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Ikke Hüftgold erhebt schwere Vorwürfe gegen Sat.1 und Imago TV – Schönhuber kontert

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Der Schlagersänger, bürgerlich Matthias Distel, deckte bei den Dreharbeiten zu «Plötzlich arm, plötzlich reich» angebliche gravierende, redaktionelle Fehler auf. ImagoTV soll mit „schwer traumatisierten Kindern“ gearbeitet haben, wovon ImagoTV-Geschäftsführerin Andrea Schönhuber gewusst haben soll. Diese weist den Vorwurf zurück. Am Dienstag bekräftigte Distel erneut die Vorwürfe.

Matthias Distel, den meisten wohl besser bekannt als Schlagersänger Ikke Hüftgold, erhebt schwere Vorwürfe gegen den Sender Sat.1 und das Produktionsunternehmen ImagoTV. Was war passiert? Im Rahmen der Produktion zur Fernsehsendung «Plötzlich arm, plötzlich reich» tauschte Distel mit einer vermeintlich ärmeren Familie für etwa eine Woche das Leben. Jedenfalls sollte er dies tun, nach wenigen Tagen beendete er allerdings die Dreharbeiten. In einem langen Statement auf seiner Webseite schilderte Distel die Ereignisse sehr ausführlich. Die Arbeiten begannen am Sonntag, als er in der Wohnung der Tauschfamilie ankam, dort kippte die Stimmung aber schnell, denn die dort herrschende Situation ließ ihn und das Team nach zehn Minuten weinend vor laufender Kamera zurück. „Hoch emotionalisiert und nicht fassend, dass in diesem Haushalt 4 Kinder leben sollten, erkundeten wir nach und nach die Räumlichkeiten. Nach ca. einer Stunde Aufenthalt in der Wohnung wurde die Kamera ausgeschaltet und die Diskussion begann“, so Distel in seinem Statement.

Nachdem das Produktionsteam am Abend die Wohnung verließ, ging Matthias Distel auf Spurensuche und fand durch einen Familienkalender weitere Hinweise über die eigentlich in der Wohnung lebenden Familie. „Die zwei jüngsten Kinder sowie die Mutter befinden sich laut Eintragungen auf diesem Kalender in psychologischer Behandlung.“ Diese Hinweise sollten sich im weiteren Verlauf der Arbeiten bestätigen. „Sofort kam die Frage bei uns auf, ob man Kinder im Alter von 8 und 10 Jahren, die offensichtlich psychische Probleme haben, rechtlich und moralisch gesehen in ein Fernsehformat ziehen kann, bei dem 8 Tage am Stück bis zu 10 Stunden gearbeitet werden sollte“, so Distel weiter. Infolgedessen hinterfragte der Unternehmer und Musiker das Vorgehen der Radaktion. „Laut Redakteurin berief man sich lediglich auf die selbst in psychologischer Behandlung befindlichen Aussagen der Mutter und ein angebliches Telefonat mit der Familienhilfe.“

Distel machte vorerst weiter, gab aber laut eigener Aussage „zwei Tage sehr negative Statements“ ab. Daraufhin wurde er am Dienstag mit Nachdruck darum gebeten, die Stimmung ins Positive zu lenken, „damit die Geschichte in ein ‚Happyend‘ gedreht werden könne“. Gleichzeitig soll ihm suggeriert worden sein, dass sich die Kinder in Distels Umfeld in Limburg sehr wohl fühlten und die Eltern eine tolle Zeit bei ihm hätten. Weitere Sorgen und Ängste in Sachen Kindeswohl sollten ihm in einem Gespräch mit der besten Freundin der Mutter genommen werden. Diese wiederum bestätigte Distel vor laufender Kamera, dass die Kinder in der Vergangenheit durch ihren leiblichen Vater „schwerste Kindesmisshandlung erlitten haben sollen“. Daraufhin brach Distel die Dreharbeiten ab. „Ich zitierte die anwesende Redakteurin umgehend ins Nachbarzimmer und fragte sie, ob der Sender Sat.1, ImagoTV und das komplette Team noch alle Tassen im Schrank habe, denn ausnahmslos alle beteiligten Redakteure, sowie der Aufnahmeleiter wussten spätestens montags, dass mit schwer traumatisierten Kindern gedreht wurde.“ Distel behauptet, dass alle vorher wussten, dass diese Kinder in psychologischer Behandlung waren. Außerdem meint Distel, dass auch die Geschäftsführung von ImagoTV in Person von Andrea Schönhuber diese Information gehabt haben musste.

Als Beweis führt Distel eine Nachricht der zuständigen Redakteurin auf, in der sie am vorherigen Tag die Zustände angemahnt und ganz deutlich ihren Unmut geäußert haben soll. Ein Screenshot der Nachricht und alle Hinweise, die belegten, dass der Sender und die Produktionsfirma von diesen Misshandlungen wissen mussten und zumindest im Vorfeld hätten erahnen können, würde sich in Distels Besitz befinden. Die grausamen Zustände komplettierte die Redakteurin, indem sie Distel erzählte, was wirklich während Drehzeit in seinem Haus passierte. Nur so viel: Dass es den Kindern gut ginge, entsprach laut Distel nicht der Wahrheit. So habe sich unter anderem einer der Jungen selbst verletzt und ein andere stand auf dem Balkon im 4. Stock und drohte sich selbst umzubringen. „Ethik, Moral, Anstand und das Kindeswohl wurden dabei vollkommen und in meinen Augen vorsätzlich ignoriert!“, so der Vorwurf Distels. Und weiter: „Schwer traumatisierte Kinder, die in meinen Augen aufgrund von möglichst hohen Quoten und einer menschenverachtenden Herangehensweise die Sensationsgier der breiten Masse befriedigen sollte.“

Zunächst wollte Distel mit diesen Vorwürfen nicht an die Öffentlichkeit, doch nachdem ihm bewusstwurde, dass ImagoTV 2011 beim Format «Mietprellern auf der Spur» einen ähnlichen Fehler beging, änderte er seine Meinung. Er müsse daher davon ausgehen, dass keine Lehren daraus gezogen worden seien und dass der Vorfall bei «Plötzlich arm, plötzlich reich» aufgrund dessen unter den Teppich gekehrt werden könnte. Er fordere Sat.1 und ImagoTV „zur lückelosen Aufklärung der Geschehnisse auf und appelliere gleichzeitig an alle, ob im beruflichen oder im privaten Umfeld im Sinne unserer Schwächsten, unseren Kindern, in Zukunft wachsamer zu sein“. Er werde den Kontakt zur Familie intensivieren und versuchen ein Stück dazu beizutragen, dass neue Perspektiven entstünden. Außerdem kündigte er strafrechtliche Schritte gegen Sender und Produktionsfirma an, die er gegenüber der ‚Bild‘-Zeitung konkretisierte. Bei Instagram kündigte er am Montag an, dass er am heutigen Dienstag Strafanzeige stellen werde. Die Redakteure nahm Distel in seinem Statement teilweise in Schutz, da das Produktionsunternehmen den Mitarbeitern Illoyalität unterstellte, nachdem sie Distel mit Informationen versorgten. Er hoffe, dass sie nun keine beruflichen Konsequenzen davonzutragen hätten. Distel selbst muss ebenfalls mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, was ihm bewusst ist, wie er in seinem Statement wissen ließ. Durch die Veröffentlichung erwarte ihn ein Strafverfahren wegen Vertragsbruch. Dennoch nehme er alle persönlichen Konsequenzen und Nachteile in Kauf.

Sat.1 bedankte sich zunächst in einem auf Instagram veröffentlichten Statement bei Distel, dass „er uns über die Umstände beim Dreh zu «Plötzlich arm, plötzlich reich» informiert hat“. „Unmittelbar nachdem wir seine Mail erhalten haben, haben wir begonnen, mit der Produktionsfirma und der Familienhilfe zu reden, um der Familie zu helfen und um die Zusammenhänge aufzuarbeiten. Diese Arbeit ist noch nicht abgeschlossen. Aber es steht fest, dass Sat.1 keine Sekunde dieser Folge zeigt. Das haben wir Matthias Distel vergangenen Donnerstag schon mitgeteilt“, heißt es in der Mitteilung weiter. Distel kommentierte das Statement in seiner Story: „Diese Aussage ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten! Weder wurde mir das in dieser Form mitgeteilt, noch hat man sich von Senderseite mit der Familie auseinandergesetzt.“

Gegenüber ‚DWDL‘ meldete sich auch Andrea Schönhuber, Geschäftsführerin bei ImagoTV zu Wort und widersprach teilweise den Aussagen von Matthias Distel. „Herr Distel bezieht sich hier auf Aussagen unseres Aufnahmeleiters vor Ort, der diese Aussagen bestreitet", so Schönhuber. Gemeint sind unter anderem die selbstverletzenden Handlungen eines der Jungen. Schönhuber stehe hinter ihrem Team, das jetzt aufklären wolle, wie es zu so einer Situation kommen konnte. ImagoTV verwies zudem auf die übliche Prozedur vor der Produktion: „Es werden lange Gespräche mit allen beteiligten geführt, Videoaufnahmen und Selbsteinkünfte eingeholt.“ Der Grund dafür ist, dass man dadurch verhindern wolle, dass Menschen ins Fernsehen gebracht werden, „die sich in so schwierigen Lebenssituationen befinden, die der Öffentlichkeit nicht unterbreitet werden sollen“. Die Missbrauchs-Vorwürfe seien dem Sender erst während des Drehs unter anderem durch die Aussagen der Freundin der Mutter bekannt geworden. Im Vorfeld habe man nichts davon gewusst. Die Empörung Distels ob der Zustände in der Familie und dem damit verbundenen Dreh könne Schönhuber nachvollziehen, weshalb man auch sofort den Drehabbruch mitgetragen habe. Auch eine lückenlose Aufklärung sei Distel nach Drehabbruch schriftlich zugesichert worden. Das Team habe bereits die entsprechenden Stellen informiert. „Schlicht falsch“ sei hingegen der Vorwurf, dass Schönhuber von den Zuständen vor Ort gewusst habe. Distel hätte außerdem nicht im Alleingang die Dreharbeiten abgebrochen, sondern das Team hätte zusammen entschieden die Dreharbeiten zu beenden. Wie erwähnt, behauptete Distel, dass er die Dreharbeiten abgebrochen und daraufhin eine Mail mit allen Informationen an zwei leitende Mitarbeiter von Sat.1, an eine Redaktionsleiterin sowie an Schönhuber geschrieben habe.

Gegenüber ‚DWDL‘ räumte ImagoTV „Fehler bei der Recherche“ ein. Man sei zu leichtgläubig gewesen. So war der Redaktion klar gewesen, dass Mutter und Kinder „eine schwierige Trennungsgeschichte mit Gewalterfahrungen vom leiblichen Vater“ hinter sich hatten. „Nicht umsonst war der Mutter das alleinige Sorgerecht zuerkannt worden, dieser Beschluss vom Amtsgericht hatte sich die Redaktion vorlegen lassen.“ Im Vorfeld des Drehs hätte es 25 Gespräche mit der Mutter über die Probleme und familiären Hintergründe gegeben. Die Mutter habe sich demnach eine „Auszeit“ für die Kinder in einem „reichen Haushalt“ gewünscht. „Trotz der Einhaltung unserer Sorgfaltspflicht scheint es in diesem besonderen Fall zu einer Ausnahmesituation gekommen zu sein. Imago TV – vertreten durch seine Geschäftsführerin Andrea Schönhuber – distanziert sich ausdrücklich von den Vorwürfen von Herrn Distel“, so ImagoTV gegenüber ‚DWDL‘. Und weiter: „In keiner Weise geht es Imago TV darum, Familien in Notsituationen auf der Jagd nach 'Quoten und Kapital' auszunutzen.“ Schönhuber selbst ist Mutter dreier Kinder im Alter zwischen 17 und 22 Jahren und wisse daher sehr wohl um den Schutzbedarf von Kindern und Jugendlichen. „Imago TV ist sich stets seiner Verantwortung gegenüber sämtlicher Protagonisten, dies gilt insbesondere für Kinder und Jugendliche, bewusst und nimmt diese mit höchster Sorgfaltspflicht an.“

Via Instagram meldete sich am Dienstag erneut Matthias Distel zu Wort. Er habe nach seiner Veröffentlichung viele Informationen bekommen, dass dies „auf keinen Fall“ ein Einzelfall sei. Soweit könne er sich festlegen. Man werde jedem Hinweis nachgehen und sie in den kommenden Tagen zusammenfassen. „Ich habe die große Hoffnung, dass auch die Sender, die Produktionsfirmen – wir reden nicht nur von diesen beiden Firmen, die ich benannt habe, sondern von allen Firmen – einfach reflektieren, was hier gerade passiert.“ Außerdem wünsche er sich keine etwaigen Vorverurteilungen gegenüber der Mutter.

In seiner Story richtete Distel außerdem ein paar Worte in Richtung Schönhuber: „Ich muss damit jetzt klarkommen, dass Frau Schönhuber an die Presse geht und versucht, mich in irgendeiner Form unglaubwürdig zu machen. Ich werde die ganzen Verhältnisse, die ich vorgefunden habe, trotzdem weiter sachlich und mit klarem Blick aufklären.“ Schönhubers Aussage, dass ihr Team und Distel gemeinsam den Dreh abbrachen, sei „schlichtweg gelogen“. „Das ist unfassbar charakterlos und spricht leider auch für ihre Vergangenheit.“ In Absprache mit der Familie habe er weitere Unterlagen erhalten, die belegten, wie skrupellos ImagoTV vorgegangen sei. „Frau Schönhuber wird sich reinwaschen wollen. Sie macht das gerade über die Medien und versucht mich unglaubwürdig zu machen.“ Trotzdem werde Distel versuchen, die Angelegenheit sachlich aufzuarbeiten und alles Mögliche tun, damit Transparenz entsteht. Außerdem kündigte er an, über ein großes Format eine Information herausbringen, die belegt, dass die Mutter in ihrer Kommunikation umsichtig war und dass die Produktionsfirma versucht hat, „auf unfassbare Art und Weise die Familie zum Dreh zu überreden – wissentlich, dass die Kinder traumatisiert sind“. Für Distel sei dies an Perversität nicht zu überbieten. In den kommenden Tagen sollen weitere Beweise folgen. Das letzte Wort ist hier definitiv noch nicht gewechselt worden.

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