Die Kino-Kritiker

«Voyagers» – Odyssee im Weltraum

von

Regisseur Neil Burger orientierte sich bei dem Amazon-Film an Filmen wie «2001» und «Alien».

Wie lange steht die Erde der Menschheit noch zur Verfügung? Wie lange noch reichen die Ressourcen oder wird uns eine baldige Klimakatastrophe heimsuchen, die das Leben auf dem blauen Planeten sowieso unmöglich machen? Fragen, mit denen wir uns in jüngster Zeit immer häufiger beschäftigen mussten, und schon der renommierte Astrophysiker Stephen Hawking (1942-2018) forderte deshalb, dass wir unbedingt nach Alternativen im Weltraum forschen müssten. Ein neuer lebenswerter Planet für die Menschheit- ein Thema, das jüngst auch im Kino immer öfters behandelt wird. In Christopher Nolans «Interstellar» ebenso wie in «Passengers» von Morten Tyldum, und wer noch weiter in die Filmgeschichte zurückgeht findet auch Klassiker wie «Der jüngste Tag» (1951), in dem ein riesiges Raumschiff gebaut wird, um das Überleben der Menschen möglich zu machen. Aber was würde es wirklich bedeuten, ein solches Szenarium auszuführen? Mit dem ursprünglich fürs Kino gedrehten Science-Fiction-Film «Voyagers» wird eine weitere Variante durchgedacht.

Eine Reise ins Ungewisse
Im Jahre 2063 ist die Erde so gut wie unbewohnbar für die Völker geworden. Damit die menschliche Spezies nicht ausstirbt, muss ein neuer Planet kolonialisiert werden, der jedoch 86 Jahre entfernt liegt. Ein Menschenleben reich dafür nicht aus, um die Reise antreten zu können. Also züchtet man Retortenkinder, die die ersten Lebensjahre in einem unterirdischen Bunker verbringen. Sie sollen erst gar nicht mit dem normalen Leben auf der Erde konfrontiert werden, in der Hoffnung, dass sie es dann auch nicht vermissen werden. Ihr einziger Kontakt ist ihr Mentor Richard (Colin Farrell), der beschließt, die Kinder auf ihre Reise zu begleiten. Zehn Jahre später sind aus den Kindern Jugendliche mit ganz anderen Bedürfnissen geworden. Um sie in ihrer Sturm- und Drang-Zeit zu bändigen, müssen sie täglich ein blaues Getränk zu sich nehmen. Die Jungs Christopher (Tye Sheridan) und Zac (Fionn Whitehead) werden als erstes misstrauisch und verweigern die weitere Einnahme. Für Richard wird es immer schwieriger, die Teenager in Zaum zu halten. Als er verunglückt, bricht Chaos aus.

Auf sich allein gestellt
Regisseur Neil Burger bereicherte Science-Fiction-Genre bereits mit «Ohne Limit» und «Die Bestimmung – Divergent». Somit konnte man ihm gewiss freie Hand lassen, den bereits zweimal verfilmten Roman «Herr der Fliegen» quasi ins All zu verlegen. Offiziell hat er sich das Buch von William Golding (1911-1993) zwar nicht als Vorlage genommen, aber sein ebenfalls von ihm verfasste Drehbuch nimmt deutlich Bezug auf diese Parabel, in der es um Kinder geht, die sich nach einem Schiffsbruch auf eine Insel retten können und ohne Anleitung von Erwachsenen ihr Überleben organisieren müssen. Dabei brechen Kämpfe um Ressourcen und vor allem um Macht aus. In «Voyagers» sind die Protagonisten schon sehr viel näher an der Grenze zum Erwachsensein. Aber im Grunde genommen geht es um nichts anderes als auch in «Herr der Fliegen», wobei hier noch ein Faktor hinzukommt: Die Jugendlichen entdecken ihre Sexualität, und Neil Burger ist durchaus gewillt, diesen höchst interessanten Aspekt in die Story einzubauen, jedoch so unglücklich andeutend, dass es fast schon lächerlich wird. So geht dem Film auch eine mögliche Metaebene und selbst die moralische Auseinandersetzung, ob der Mensch sein Ego dem Gemeinschaftswohl unterordnen kann, findet nicht wirklich statt.



Science-Fiction-Abenteuer auf Sparflamme
Dafür wird der Action mehr und mehr Raum gegeben, wenn sich die Jungstars, unter anderem Fionn Whitehead («Dunkirk»), Tye Sheridan («Ready Player One») und Lily-Rose Depp («Crisis»), Tochter von Johnny Depp, in zwei Lager aufteilen und sich anschließend bis aufs Messer bekämpfen. Das findet meist in den weißen Gängen und Räumen des Schiffes statt, was einfach nur steril wirkt und damit alles andere als ein charakterlicher Schauplatz ist. Einzig die Weltraumaufnahmen können sich sehen lassen, ansonsten wirkt das Produktionsdesign eher kläglich. Da hilft es auch nicht, wenn Neil Burger hin und wieder Bezug auf Zukunftsfilmklassikern wie «2001 – Odyssee im Weltraum» oder «Alien» nimmt. «Voyagers» bleibt ein Science-Fiction-Abenteuer auf Sparflamme, der nur mäßig spannend ist.

Fazit: Eine vielversprechende Ausgangssituation, doch leider geht hier Action vor psychologischen Unterbau, womit die ganze Story verschenkt wird.

«Voyages» ist bei Amazon streambar.

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