Stab
DARSTELLER: Walter Sittler, Andy Gätjen, Inger Nilsson, Sven Gielnik, Maria Alm Norell, Paprika Steen, Magnus Krepper, Sofia Karemeyr, Fredrik WagnerREGIE und DREHBUCH: Thomas Roth
KAMERA: Nicolay Gutscher
SCHNITT: Birgit Gasser
Robert erhält einige Zeit Rückendeckung von seinem langjährigen Kollegen Thomas Wittberg und der Gerichtsmedizinerin Ewa Svensson, die auch dann noch zu ihm stehen, als seine neue Kollegin von der Identität der Toten erfährt. Als sie dann Roberts Namen als letzte Aufzeichnung in Lines Notizen findet, steht er auf der Verdächtigenliste ganz oben. Zusätzlich beweisen Handydaten, dass Robert sich zur Tatzeit in der Gegend aufhielt, wo Lines Leiche gefunden wurde. Er muss untertauchen, um sich einer Verhaftung zu entziehen und weiter nach dem Mörder suchen zu können.
Nach 13 Jahren und 362 Tagen verabschiedet sich die Serie «Der Kommissar und das Meer» von seiner Zuschauerschaft mit dem insgesamt 29sten Spielfilm der Reihe. Dafür kehrt noch einmal die dänische Schauspielerin Paprika Steen vor die Serienkamera zurück, die in den ersten acht Spielfilmen Walter Sittlers Serien-Ehefrau darstellte, bevor sie Schweden und ihren Gatten verließ. Ihre Szenen sind auf Rückblenden reduziert, in denen sie mit verschiedenen Personen agiert, die Kommissar Anders während seiner privaten Ermittlungen vernimmt. Ja, am Ende der Serie muss die ganz große Dramatikkeule ausgepackt werden. Irgendein Fall reicht da nicht aus. Die Ex-Frau muss es schon sein, die den Weg allen Daseins (unfreiwillig) beschreitet, und natürlich muss der Kommissar selbst ins Visier der Ermittler geraten. Doch so wirklich Funken lässt sich die Geschichte nicht fliegen, fehlt es der Story doch an Spannung. Wenn mal so etwas wie Spannung entsteht, dann in den Szenen, in denen sich der Kommissar vor seiner neuen Kollegin verstecken muss, die es natürlich gar nicht gerne sieht, dass Anders selbst ermittelt. Vor allem nicht, da sie ihn nun einmal für den Täter hält.
Diese Spannungsmomente sind arg konstruiert, denn der Fall als solcher ist doch eher simpel, wenngleich nicht schlecht geschrieben. Die Anzahl an möglichen Verdächtigen beschränkt sich auf gerade einmal drei Figuren und die Auflösung ist in sich geschlossen, logisch und nicht frei von Tragik. Es ist aber eine Geschichte, die man normalerweise in einer Vorabendserie verorten würde, wo sie im 45-Minuten-Format problemlos bestehen würde. Doch im Fall von «Woher wir kommen, wohin wir gehen,» muss diese Geschichte auf 90 Minuten gedehnt werden, weil der Kommissar ja persönlich involviert ist und durch sein Verhalten die Ermittlungen dehnt und dehnt. Das ist nämlich die Krux: Würde Anders seiner Kollegin alles erzählen, was er weiß, würde sie diesen Spuren nachgehen und würde vermutlich den Fall aufklären. Schnell und professionell. Stattdessen verhält sich der Kommissar wie ein Mörder auf der Flucht, der nebenbei seine Spuren verwischen will, sodass er letztlich die Ermittlungen tatsächlich aktiv behindert. So kommt der Film zwar auf seine 90 Minuten Spielzeit, Spaß macht das aber alles nicht. Aber es muss am Ende der Serie (in dieser Form) ja unbedingt eine persönliche Note stehen, ein persönliches Drama, damit die Hauptfigur mit dem Kapitel Schweden abschließen kann. Nur leider ist von Schmerz und Verzweiflung wenig zu spüren. Es gibt keinen Moment voller Zorn, Wut, Trauer, der eben diesen Schmerz greifbar machen würde. Vielleicht ist da eine Verantwortung, die Anders seinem Sohn gegenüber empfindet (wo ist eigentlich seine Tochter geblieben, die es in früheren Spielfilmen der Reihe gegeben hat?). Und ja, vielleicht macht Anders sich Vorwürfen, da er am Abend ihres Verschwindens nicht nach ihr gesucht hat. Dieser Punkt der Geschichte aber hinterlässt einen seltsamen Beigeschmack: Da ruft ihn seine Ex-Ehefrau nach Jahren ohne Kontakt an, will ihn sprechen, ist dann nicht am Treffpunkt und der erfahrene Kommissar geht ihrem Verschwinden nicht nach? Wäre seine Ex-Frau in früheren Filmen als sprunghaft dargestellt worden, ginge dieses Verhalten vielleicht so gerade durch. Nur so ist sie nicht dargestellt worden. Warum also nimmt ihr Verschwinden hin wie das Nicht-Vorhandensein des Lieblingskäses im Aldi-Regal. Getreu dem Motto: Ist schade, ist jetzt aber auch kein Weltuntergang.
Sinn macht Anders' Verhalten nicht. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Gefühle eines Ex-Ehemannes zur Ex-Ehefrau eher auf Kühlschranktemperatur frösteln, ist Line immer noch die Mutter der gemeinsamen Kinder, zu denen beide ein gutes Verhältnis pflegen, so dass Robert Anders zumindest etwas besorgt sein müsste. Und als Polizist hat er Ressourcen, ihrem Nichterscheinen nachzugehen. Sie ruft überraschend an, kommt dann nicht zum Treffpunkt, ist nicht erreichbar. Und dann passiert: nichts? Sinn macht das nicht.
«Der Kommissar und das Meer: Woher wir kommen, wohin wir gehen» ist ein schaler Abschluss für die Reihe um den deutsch-schwedischen Ermittler Robert Anders. Es ist vor allem die Hauptfigur, der man diesen Solo-Trip einfach nicht abnehmen will. Anders' Verhalten ist dumm, ja es ist egoistisch. Indem er sich gegen sämtliche Regeln verhält, verhindert er letztlich die Auflösung des Falles zu einem früheren Zeitpunkt. Und bedenkt man, dass deutsche Kriminalfilme dieser Art dazu neigen, es nie bei einer Leiche zu belassen...
Die Einstellung der Serie hat offenbar mit den Produktionskosten zu tun. Da sie größtenteils in Schweden inszeniert worden ist, musste die deutsche Produktionscrew nicht nur in Schweden drehen – sie musste dort auch untergebracht werden. Was sich natürlich aufs Budget ausgewirkt hat, auch wenn die meisten Rollen von skandinavischen Schauspielerinnen und Schauspielern verkörpert worden sind. Mit dem Ende der Reihe «Der Kommissar und das Meer» beginnt 2022 die Ablegerserie «Der Kommissar und der See», in deren Mittelpunkt der nun pensionierte Robert Anders stehen wird, der in seine deutsche Heimat zurückkehrt. So spart man sich für zukünftige Spielfilme die teuren Auslandsdrehs.
Am Samstag, 18. Dezember um 20.15 Uhr im ZDF
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