Stab
Darsteller: Senta Berger, Peter Simonischek, Thomas Thieme, Antje Traue, Marlene Morreis, Florian KarlheimDrehbuch: Felix Karolus und Florian Iwersen
Regie: Felix Karolus
Schnitt: Gerald Slovak
Kamera: Wolfgang Aichholzer
Kostüme: Silke Schmelzer
Musik: Renzo Vitale
Den Kontrapunkt zum entwurzelten Leben des Maestros samt Gattin soll ein übergewichtiger Ostdeutscher namens Martin Scherer (Thomas Thieme) darstellen, der eines Tages an Charlottes Villa klingelt, ein Eimerchen in der Hand haltend. Seine verstorbene Ehefrau sei in diesem Haus geboren worden und ihr sehnlichster Wunsch sei es gewesen, auf ihrem Grab etwas Erde dieses Grundstücks zu haben. Ein Wunsch, den der Mann ihr jetzt – mit Charlottes Einverständnis – erfüllen möchte. Natürlich stimmt sie zu, die beiden kommen ins Gespräch, sie sehen einander wieder, und ganz ohne, dass das Drehbuch dafür einen Schlenker in eine unappetitliche Sexualisierung dieser Beziehung nehmen müsste, wird sie doch der Stein des Anstoßes, der Charlotte (und schließlich auch den Stardirigenten) über ihr Leben nachdenken lässt.
Was dabei herauskommt? Man hat zu wenig Acht gegeben: auf sich, aufeinander, und ganz besonders auf die gemeinsame Tochter (Antje Traue), die man früh ins Internat gesteckt hat, weil das unstete Jetset-Leben ja nichts für ein Kind ist. Eine Verfehlung, die sie den Eltern heute in bitteren Worten vorwirft.
Auch dank einer sehr langsamen Erzählweise, die viel auf nachdenkliche Momente setzt, wenige Zuspitzungen enthält und auf lange Szenen mit intensiven Gesprächen und Reflexionsmomenten setzt, ist diesem Film schnell anzusehen, mit welcher Ernsthaftigkeit er um sein Thema kreisen will, um dann aber doch zu einer erstaunlich eindeutigen Antwort zu kommen, die dann aber wiederum gerade wegen der sozialen Situation ihrer Figuren zu einiger Kritik einlädt: Denn die Lebenssituation der Familie Kler ist – durch alle Generationen hindurch – von enormer wirtschaftlicher Sicherheit geprägt, und sogar der Figur aus dem gegenteiligen, weniger weltläufigen Milieu, Martin Scherer, ist eine ansehnliche Doppelhaushälfte in einer schönen Münchener Gegend vergönnt. Der Konflikt zwischen Ver- und Entwurzelung, zwischen Drang zur großen (künstlerischen) Karriere und Familienzersplitterung spielt sich in diesem Film also ausschließlich in den oberen 0,1 % der Gesellschaft ab: einer Welt, die keine echte Tragik kennt, und in der Kränkungen aus der Kindheit vor dem Hintergrund der wirklichen Katastrophen in anderen gesellschaftlichen Schichten und Lebensumständen doch sehr aufgebauscht wirken. Natürlich hätte ein Walter Kler auch mal einen Gang runterschalten und das Münchener Symphonieorchester statt die Tokioter Philharmoniker dirigieren können, um seiner Tochter ein Vater sein zu können: Doch wer das wirklich als große Lebensweisheit verstehen will, holt sich seinen juristischen Rat auch bei «Richterin Barbara Salesch».
Das ZDF zeigt «An seiner Seite» am Montag, den 10. Mai um 20.15 Uhr.
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08.05.2021 13:56 Uhr 1