Die Kino-Kritiker

«Fear of Rain - Die Angst in dir» – Mädchen mit multipler Persönlichkeitsstörung

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Die Regisseurin Castille Landon setzte mit dem Spielfilm eine weitere Geschichte um dissoziativen Störungen um.

In der Psychologie wird die multiple Persönlichkeitsstörung als die schwerste Form der dissoziativen Störungen bezeichnet. Ursache sind in meisten Fällen traumatische Erfahrungen in der Kindheit, was zu einer Aufspaltung der eigenen Persönlichkeit führen kann. Eine Person mit mehreren Identitäten – das ist natürlich ein gefundenes Fressen für Filmemacher, um ein Publikum mit menschlichen Abgründen zu konfrontieren und Gänsehaut zu provozieren. Insofern wimmelt es besonders in Thrillern und Horrorfilmen nur so von Charakteren mit multipler Persönlichkeitsstörung.

Alfred Hitchcock («Psycho») setzte sich damit genauso auseinander wie Brian De Palma («Mein Bruder Kain»), Ron Howard («A Beautiful Mind») oder M. Night Shyamalan («Split»). Regisseurin Castille Landon («Albion – Der verzauberte Hengst») reicht mit «Fear of Rain - Die Angst in dir» (exklusiv bei Amazon Prime Video) nun einen weiteren Beitrag zu diesem Thema ein, will dabei aber vor allem die seelische Belastung für einen betroffenen Teenager genauer herausstellen. Doch wie der Untertitel schon verrät, kann es auch sie nicht allein darauf belassen, ein Psychodrama ins Rollen zu bringen. Wie bereits ihre großen Regiekollegen setzt sie dabei auf Thriller-Elemente, damit die Story interessant und spannend wird. Ob ihr das gelungen ist?

Mit 17 hat man noch (Alp)-Träume
Was ist nur los mit der 17-jährigen Rain (Madison Iseman)? Sie leidet unter Alpträumen, verliert sich in Halluzinationen und ist Wahnvorstellungen ausgesetzt. Ihre Eltern John (Harry Connick Jr.) und Michelle (Katherine Heigl) scheinen zusehend besorgter zu werden, bis bei ihrer Tochter Schizophrenie diagnostiziert wird. Das macht es aber nicht einfacher für das Mädchen - schon gar nicht in der Schule, wo sich bereits herumgesprochen hat, dass sie nicht richtig im Kopf zu sein scheint. Die anderen Mitschüler meiden sie, nur der gleichaltrige Caleb (Israel Broussard) ist ihr gegenüber aufgeweckt. Der Beginn einer jungen Liebe? Wären da nur nicht Rains Zweifel. Denn sie befürchtet, dass sie sich Caleb nur einbildet. Bester Beweis für sie: Er ist einfach zu nett zu ihr, was sie gar nicht mehr gewohnt ist. Noch mehr Sorgen macht Rain aber ihre Lehrerin Dani McConnell (Eugenie Bondurant), die auch noch im Nachbarhaus wohnt. Als sie dort eines Abends ein kleines Mädchen erblickt, das aus dem Dachboden schaut, ist Rain überzeugt, dass Mrs. McConnell eine Kindesentführerin sein muss.

Wehe, wenn die Wahrheit ans Licht kommt
Die junge Filmemacherin legt bereits zum Anfang etliche Fährten aus, um ein möglichst komplexes Psychogramm ihrer Protagonistin zu erstellen. Leider gehen die Fäden dann aber doch zu weit auseinander, sodass man sich fragt, was das eine mit dem anderen zu tun haben könnte. Die ganze Nummer mit der schrägen Nachbarin etwa führt dabei in eine völlig falsche Richtung und kann bestenfalls als weitere Hommage an Hitchcock und seinen 1954 gedrehten Film «Fenster zum Hof» verstanden werden. Denn um Voyeurismus geht es hier nicht, womit dieser Umweg wohl eher zur Wahrheitsfindung führen soll, weil sich natürlich auch der Zuschauende die ganze Zeit fragt, wie glaubwürdig dieses Mädchen noch ist - oder wie verrückt sie schon ist. Damit wird die ganze Zeit gespielt, um die Story zumindest etwas spannend zu halten. Man ahnt es schon bald, dass in dem Kosmos der Rain irgendjemand nicht echt sein kann – nur wer?

Die Auflösung folgt zum Schluss
Klar, dass zum Ende die große Auflösung kommt. Davor muss aber drehbuchgerecht noch ein Showdown gesetzt werden, der aber gar nichts mehr mit dem psychischen Zustand der Hauptfigur zu tun hat. Schlussendlich geht das Ganze damit nicht auf, sondern wirkt eher wie eine ungeschickte Coming-of-Age-Story mit erzwungenen Horroreinsprengseln. Der große Aha-Moment bleibt also aus, weil man als Zuschauender nie so richtig in die Geschehnisse hineingesogen wurde. Nur das sympathische Liebespärchen hielt einen bis zum Schluss bei der Stange. Denn Madison Iseman («Jumanji – Willkommen im Dschungel») und Israel Broussard («The Bling Ring») machen ihre Sache wirklich gut und wären in einer echten Lovestory zu zweit wahrscheinlich besser aufgehoben.

Fazit: Psychodrama mit klischeehaften Horroreffekten und vorhersehbarem Twist. Nur wegen der beiden sympathischen Hauptfiguren hält man durch.

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