Frau Abel, vielen Dank für ihre Zeit für das Interview. Zeit war auch bei der Produktion der neuen Serie «Loving Her» ein Thema. Wie groß ist der Zeitdruck bei einer 'Instant-Serie'?
Instant Fiction bedeutet auf jeden Fall eine intensivere, komprimiertere Entwicklungs- und Drehzeit im Vergleich zu ‚normalen‘ Fernsehproduktionen. Ich glaube, wir allen haben das so empfunden und das ganze Team – Regie (Leonie Krippendorff), Drehbuch (Marlene Melchior und Leonie Krippendorff), alle SchauspielerInnen und natürlich die Crew haben in dieser Zeit und für die Serie alles gegeben, das freut uns sehr. Unter dem Druck entstand dann, auch auf Senderseite, eine sehr fokussierte und pragmatische Arbeitsatmosphäre, die auch großen Spaß gemacht hat.
Mitte März begannen die Dreharbeiten, im Juli geht die Serie bei ZDFneo an den Start. Worauf kam es besonders bei der Produktion an?
Neben der beschleunigten Entwicklung, bei der die Vorlage des Originals für uns ein guter Leitfaden war, wenn es auch keine 1:1-Adaption geworden ist, haben wir im Vorfeld des Drehs sehr intensiv und in enger Abstimmung den Dreh geplant. Leonie Krippendorff hat viel vorab mit den SchauspielerInnen geprobt, was für den Dreh und natürlich das Ergebnis sehr gut war. Auch Lotta Kilian, die Kamerafrau, hat mit großem Engagement mit ihrem Team vorbereitet. Produktionell mussten wir häufig kreativ sein und zum Beispiel Locations finden, die zu den Drehbedingungen passen und unter Umständen mehrere Motive abdecken konnten.
Können Sie den Begriff ‚Instant-Serie‘ einmal genauer erklären? Was unterscheidet eine Instant-Serie von einer ‚normalen‘?
Mit Instant-Fiction sollen unter verkürzte Produktionsbedingungen und mit geringeren Budgets zeitlich relevante Stoffe und aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen fiktional umgesetzt werden. Spannend finde ich daran, dass so explizit mehr (Erzähl-)Raum für Themen aus einem breiten gesellschaftlichen Spektrum geschaffen wird und es inhaltlich und kreativ eine große Offenheit für Stoffe gibt, die vielleicht so noch nicht erzählt wurden und/oder eine alternative Perspektive bieten. Wahrscheinlich ist aber nicht jedes Thema und jeder Ansatz für diese Rahmenbedingungen geeignet. Manche Stoffe brauchen unter Umständen mehr Zeit beziehungsweise Budget.
Würden Sie sagen, dass sie die schnellere Produktionsweise bevorzugen? Oder ist die Zusammenarbeit zu sehr von Hektik geprägt?
Für mich hängt das stark von dem Stoff ab, den wir erzählen. Alles hat seine Vor- und Nachteile.
Inhaltlich soll auch die Corona-Pandemie aufgegriffen werden. Im vergangenen Jahr ließ die Fernsehbranche von diesem Thema eher die Finger, mittlerweile häufen sich Formate, die Corona thematisieren. Wie kam es zu diesem Umdenken?
Wahrscheinlich dachten die meisten Menschen am Anfang der Pandemie, dass die Phase von Lockdowns, Beschränkungen und ‚Social Distancing‘ nur für einen relativ kurzer Zeitraum unser Leben bestimmen wird. Dann wurde das Thema der Pandemie doch ein dauerhafterer Begleiter, und vielleicht bleibt es das auch noch ein bisschen, wer weiß. Ich kann mir vorstellen, dass diese Erkenntnis und das Bewusstsein über die Relevanz des Themas hier entscheidend waren.
Warum hat man sich nicht mehr Zeit genommen, um die Serie ausführlicher umzusetzen? In einem halben Jahr hat das Publikum Corona sicherlich nicht vergessen.
Bei unserer Serie ist Corona ein Randthema, unsere Geschichte spielt ja in der Vergangenheit und der Jetzt-Zeit. Für uns hat die Zeit für das, was wir erzählen wollten, gereicht.
Nach «All You Need» ist «Loving Her» die zweite Serie in kurzer Zeit, die sich mit Queer-Sein beschäftigt. «Loving Her» ist zwar eine Adaption der niederländischen Serie «Anne+», haben Sie sich dennoch von «All You Need» inspirieren lassen?
Wir freuen uns, dass auch «All you need» das Spektrum queerer und diverser Serien in Deutschland erweitert und wir finden die Serie toll. Die Premiere war Mitte Mai, da waren wir in einem sehr fortgeschrittenen Stadium der Postproduktion. Und obwohl beide Serie queeres Leben erzählen, sind sie ja doch sehr unterschiedlich, was schön ist.
Möchten Sie mit der Serie über das Lesbisch-Sein aufklären oder war das Ziel eine Serie zu machen, deren Protagonistin zufällig lesbisch ist?
Die Serie erzählt darüber, wie prägend Affären, das Ende von Beziehungen und Verliebtsein für das Leben sind, und wie viele Menschen, die in einer Lebensphase eine bedeutende Rolle spielen, immer auch Spuren hinterlassen. Ich glaube, das ist ein universelles Thema, so wie Liebe universell ist. Wir wollen erzählen, dass sich das Erleben dieses Gefühl und dieser Erfahrungen nicht abhängig von sexueller Orientierung unterscheidet. Trotzdem war es uns wichtig, lesbische Liebe authentisch zu erzählen.
Hat man wie bei der ARD-Serie ebenfalls versucht darauf zu achten, den Stab mit Leuten aus der LGBTQI+-Community zu besetzen?
Für uns als Firma ist es generell sehr wichtig, in diversen Teams und mit einer diversen Besetzung zu arbeiten. Für uns sollte allerdings auch niemand über seine sexuelle Orientierung eine Aussage machen müssen, der das nicht explizit machen will, egal bei welchem Format. Trotzdem war es uns besonders wichtig, authentisch zu erzählen und ich glaube, das ist uns gelungen.
Dürfen sich die Zuschauer über eine zweite Staffel freuen?
Das kann man jetzt noch nicht sagen. Wir freuen uns aber sehr, wenn «Loving Her» eine breite Zuschauerschaft erreicht!
Vielen Dank für das Gespräch!
ZDFneo zeigt alle sechs Folgen von «Loving Her» am Samstag, 3. Juli, ab 21:40 Uhr am Stück. Bereits ab Donnerstag, 1. Juli, steht die Serie ab 10 Uhr für ein Jahr in der ZDFmediathek zum Abruf bereit.
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