es müssen Dinge zu Ende gehen, damit andere beginnen können. Ich schreibe gerade an meiner Biografie mit dem Titel „Ohne Hund bin ich kein Mensch“, die ich Ende des Monats dem Heyne-Verlag übergeben werde. Die erscheint dann zu meinem 80. Geburtstag. Eine schwerwiegende Zahl. Da halte ich es Französisch, wo es heißt: ‚Quatre fois vingt‘. Also vier mal zwanzig – das lässt sich eher ertragen.

Wie sind Sie auf den Titel „Ohne Hund bin ich kein Mensch“ gekommen?
Weil ich das so empfinde. Ich bin mit Hunden großgeworden und mein bester Freund ist der Aron, der jetzt 12 Jahre alt ist. Das ist ein Jagdhund aus einem guten Zwinger. Ich hatte immer einen Hund und habe das auch an meine Kinder weitergegeben, die ebenfalls im Besitz von Hunden sind.

Warum der Hund und nicht die Katze?
Die Katze hatte ich auch. Das heißt, meinem Kollegen Bernd Herzsprung, mit dem ich mal Wand an Wand gewohnt habe, und mir ist eine zugelaufen. Wir haben sie großgefüttert und nannten sie Stravanti. Ich bin allen Tieren zugewandt, habe auch mal Pferde gezüchtet. Jetzt füttere ich Tag für Tag Vögel wie Spatzen und Rotkelchen sowie Eichhörnchen, die permanent vor meiner Haustür herumschwirren.

Das klingt, als würden Sie sehr schön in der Natur leben…
Ja, ich wohne am Tegernsee in einer Ecke, in der sich Fuchs und Hase ‚Gute Nacht‘ sagen. Ich habe die Natur immer genossen, gerade auch jetzt zur Corona-Zeit war das sehr beruhigend.

Der Hund ist aber schon des Menschen bester Freund…
Das werde ich in meinem Buch noch näher beschreiben. Mit dem Aron habe ich einen tollen seelischen Kontakt, und der Aron schläft auch auf meinem Bett, nicht in meinem Bett. Also wir verstehen uns großartig.

Leider sterben Hunde sehr viel früher als Menschen…
Sich von einem Hund verabschieden zu müssen, ist immer schwer zu ertragen ist. Mein erster Hund wurde mit dreieinhalb Jahren überfahren. Da war ich 15. Seitdem sitzt die Angst tief, wenn ein Hund frei herumläuft.

Im Laufe Ihres Lebens mussten Sie schon einige Abschiede ertragen. Haben Sie dadurch eine andere Sichtweise auf den Tod entwickelt?
Der Tod gehört ja zum Leben, aber den Tod zu erleben oder zu erfahren, ist immer schwer zu ertragen. Der Tod meiner Großmütter, meiner Mutter, meiner Frau ebenso wie der von Freunden. Ich selber habe keine Angst vorm Tod, aber ich eine Befürchtung, wie man das Ende erlebt. Das ist das große Fragezeichen.

Haben Sie eine Wunschvorstellung wie Sie irgendwann mal gehen wollen?
Wunschvorstellung wäre zu viel gesagt. Es ist eine Frage wie man das erlebt und es gibt Menschen, die das gar nicht erleben, weil sie mit irgendwelchen Medikamenten vollgepumpt sind. Ich habe das Sterben sowohl von meiner Frau als auch von meiner Mutter mitbekommen und dadurch meine besondere Erfahrung gemacht.

Ist das ein Thema, dass Sie lieber weit wegschieben oder doch hin und wieder an sich heranlassen?
Ich bin durch Situationen gegangen, in denen ich verschiedene Operationen erlebt und überlebt habe. Einmal markierte der Professor fünf Prozent und ich meinte: ‚Herr Professor, das ist ja noch nicht mal die Mehrwertsteuer.‘ Er antwortete: Herr Wepper, das muss ich Ihnen schon sagen: Sie sind ein harter Knochen. Diese OP überleben nur fünf Prozent.“ Arterienprothesen habe ich zweimal und eine Sepsis einmal überlebt. Ich will kein Lied davon singen, sondern nur sagen, ich habe meine Erfahrungen gemacht.

Patientenverfügung, Bestattungswunsch und Testament sind Ihnen damit gewiss auch nicht fremd…
Natürlich habe ich mein Testament geschrieben. Die Familie weiß also, was ich so vorhabe. Aber in Wirklichkeit bin ich ja nicht mehr dabei (lacht).

Wissen Sie denn schon, wo mal Ihre Ruhestätte liegen soll?
Wir haben ein Familiengrab. Wir hatten ja mal einen Helden in der Familie, der damals zu den 30.000 Bayern gehörte, die gegen Napoleon in den Krieg zogen. Der hat mit einem anderen 120 Schweden in die Flucht geschlagen und bekam dafür die Goldene Tapferkeitsmedaille und einen Ehrenplatz auf dem Winterfriedhof in München. Das war mein Ur-Ur-Großvater, der noch Weber hieß und sich dann in Wepper umbenannte, weil es zu viele von der Zunft Weber gab.

Wo ist die Goldene Tapferkeitsmedaille geblieben?
Normalerweise wäre ich der Erbe gewesen, aber irgendjemand aus der Familie hat sich die Medaille unter den Nagel gerissen. Die fand sich irgendwann in Amerika wieder, und heute halte ich sie wieder in den Händen. Irgendwann gebe ich sie an meiner Tochter weiter, damit sie in der Familie bleibt.

Ihr großes Erbe sind Erfolgsserien wie «Der Kommissar», «Derrick» und «Um Himmels Willen» aber auch Meilensteine der Filmgeschichte wie «Die Brücke» und «Cabaret». Worauf sind Sie besonders stolz?
«Die Brücke» war der erste wichtige Film meiner beruflichen Laufbahn. Als ich in «Cabaret» mitgewirkt habe, der später mit acht Oscars ausgezeichnet wurde, sagte mir der Produzent von «Derrick» noch, ich sollte solche Filme nicht machen. Er ließ mich dann auch nicht zur Oscarverleihung, was ich ihm nie verzeihen werde, auch wenn er inzwischen verstorben ist. Aber ich bin nicht stolz, sondern nur froh über manche Dinge, die mir widerfahren sind.

Wie wollen Sie am 17. August Ihren Geburtstag feiern?
Mit Familie und Freunde, aber das ist noch mit einem Fragezeichen verbunden. Damit das stattfinden kann, muss aber zuerst die Mutationen der Viren abnehmen.

Und wenn das nicht klappt?
Die Alternative praktizieren wir ja schon jetzt. Also wenig Kontakte. Das wäre aber schade. Familie und Freunde – das sollte schon sein.

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Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
Montgomery
20.04.2021 13:26 Uhr 1
Fritz Wepper ist ein ganz großartiger Schauspieler. Ich wünsche ihm schnelle Genesung.
Sentinel2003
20.04.2021 14:02 Uhr 2
Ja, ich auch...denn, erst letztens stand im ARD Videotext, dass es ihm mal besser, dann auch leider wieder schlechter geht, und sein Bruder Elmar mache sich große Sorgen!

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