Alle Jahre wieder... überzeugt Olli Dittrich mit einem grandiosen Stück Fernsehen, das die ARD diesmal am Mittwoch, den 29.12., um 23.45 Uhr (!) derart spät zeigt, dass die Frage eigentlich erlaubt sein muss: Will man die Zuschauer denn gar nicht erreichen mit Qualität? Dittrichs neuester Streich heißt «Ich war Angela Merkel Das Zahlemann-Protokoll». Und reiht sich nahtlos grandios ein.
Der ehemalige ARD-Chefreporter Sandro Zahlemann, der 2021 in Sachsen festgenommen wurde, ist Mittelpunkt der neuen Mockumentary (steht für einen fiktionalen Dokumentarfilm), bei der man ohne Vorwissen locker glauben kann, was da geschildert wird. Wer Dittrich nicht kennt und sich wenig für die Politik interessiert, mag die Geschichte durchaus fressen.
Auch wenn die natürlich wieder mal so maßlos übertrieben ist wie letztes Jahr, als mit Peter Trump plötzlich der deutsche Cousin des damaligen US-Präsidenten auftauchte. Oder einst die Geschichte von Schorsch Aigner, Doppelgänger von Franz Beckenbauer, der bei der WM 2006 dem Kaiser half, alle Partien der Weltmeisterschaften anzuschauen...
Diesmal spielt die scheidende Bundeskanzlerin eine Rolle: Besagter Zahlemann berichtet auch aus der Untersuchungshaft davon, dass er - beruflich auf dem absteigenden Ast - ein neues Handy kaufte und zufällig die bisherige Mobilnummer von Angela Merkel bekam. Weshalb er von nun an Nachrichten bekam von allen denkbaren Größen der Welt.
„Im Grunde genommen bin ich Opfer. Also... teilweise", sächselt Dittrich als Zahlemann und erzählt dann, was alles passiert ist. So herrlich übertrieben, so grandios erfunden, dass es aber alles irgendwie auch schon wieder glaubhaft klingt.
In seiner Reporterkarriere, die für den DDR-Bürger mit dem Mauerfall begann, lief einiges schief. Beispielsweise als er in einer Livesendung die Ankunft des Königs von Buthan am Leipziger Hauptbahnhof verpasste, einsam auf einem dunklen Gleis wartete und deshalb suspendiert wurde. Und ja: Man schluckt das als Nichtwissender, auch weil die echte Caren Miosga und Intendant Tom Buhrow zu ihrem Kollegen befragt werden. Diese Cameo-Auftritte von Prominenten machen aus der Story einen Geniestreich.
„AMERICA! FIRST FIRST!" habe ihm Donald Trump mehrfach in Großbuchstaben geschrieben. Herrlich! Oder die Antwort vom Papst auf seine Osterwünsche. In dem Moment wurde ihm klar, dass er Merkels alte Handynummer hat und nun mit Staatsgrößen kommuniziert. „Ein Scharlatan, der kann ken Latein!" Nach und nach trudelten auch Nachrichten ein von Markus Söder, Jogi Löw, Peter Maffay oder Armin Laschet.
Mit Horst Lichter tauschte er als Angela Merkel Rezepte aus. Köstlich. Doch viel wichtiger: Durch Sandro Zahlemann wurde Laschet Kanzlerkandidat. „Zieh Dich zurück, AM!", schrieb er Söder im April. Was aus alter Abneigung rührte. Beide arbeiteten in den 90er Jahren beim Bayerischen Rundfunk. Bei einer Fete spannte der heutige Politiker Zahlemann die Frau aus. „Der Söder als Kanzler-Kandidat: Nur über meine Leiche!"
Identitätsdiebstahl, Amtsanmaßung, vielleicht gar Spionage werden Sandro Zahlemann vorgeworfen. Die Sache flog auf, weil er als Angela Merkel der ARD ein Exklusiv-Interview anbot, aber nur, wenn Sandro Zahlemann wieder eingestellt wird. Das aber traute man der Kanzlerin dann doch nicht zu...
Natürlich ist «Ich war Angela Merkel Das Zahlemann-Protokoll» bereits jetzt in der ARD-Mediathek abrufbar. Keine 30 Minuten lang - aber geballt klasse zum Grinsen. Ein neues Meisterstück!
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