Die Mensch-Maschine - seit jeher ein beliebtes Motiv in der Filmgeschichte, beginnend mit Fritz Langs «Metropolis» über «Die Frauen von Stepford» bis zu den Helden heutiger Zuschauergenerationen wie «Terminator» oder «Robocop». Die Dystopie ist dabei meist vorherrschend, denn wie kann es anders sein, als dass die Maschine dem Menschen überlegen ist und sich der Mensch erheben muss, um seine Freiheit wiederzuerlangen wie jetzt jüngst auch im vierten Teil von «Matrix». Aber muss es immer Science-Fiction sein? Maria Schrader («Unorthodox») beschreitet mit ihrer Regiearbeit «Ich bin dein Mensch» einen anderen Weg. Zwar spielt die Lovestory zwischen einer Frau aus Fleisch und Blut und einem mechanischen Mann mit künstlicher Intelligenz auch in einer nicht weit entfernten Zukunft, doch die Handlung könnte durchaus im Hier und Heute spielen. Zumindest legt die Regisseurin nicht viel Wert darauf, uns Zuschauern eine futuristisch anmutende Welt vorzugaukeln. Denn ihr geht es um etwas ganz anderes, um Zuneigung, Vertrauen, Skepsis und Ablehnung, um alles, was die Liebe an zwischenmenschlichen Regungen möglich macht und der großen Frage, ob ein vorprogrammiertes Kunstwesen letztendlich nicht beziehungsfähiger ist als der emotional fragile Mensch selbst.
Perfektion versus Unvollkommenheit
Alma (Maren Eggert) arbeitet als Wissenschaftlerin im Berliner Pergamon-Museum und benötigt dringend Fördergelder für ein neues Projekt. Die werden ihr von der Ethikkommission in Aussicht gestellt, wenn sie sich an einem Experiment beteiligt. Alma soll beurteilen, ob Deutschland zukünftig humanoide Roboter zulassen sollte, die für Liebesdienste eingesetzt werden könnten. Natürlich hält Alma, die gerade eine gescheiterte Beziehung hinter sich gebracht hat, von vornherein nichts davon als man ihr Tom (Dan Stevens) nach Hause schickt. Tom ist ein Android mit perfektem Körper, gutem Aussehen und den besten Manieren. Damit nicht genug, ist er voll und ganz auf die Bedürfnisse von Alma programmiert, was ihr äußert zu wider ist. Lebt eine Beziehung nicht gerade durch die Unvollkommenheit eines Partners? Immerhin beginnt Alma, darüber nachzudenken, und auch Tom ist lernfähig und fängt an, sich aufzulehnen, was bei Alma äußerst gut ankommt.
Wo die Liebe hinfällt
Basierend auf der gleichnamigen Kurzgeschichte von Emma Braslavsky geht das von María Schrader und Jan Schomburg («Ein Mord mit Aussicht») verfasste Drehbuch einen eher heiteren Weg, ohne den Ernst der Lage aus den Augen zu verlieren. Denn im Kern geht um das menschliche Grundbedürfnis, nicht allein zu sein und ein Gegenüber zu finden, mit dem man harmonisieren will. Es ist die Suche nach der großen ewigen Liebe, um sexuelle Erfüllung zu erleben und das eigene Intellekt reflektiert zu bekommen. Die Realität sieht aber anders aus. Keiner kann sich seine Frau, seinen Mann backen. Der Titel «Ich bin dein Mensch» bringt es tatsächlich auf den Punkt. Da ist jemand, nur existent, um mich zu schmeicheln - nur möglich, indem der/die andere die eigene Persönlichkeit außer Acht lässt. Künstliche Intelligenzen zu entwickeln, die nur darauf ausgerichtet sind - dieser Gedanke ist es wert, zu Ende gedacht zu werden. Der Film regt dazu an und kommt sehr schnell an den Punkt, dass das womöglich dann doch nicht so erstrebenswert ist. Die Protagonistin ist sowieso schon einen Schritt weiter. Alma durchschaut, dass der perfekte Partner nur eine Illusion sein kann, eine Illusion, die schnell langweilig wird, wenn unebene Ecken und Kanten beim Partner fehlen. Aber sie wird quasi ausgetrickst, die Maschine lernt, den errechneten Algorithmen entgegenzusteuern.
Berlinale-Bär für Maren Eggert
Es ist schon erstaunlich, welche psychologischen und philosophischen Fragen hier aufgeworfen und verhandelt werden. Da ist stets eine Ernsthaftigkeit zu spüren, aber mit einer solchen Leichtigkeit in Szene gesetzt, dass man gern bereit ist, sich diesen Themen immer wieder spielerisch zu nähern. Das Gedankenspiel ist immer wieder anregend, den beiden Hauptdarstellern sieht man gern zu. Maren Eggert hat für ihre Rolle sogar den Silbernen Bären der diesjährigen Berlinale bekommen. Ebenso hätte aber auch Dan Stevens den Darstellerpreis verdient. Der gebürtige Brite ist als Mensch-Maschine absolut überzeugend. Über ein Vierteljahr musste Maren Eggert jedoch warten, bis sie den Silbernen Bären endlich in den Händen halten durfte. Erst im Juni wurde ihr der Preis überreicht, der ihr bereits Anfang März versprochen wurde. Grund: Die Berlinale lief wegen der Pandemie in diesem Jahr ganz anders ab als sonst. Die Jury traf ihre Entscheidung im März, aufgrund des Lockdowns wurde die Preisverleihung in den Sommer verschoben, um dann anschließend in den wiedereröffnetet Kinos gezeigt werden zu können.
Fazit: Eine etwas andere Romantik-Komödie zwischen Mensch und Maschine, die nie kitschig wirkt, weil ein philosophisch-psychologischer Überbau darüberschreibt.
Das Erste strahlt «Ich bin dein Mensch» am Mittwoch aus. Außerdem ist der Film in der ARD Mediathek zu sehen.
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