Der Herbst kommt, und das gleich doppelt. Denn Christoph Maria Herbst (55) will den Oktober gleich mit zwei neuen Kinofilmen erobern. In «Es ist nur eine Phase, Hase» (seit 14.10.) erlebt man ihn als Familienvater von drei Kindern, dessen Ehefrau (Christiane Paul) fremdgeht und ihn in eine Krise stürzt. Herbst selbst hat keine Kinder und lebt mit seiner langjährigen Partnerin Gisi in Köln. Film Nr. 2 heißt «Contra» (seit 28.10.). Darin spielt der gebürtige Wuppertaler einen Professor, der eine seiner Studentinnen (Nilam Faroog) rassistisch diskriminiert und vor einem Disziplinarverfahren steht. Den Professor spielt Herbst mit seiner natürlichen Glatze, für den Familienvater setzte er sich ein Toupet auf. Wir treffen den Star aus Serien wie «Stromberg» und aus Filmen wie «Der Vorname» im Hotel Dorint in der Augsburger Straße - ohne Toupet, dafür aber bestens gelaunt. Denn Christoph Maria Herbst weiß mit Worten witzig umzugehen. Wir sprachen mit ihm über Krisen, Kahlköpfe und Kinder.
Sie spielen in «Es ist nur eine Phase, Hase» einen sogenannten Alterspubertierenden. Was bitteschön ist ein Alterspubertierender?
Das habe ich mich auch gefragt als ich das Buch von Maxim Leo und Jochen-Martin Gutsch zur Hand nahm, aber wird dann darin sehr schlüssig erklärt. Früher gab es den schönen Begriff Midlifecrisis dafür, und ich glaube, es ist nichts anderes. Alterspubertierender ist natürlich ein verstörender und irreführender Begriff.
Das stimmt…
Ja, denn was ist es nun, Alter oder Pubertät? Beides geht ja nicht, sollte man denken. Damit soll aber gesagt werden, dass Pubertät eine verstörende Zeit ist, in der vieles im Umbruch ist, subjektiv empfunden, nicht gerade zum Guten. Die Stimme fängt an zu brechen, es wachsen auf einmal unschöne Dinge und Pickel an Stellen, die man vorher gar nicht hatte. Dann lässt auch noch die Libido nach, ebenso die Spannkraft. Das alles erlebt unsere Hauptfigur im Film: Paul Mann, der denkt, dass es nur eine Phase ist.
Nun gehören Sie auch zu dieser Altersgruppe. Was von all dem ist denn wahr?
Weiß ich nicht, wir behaupten im Film ja nur, das könnte wahr sein, was wir hier erzählen und gießen das in Bilder. Der eine oder andere kriegt damit sicherlich einen Spiegel vorgehalten, hat es so oder ähnlich schon mal erlebt, wird es aber nicht zugeben, kennt aber Freunde von Freunden, bei denen es so war.
Und wie ist das bei Ihnen?
Ich bin jetzt 55 und frage mich, wann ist denn so eine alterspubertierende Zeit. Ende 40, Anfang 50 vielleicht. Ich habe in der Zeit meinen Gleitsegelschein gemacht. Vielleicht der Klassiker wie für andere der Motorradführerschein. Für mich war das aber keine bewusste Entscheidung, weil ich glaubte, in der Alterspubertät zu sein, sondern ich wollte schon als Kind fliegen.
Wow! Ganz schön mutig…
Das ist aber auch kein Hexenwerk. Die größte Angst bei den meisten ist ja, dass sie Höhenangst haben und glauben, sofort abzustürzen. Ist beides Quatsch. Höhenangst ist nämlich was ganz anderes. Da kann man nicht auf einen Turm steigen und runterschauen, hat mit Paragliding also nichts zu tun. Und abstürzen ist höchst unwahrscheinlich, denn das Ding will fliegen.
Aber unangenehme Erscheinungen musste Sie nicht durchmachen wie Selbstzweifel oder Haare, die einen Mann plötzlich an den unmöglichsten Stellen wachsen?
Haare, die auf einmal wachsen – das war nie mein Thema (lacht). Natürlich nagt der Zahn der Zeit an uns allen, und ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich das nicht auch an mir feststellen würde. Aber das ist für mich kein Thema, dass mich das in eine Krise versetzen würde.
Apropos Haare. Im Film tragen Sie ein Toupet…
Das sagen Sie, vielleicht habe ich sie mir auch wachsen lassen und mir den Bauch tatsächlich angefressen. Es gibt Kollegen in den USA, die kriegen dafür einen Oscar. Aber es stimmt schon: Alles fake!
Im Film werden Witze gerissen über Männer, die auf dem Kopf immer kahler werden. Christoph Maria Herbst steht dazu?
Ich weiß ja, warum ich mein Haar so trage wie ich es trage. Gut, Frisur kann man das wirklich nicht nennen, was ich da auf dem Kopf habe. Aber es ist Wahnsinn, wie viel Geld ich allein an Shampoo spare. Morgens stehe ich auf, schaue im Spiegel und die Frisur sitzt. Und die Maskenbildner freuen sich sowieso: Du setzt mir einen Fifi auf und ich werde zu einer komplett anderen Person.
Als Sie noch Stromberg spielten, war das noch umgekehrt…
Genau, damals hatte ich noch volles Haar und schnitt sie mir für den Bernd Stromberg soweit ab, dass ich nur noch diesen Kranz hatte. Aber ich stellte dann auch nach den Dreharbeiten fest, dass das ja total angenehm ist, die Haare kurz zu halten. Ganz einfach, und schon war ich einer der vielen Heiner Lauterbachs, die durch die Republik laufen.
Sollte man das Alter einfach…
Willkommen heißen, ja! Man ist damit auch nicht alleine. Ich würde es nur noch schlimmer machen, zu versuchen, es zu ignorieren. Nein, dann wacht man morgens auf und es tut einem erst mal alles weh. Wenn man mit über 50 aufwacht und es tut nichts mehr weh, ist man wahrscheinlich tot. Man kann es also auch positiv sehen. Solange es zwickt, bin ich lebendig.
In «Es ist nur eine Phase, Hase» sind Sie ein verheirateter Familienvater von drei Kindern. Inwiefern führen Sie selbst so ein Leben mit Kind und Kegel?
Ich habe keine Kinder, das hat sich, so blöd es jetzt klingt, nicht ergeben. Wenn ich in einer Beziehung gewesen wäre, wo beide es gewollt hätten, wäre das für mich Geschenk gewesen. Mit Sicherheit hätte ich es geschafft, ein Kind liebevoll in den Mittelpunkt meines Lebens zu rücken. Aber ich war dann immer in Beziehungen, wo es mir bei gerade nicht ging auf beruflichen Gründen. Dann gab es Beziehungen, wo ich gern gewollte hätte, aber die Frau sich das hätte nicht vorstellen können.
Aber Sie könnten doch immer noch Vater werden…
Mit 55? Natürlich gibt es auch alte Väter, aber ich muss jetzt nicht Mitte 70 sein, wenn mein Kind Abi macht. Das möchtest du deinem Kind auch nicht zumuten.
Denken Sie aber nicht auch mal, wenn Sie wie hier einen Vater von drei Kindern spielen, wie stressig das wäre und es auch ganz schön ist, dem im echten Leben nicht ausgesetzt zu sein?
Na ja, in dem Moment, wo ich diesen Paul Mann spielte, war ich auch Paul Mann. Dann habe ich diese Kinder auch geliebt, um sie gekämpft und fand es toll, wie sie sich ins Zeug gelegt haben, um den neuen Stecher meiner Frau loszuwerden. Da spielen Gedanken wie ‚O Gott, was wäre, wenn das meine Kinder wären‘ überhaupt keine Rolle. Auf jeden Fall war es für mich spannend, in eine solche Figur reinzuschlüpfen. Aber es ist nicht so, dass ich zu Hause sitze und denke: ‚Schade, dass ich keine pubertierenden Kinder habe‘. Es ist schon alles gut so wie es ist.
Nach «Es ist nur eine Phase, Hase» kamen Sie zwei Wochen danach auch noch mit «Contra» ins Kino. Was erwartet uns?
Ich spiele einen intellektuellen Jura-Professor, der seine Macht missbraucht, indem er eine seiner Studentinnen diskriminiert, und nun versucht, sich mit einem schon ziemlich fremdenfeindlichen Ansatz reinzuwaschen. Wobei ich nicht müde werde, zu sagen, dass es nicht die Idee meiner Figur war, sich so reinzuwaschen, sondern die des Rektors, gespielt von Ernst Stötzner. Das muss ich hier mal zum Schutz meiner Figur mal festhalten. Und im Januar kommt auch noch «Der Nachname» ins Kino. Tja, jetzt finden die Herbst-Festspiele statt.
Danke für das Gespräch!
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel