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Dies ist entspricht allerdings nicht der Wahrheit, denn Gaprindashvili erlangte als erste Frau 1978 den „allgemeinen“ Großmeistertitel und spielte in verschiedenen Turnieren unter anderem auch gegen drei männliche Weltmeister (Mikhail Tal, Boris Spassky und Viswanathan Anand). Die langjährige Damen-Weltmeisterin fordert deshalb die genannte Summe an Schadensersatz für „eine verheerende Unwahrheit, die ihre Leistungen vor einem Millionenpublikum untergräbt und herabsetzt“. Die ‚New York Times‘ zitiert Gaprindashvili aus in einem kürzlich von ihren Anwälten arrangierten Videointerview: „Sie versuchten, diese fiktive Figur zu schaffen, die anderen Frauen den Weg ebnete, während ich in Wirklichkeit diesen Weg bereits geebnet und Generationen inspiriert hatte... Es war eine beleidigende Erfahrung. Das war mein ganzes Leben, das einfach gelöscht wurde, als ob es nicht wichtig wäre.“
In der offiziellen, 25-seitigen Klage wird behauptet, dass Beth Harmons Charakter „offensichtlich auf die Errungenschaften von Gaprindashvili zurückgreift“. Harmon sei in vielerlei Hinsicht eine amerikanisierte und fiktionalisierte Version des „echten georgischen Wunderkindes, das in den 1960er Jahren als Erstes die Geschlechtsbarrieren durchbrochen und gegen männliche Spitzenspieler gewonnen hat“. Gerade wegen des großen Erfolgs der Serie fühlt sich die zwischen 1962 und 1978 amtierende Damen-Schachweltmeisterin in ihrem Ansehen geschädigt. „Die falschen Aussagen haben Gaprindashvili persönliche Demütigung, Kummer und Qualen bereitet, sowie Einnahmenverluste in ihrer nach wie vor bestehenden Fähigkeit, ihren beruflichen Lebensunterhalt in der Schachwelt zu bestreiten, verursacht. Der Klägerin entstanden dadurch Vermögensschäden durch entgangene Gewinne von nicht weniger als 75.000 US-Dollar. Der Schadenersatz für die zerstörte Reputation wird mit 5.000.000 US-Dollar beziffert“, heißt es in der Anklage der mittlerweile 80-jährigen Gaprindashvili.
In der vergangenen Woche meldete sich bereits ein Netflix-Sprecher, um die Wogen etwas zu glätten: „Netflix hat nur größten Respekt vor Frau Gaprindashvili und ihrer illustren Karriere, aber wir glauben, dass ihre Behauptung unbegründet ist und werden uns in diesem Fall energisch verteidigen.“ Besonders ärgerlich dürfte vor allem der Umstand sein, dass dem 1983 erschienenen Roman „The Queen’s Gambit“ von Walter Tevis, auf dem die Serie basiert, dieser historische Fehler nicht unterlaufen ist. Dort heißt wurde Nona Gaprindashvili ebenfalls erwähnt, allerdings mit dem Hinweis, dass sie schon gegen russische Großmeister gespielt hatte.
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