Sechs Jahre lebte Mavie Hörbiger (41) in Berlin. 2006 heiratete die gebürtige Münchnerin in Basel ihren Schauspielkollegen Michael Maertens und zog mit ihm nach Wien. Nach der Geburt einer Tochter (2009) und eines Sohnes (2012) trennte sich das Paar 2016. Mit ihrem jetzigen Lebenspartner (Paul Feigelfeld und den Kindern lebt sie weiterhin in Wien. Dort wurde auch die neue Serie «Ich und die Anderen» gedreht, in der Hörbiger die Ex-Freundin von Tom Schilling spielt, für den jeden Tag ein neuer Wunsch in Erfüllung geht.
In der Serie «Ich und die Anderen» werden einige Gedankenspiele um das eigene Ich ausgelebt. Verlieren Sie sich manchmal auch in Gedanken wie was wäre, wenn?
Nein, ich hätte auch gar nicht die Zeit dazu. Ich habe zwei Kinder und bin auch beruflich feste engagiert am Theater.
Am Burgtheater. Somit ist Wien seit geraumer Zeit Ihr neues Zuhause?
Davor hatte ich ja in Berlin gelebt, zwischenzeitlich auch mal in Zürich. Ich bin halb Österreicherin, halb Deutsche, und momentan fühle ich mich sehr, sehr wohl in Wien. Ich bin in einem tollen Ensemble und der Gedanke, von dort wieder wegzugehen, ist gerade nicht so angesagt.
Wie lange lebten Sie in Berlin?
Von 1998 bis 2004. Danach hatte ich die Schnauze voll.
Wirklich?
Ja, es hatte sich so wahnsinnig viel verändert, vor allem bei mir. Als ich nach Berlin zog, war ich eigentlich ein Teenager. Ich bin in Berlin quasi erwachsen geworden, was eine super Zeit war. Die Wohnung in Mitte hat fast nichts gekostet, die Straßenbeleuchtung war schlecht und jeden Abend wurde Party gemacht. Das war eine komplett andere Zeit, aber jetzt ist es anders.
Inwiefern anders?
Ohne den Berlinern etwas vorzuwerfen, aber es war damals eine wahnsinnige Chance für die Stadt, und oft wurden die falschen Entscheidungen getroffen. Allein architektonisch war es eine Chance, und was daraus gemacht wurde, finde ich schmerzhaft.
Woran denken Sie dabei?
Von den Bahnhöfen bis zu den ganzen Hotels in Mitte, von denen immer mehr entstanden sind. Wie schön Berlin doch in der Brache war, doch wie man die Lücken gefüllt hat, war eher nicht so schlau. Man hätte die tollste Stadt der Welt bauen können. Das wurde vergeigt.
Haben Sie in Berlin auch mal Theater gespielt?
Ich habe in Berlin nie auf einer Bühne gestanden – schon merkwürdig. Als ich mit Frank Castorf jetzt in Wien gearbeitet habe, kamen wir auch darauf, warum wir in Berlin nie miteinander zu tun hatten. Keine Ahnung, hat sich nicht ergeben. Dabei hat Berlin so tolle Theater.
Also?
Ja, ich könnte mir das sehr gut vorstellen. In meiner Biografie ist das wie so ein Loch (lacht).
Gibt es ein Theater, an dem Sie besonders gern mal spielen würden?
Die Volksbühne fände ich schön, allein weil sie so eine große Bühne mit toller Akustik hat. Das BE wäre natürlich auch großartig.
Sie kommen aus einer berühmten Schauspielerfamilie. Stand damit auch für Sie von als Kind fest, wo es beruflich mal langgehen wird?
Mein Vater hätte das so behauptet, ich aber habe mich auch mal als Wissenschaftlerin oder Chirurgin gesehen. Ich war aber irrsinnig schlecht in der Schule, hatte Probleme mit der Konzentration, dem Ruhigsitzen und Autoritäten. Damit galt ich als schwieriges Kind, und schwupps - war ich am Theater.
Man soll ja vorsichtig mit dem sein, was man sich wünscht, heißt es ja auch in «Ich und die Anderen»…
Jetzt komme ich aber auch nicht mehr davon weg. Chirurgin werde ich jetzt auch nicht mehr – leider. Ich dachte schon, ich lande an der Humboldt-Universität und gehe meinen Weg. Hat aber nicht funktioniert.
Ist dafür mal etwas anderes in Erfüllung gegangen, was Sie sich gewünscht haben?
Vor zehn Jahren war ich schon mal bei den Salzburger Festspielen, wo mich die Moderatorin bei einem Panel fragte, was ich gern mal spielen möchte. Ich sagte, ich würde gern mal den Teufel in „Jedermann“ spielen. Da haben alle gelacht, von wegen, eine Frau spielt den Teufel.
Das geht doch nicht, und nun ist es passiert.
Hatten Sie Bammel?
Ja, anfangs ging mir schon für einige Tage durch den Kopf: Du hast dir das gewünscht, jetzt musst du es auch spielen. Das ist doch wie auf einem Silbertablett, deshalb vielleicht doch vorsichtig vor dem, was man sich wünscht (lacht).
Da geht es wie in «Ich und alle Anderen» um ganz viel Aufmerksamkeit. Ist es nicht das, was man sich in Ihrem Beruf nicht letztendlich wünscht?
Da gibt es einen großen Unterschied, ob man spielen oder berühmt werden will. Und ich will spielen. Berühmtsein brauche ich nicht.
Geht denn das eine ohne das andere überhaupt?
Doch, man hat ja die Entscheidung. Du hast natürlich einen Bekanntheitsgrad. Mein Sohn nennt das immer ‚Fernsehgucken auf Mama‘, wenn einen die anderen Leute auf der Straße so anstarren. Er meint damit, sie tun so als wäre ich der Fernseher.
Empfinden Sie das als unangenehm?
Eigentlich nur, wenn die Leute über einen reden, obwohl man das hört. Das wirkt so, als wäre man nicht da oder aus Glas. Aber generell hält sich das in Grenzen.
Ihren Bekanntheitsgrad haben Sie im Frühjahr immerhin dafür eingesetzt, um bei der Aktion #actout mitzumachen…
Ja, es lag ein Manifest zugrunde, dass ich von meinem Kollegen Mehmet Atesci bekam. Ich fand das absolut unterschreibungswert, um damit eine Debatte auszulösen, damit sich endlich etwas tut.
Vielen Dank für das Gespräch.
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