Er ist der Sohn griechisch-italienischer Gastarbeiter, ist in Zürich geboren, spricht sechs Sprachen und hat durch seine Eltern gleich zwei Staatsangehörigkeiten. Doch am liebsten lebt Pasquale Aleardi (49) in Berlin. Eine international aufgeschlossene Stadt, von der aus er seine Filmkarriere vorantrieb. Zum Publikumsliebling wurde er als er 2014 erstmal in die Rolle des «Kommissar Dupin» schlüpfte. Mit „Bretonische Spezialitäten“ (6. Mai, 20.15 Uhr, Das Erste) folgt nun schon die neunte Folge der Krimi-Reihe, in der Dupin sogar selbst Zeuge eines Mordes wird. Wir trafen uns mit Aleardi ganz in der Nähe seines Wohnortes im Volkspark am Weinberg. Doch der Star wirkt betrübt. Denn auch er hatte bei der Aktion #allesdichtmachen mitgemacht, sein Video aber wieder zurückgezogen. Warum, erzählt Pasquale Aleardi im Interview.
Seit 2014 erlebt man Sie als Kommissar Dupin. Die Rolle muss Ihnen doch schon in Fleisch und Blut übergegangen sein…
Nein, zum Glück nicht. Ich schaffe es, eine Rolle auch wieder abzulegen, wenn es vorbei ist. Aber eine Gemeinsamkeit hatte ich dennoch schon immer mit ihm. Wenn mich eine Aufgabe mit Leidenschaft packt, hänge ich mich da genauso rein wie Dupin.
Klingt erst mal gut. Wo ist der Haken?
Ich kann dann nicht mehr aufhören. Dupin macht irgendwelche wilden Konstrukte, um einen Fall zu lösen und ich stelle mir den Wecker, damit ich es nicht übertreibe.
Wie, bitte?
Ja, ich muss mir ein zeitliches Limit setzen. Gerade jetzt zu Corona-Zeiten habe ich mich mit neuen Dingen beschäftigt und wollte unbedingt ein eigenes Video drehen und setzte mich intensiv mit SFX- und Green Screen-Techniken auseinander. Ich habe bestimmt 300 Stunden daran gesessen. Da sagte ich mir: ‚Aleardi, das kommt dir doch bekannt vor. Du spielst jemanden, der ist genauso‘ (lacht).
Was ist das für ein Video?
Das kommt am 7. Mai heraus und heißt „Bevor du in die Kiste gehst, freu‘ dich, denn du hast gelebt“. Das ist eine Ode ans Leben von unserer Band ‚Pasquale Aleardi & die Phonauten‘. Mit unserer Musik wollen wir diesen schwierigen Zeiten mit einer positiven Message die Stirn bieten.
Wie würden Sie den Stil Ihrer Musik beschreiben?
Wir nennen es Antidepressionsmusik, und zwar schon vor Corona. Mit einer Mischung aus Funk, Soul, Chansons mit eigenen Texten sorgen wir dafür, dass die Leute glücklich aus unseren Konzerten rausgehen.
Was momentan ja gar nicht möglich ist…
Eigentlich sind wir immer auf Konzerttournee, wenn ich nicht drehe. Tja, was man wirklich liebt, merkt man erst, wenn es nicht mehr da ist. Die Jungs fehlen mir, und mit ihnen aufzutreten sowieso.
Apropos Video, Sie waren ursprünglich auch bei der Aktion #allesdichtmachen dabei…
Ja, ich habe das Video nach dem Sturm der Entrüstung wieder zurückgezogen. Ich bin deshalb auch noch ziemlich aufgewühlt. Mir ist es sehr nahegegangen, verbal so heftig angegriffen zu werden, sogar Morddrohungen waren dabei.
War das für Sie der Grund, Ihren Beitrag wieder zurückzuziehen?
Tatsächlich habe ich so etwas noch nie erlebt und bekam es auch mit der Angst zu tun. Mein Hauptgrund ist aber, weil ich finde, dass die Form komplett misslungen ist. Ich bin davon ausgegangen, dass man die Maßnahmen der Regierung in Bezug auf die Kommunikation, parodieren kann. Ich bin nie auf den Gedanken gekommen, dass das Gesundheitswesen damit angegriffen würde. Das war niemals meine Intention.
Sondern?
Ich bin ganz sicherlich nicht gegen Corona-Maßnahmen und verhalte mich rücksichtsvoll an alle Regeln. Was ich aber zum Beispiel nicht nachvollziehen kann, ist dass man Flieger mit Menschen füllen darf, während Theater, Kinos und vieles mehr trotz Hygienekonzept leer bleiben. Kann mir niemand erklären, und aus diesem Ansatz heraus dachte ich, es wäre gerechtfertigt, auf ironische Art Kritik zu äußern. Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, dass irgendjemand von der Gruppe vorhatte, irgendjemand verletzen zu wollen.
Wann war Ihnen klar, dass der Schuss nach hinten losgegangen ist?
Als ich Mails von Leuten bekam, die wirklich verletzt, enttäuscht und wütend waren. Das hatte mich zutiefst berührt und schockiert. Das hat mir deutlich klar gemacht, dass ich einer kompletten Fehleinschätzung unterlag. Ich bereue und ärgere mich, es nicht vorausgesehen zu haben.
Sicherlich ein Rückschlag, aber gehört das nicht hin und wieder dazu, wenn man wie Sie in der Öffentlichkeit steht?
In den letzten 25 Jahren, seit ich diesen Beruf ausübe, kenne ich natürlich auch Enttäuschungen. Gerade wenn man zum Casting geht und die Rolle dann doch nicht kriegt. Ein dickes Fell gehört schon dazu, umso schwerer liegt es, wenn sich etwas, was man wirklich im besten Sinne vorhat, ins Gegenteil verkehrt.
Klingt auch, als würden Sie zum Perfektionismus neigen…
Ja, ich denke schon, dass ich ein Perfektionist bin. Früher habe ich darunter gelitten, jetzt mache ich mich eher darüber lustig. Ob ich jetzt male oder komponiere oder Klavier spiele, bin ich Feuer und Flamme. Da kommt zum Glück auch meine Frau, die mich zurechtrückt, wenn sie etwa sagt: ‚Essen ist fertig!‘ Auch meine Kinder holen mich da auf gute Weise heraus.
Ist auch immer Ihre Familie dabei, wenn Sie für «Kommissar Dupin» mal wieder zum Dreh in die Bretagne müssen?
Meine Frau war dabei als sie mit unserem zweiten Kind schwanger war, und für Leonardo war es schön, am Strand zu spielen. Für ein Kind ist das natürlich ein absoluter Traum.
Könnten Sie sich vorstellen, ganz dort hinzuziehen?
Nein, ich kriege erst ab 30 Grad aufwärts erst richtig gute Laune. Da merke ich schon meine südländischen Gene. Ich kann Hitze extrem gut ab. Das macht mir überhaupt nichts. Mit Kälte habe ich eher Mühe.
Dann sind Sie aber doch auch in Berlin falsch…
Stimmt eigentlich, zumal der letzte Winter sehr zäh war. Berlin schätze ich wegen der kulturellen Möglichkeiten, auch wenn es sie momentan nicht gibt. Die Stadt gibt mir aber ein Gefühl von Freiheit, weil hier im Grunde genommen alles möglich ist.
War das auch der Grund, weshalb Sie hierhergezogen sind?
Das hat schon mit der Schauspielerei zu tun. 2000 ging es plötzlich mit dem Filmedrehen für mich los. Mit der Rolle in «Resident Evil» hatte es mich zuerst drei Monate hierher verschlagen, danach folgten sofort weitere Filme, und damit bin ich automatisch in Berlin hängengeblieben. Ich musste mich aber die ersten zwei Jahre erst daran gewöhnen.
An was genau?
Wenn man hier einen Freund zum Kaffee treffen will, braucht man ungefähr 40 Minuten, um von A nach B zu kommen. Das hat mich, der aus Zürich kommt, wirklich fertig gemacht. Das das ist nun mal so und irgendwann habe ich nicht mehr darüber nachgedacht.
Momentan geht auch das nicht mehr. Wie gut kommen Sie ansonsten durch die Pandemie?
Wenn man bedenkt, mit zwei Kindern hier in Berlin-Mitte quasi eingeschlossen zu sein, machen wir das als Familie schon sehr gut. Mein Kleiner ist drei und mein großer wird dieses Jahr fünf. Damit sind sie in einem Alter, in dem sie das alles gar nicht so mitbekommen. Die Kita-Situation ist trotzdem nicht einfach. Aber ich mache mit ihnen mindestens einmal am Tag Zimmer-Disco. Dann tanzen wir eine Stunde lang zu „I Like to Move It, Move It“.
Was wird Ihr nächstes Projekt sein?
Ich habe gerade einen Film mit dem Titel „Subtext“ beendet. Eines der originellsten Drehbücher, die ich je gelesen habe. Da geht es um Ausgrenzung von Minderheiten, allerdings in eine fiktive Welt transportiert. Wahrscheinlich kommt der Film aber erst nächstes Jahr ins Kino.
Und wie wird es mit «Kommissar Dupin» weitergehen?
Da sind wir ja abhängig vom Autor, der immer einmal im Jahr einen Roman schreibt anhand dessen dann ein Film gedreht wird. Bisher hat das gut funktioniert. Es sieht auch in diesem Jahr gut aus, dass wir im Herbst wieder einen neuen «Kommissar Dupin» drehen.
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