Die Kritiker

«Legal Affairs»

von

In einer neuen achtteiligen Serie der ARD Degeto spielt Lavinia Wilson eine abgebrühte Anwältin. Wir verraten, wie gelungen das Format ist.

Die Rollen und ihre Darsteller

Lavinia Wilson als Leo Roth
Maryam Zaree als Elena Caspari
Niels Bormann als Cecil Graf von Carlsburg
Aaron Altaras als Adrian Berisha
Michaela Caspar als Mimi Tander
Stefan Kurt als Götz Althaus
Jacob Matschenz als Jonas Lindberg
So klagefreudig wie die deutsche Gesellschaft mittlerweile ist, hat man als Rechtsanwalt ordentlich zu tun – vor allem, wenn man extrem gut in seinem Job ist und sich noch dazu auf besonders zahlungskräftige Mandanten spezialisiert hat, die angesichts ihres Wirkens in der Öffentlichkeit ständig in Schwierigkeiten stecken. Kaum auf einem öffentlichen Empfang angekommen, wird Starjuristin Dr. Leo Roth (Lavinia Wilson) beispielsweise direkt von einem jungen Filmstar zur Seite gezogen, den sie möglichst schnell aus seinem Vertrag für den bald anstehenden Deppenfilm raushauen soll, weil Tarantino angerufen hat – eine einmalige Chance.

Kaum hat sie sich diesem Problem gewidmet, zerrt schon der Innensenator von Berlin an ihr, der eine blöd gelaufene Affäre möglichst diskret abwickeln möchte – mit Schützenhilfe von seiner Anwältin und Freundin. Und dann kracht irgendwo in Deutschland ein Bus gegen einen Baum, gesteuert von einer übermüdeten ausgebeuteten Spanierin, eine Tragödie, die über ein Dutzend Menschen in den Tod reißt, und bald auch rechtliche Konsequenzen hat. Zeit für einen neuerlichen großen Auftritt von Berlins meistbeschäftigter Anwältin.

Puh. Fahrt nimmt die neue achtteilige Serie der ARD also direkt von Anfang an auf und stürzt sich mit Begeisterung in die modern ausgestatteten neonbeleuchteten Hinterzimmer, wo Top-Anwälte mit besten Examensnoten an wasserdichten Winkelzügen schrauben. Schon in der ersten Szene wird dem Zuschauer der Zynismus nur so um die Ohren geworfen. Starjuristen sind eine abgebrühte Bande, und alles, was menschlich ist, hat zurückzutreten vor der großen Strategie, mit der man den Gegner in die Pfanne hauen will.

Ein Stoff also, der das Zeug hat zu einem guten Thriller, der uns entführen könnte in die Welt hinter den Kulissen, die wir Normalsterblichen nicht alle Tage zu Gesicht bekommen. Doch darum geht es diesem Format in erster Linie gar nicht so sehr; vielleicht auch, weil man den Zuschauer mit allzu komplexen Geschichten nicht verunsichern möchte. Auffallend ist, wie einfach strukturiert die meisten Fälle bleiben: Politiker wollen Liebeleien verschleiern, Boulevardreporter aus menschlichem Elend Kapital schlagen und Leistungssportlern wird mit einer Berichterstattung über ihre Gesundheitsprobleme der Vertrag mit den Bayern verhagelt. Bei diesen Geschichten gibt es dann zwar viele Wendungen, aber nicht sonderlich viele Ebenen.

Und schließlich stehen über allem die Geschmacklosigkeit und der bodenlose Zynismus, mit dem Dr. Roth und ihr Team aufwarten. Abgebrüht und abgestumpft sind gar keine Ausdrücke für die Unmenschlichkeiten, die man in den Szenen zu hören bekommt, in denen sich die Juristen miteinander über ihre Mandanten und die Schwächen ihrer Gegner beraten. Das mag vielleicht in der Realität auch hier und da vorkommen – aber in dieser massiven Beschallung wirkt es doch arg überzeichnet. Nicht zuletzt deshalb ist aus dieser Idee am Schluss wohl auch kein beinharter Thriller entstanden, sondern eher die bemühte Geschichte um eine kalte Frau, die doch noch ein bisschen Emotion und Menschlichkeit in sich findet. Nur, dass das eben nicht zum Reiz der Welt der Staranwälte passt.

Im Ersten ist die Serie «Legal Affairs» ab Sonntag, den 19. Dezember jeweils um 21.45 Uhr zu sehen.

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