Debatte

Winterpause der Medien: Wohin mit politischem Aktionismus?

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Zwischen vier bis sechs Wochen sind einige Formate, in denen Corona und deren Folgen diskutiert werden, im Weihnachtsurlaub. Das führt sogar dazu, dass Markus Söder jetzt Wahlkampf im «Doppelpass» macht.

Für einige ist die Corona-Lage derzeit gut unter Kontrolle. Beispielsweise für das von Christine Strobl geleitete Das Erste. Der Polittalk «Anne Will» bekam die Urlaubszeit, die es schon vor der Pandemie gab. Seit 12. Dezember pausiert Anne Will und ihre gleichnamige Talkshow wird auch noch nicht so schnell wieder im Fernsehen vertreten sein. Die nächste Sendung ist erst für Sonntag, den 23. Januar 2022, geplant. Seither laufen nach dem «Tatort» Krimis und auch an anderer Stelle ist die Luft recht dünn, denn die sonst so aktiven Politmagazine machten ebenfalls eine vierwöchige Pause. «Kontraste» verabschiedete sich am 16. Dezember in den Weihnachtsurlaub, «Report München» kehrte am 11. Januar zurück.

«Markus Lanz» ging zwar ebenfalls Mitte Dezember in die Winterpause, kehrte aber bereits am 4. Januar zurück. Ehrenwert, aber kann sich das gesamte politische Spektrum der deutschen Republik ausschließlich am späten Abend vom ZDF abspielen? Die Verantwortlichen der Redaktionen von «Tagesschau» und «heute» betonen immer wieder, sie wollen stets informieren. Von den Privatsendern muss man in Sachen Nachrichten ohnehin keine hohen Erwartungen haben. Der Zuschauer schätzt es nicht, schon viel zu oft wurden engagierte Ziele nach kurzer Zeit aus dem Programm geworfen.

Das ProSieben-Journal «Zervakis und Opdenhödel. Live.» ist doch nur noch ein Schatten seiner selbst. Bei der bisherigen letzten Sendung vom 15. Dezember 2021 eröffnete die Redaktion die Sendung mit einem Best-Of von Joko und Klaas, die eine Call-In-Show am Nachmittag veranstalteten. Danach folgte einen Beitrag über einen Slackliner und Ingo Appelt las eine Weihnachtsgeschichte. Und für so eine Sendung, sind die Moderatoren exklusiv zu ProSieben gewechselt? Irrwitzig.

Selbst bei den Kollegen von der gedruckten Presse ist es auffällig, dass zahlreiche hochgeschätzte Polit-Analysten derzeit nicht am Schreibtisch sitzen. Dennoch sind es diese, wie Der Spiegel, Welt (auch der Fernsehsender) und Süddeutsche Zeitung, die, die dem bunten Treiben der Politiker zuletzt Einhalt geboten haben. Die Politik wirkt bizarr, dass die Sitzungswoche des Bundestages wegen Karneval ausfällt, obwohl das Fest der meist platten Witze der Pandemie weichen muss.

Es fehlen derzeit die aktuellen Diskussionen und harten Berichterstattung, derzeit – durch den Winterschlaf – werden die Medien zur reinen Abspielsendern der Politik. Nehmen wir das Beispiel das erst vor Kurzem in Kraft getretene Regel, dass in der Gastronomie zusätzlich zur 2G (Genesene und Geimpfte) nun ein tagesaktueller Schnelltest (2G+) nötig wird. Kanzler Scholz und die Ministerpräsidenten der Länder ändern schon wieder einen Plan und offenbaren, dass der damals versprochene einmalige (oder zweimalige) Piks die Deutschen aus der Corona-Pandemie befördert.

Mitnichten, aber bei 84 Millionen Deutschen ist ohnehin eine Virus-Erkrankung, von der sich bis zu 95 Prozent schützen können, ohnehin ein großes Risiko. Dass man dieses Problem nicht kommen sehen hat, grenzte an Irrglauben. Unter dem vergangenen Gesundheitsminister Jens Spahn haben das Robert-Koch-Institut und das Paul-Ehrlich-Institut nicht einmal Untersuchungen begonnen, wie lange die Impfungen im Körper aktiv bleiben. Die Daten, die dann zur Verunsicherung stimmten, kamen aus Israel. Zudem sind auch einige Aussagen, weder von den Politikern noch von den Medien, auf Plausibilität hinterfragt worden. Eine Impfquote von 95 Prozent? Das haben schon viele Menschen prophezeit, ist alles andere als realistisch.

Aber wenn die Medien derzeit im Winterschlaf sind, was machen Amtsträger, um die politische Notlage schönzureden? Es treibt sie dorthin, wo sie kritiklos ihre Meinung kundtun können. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) war beispielsweise am 9. Januar im «Doppelpass». Nach ein paar Flachsereien, dass sein Herz nicht nur für den 1. FC Nürnberg, sondern durchaus für die Bayern schlage, sind die Sympathien ausgetauscht. Dieser kann bei Moderator Florian König unterschwellig seine weiteren Verschärfungen relativieren.

Stadionverbot für Fans sei zwar gut, man müsse es weiter beobachten, man habe zwar auf die Delta-Welle zu spät reagiert (den Anstieg hatte das RKI zwar fast auf die Woche genau vorhergesagt), aber Bayern, so ließ es Söder schon vor einigen Wochen verlauten, davon überrascht gewesen. Söders Bilanz in Bayern ist schlecht, die Bürger nehmen das Chaos um die Corona-Pandemie übel und immerhin wird schon im Herbst 2023 der Landtag gewählt. Der aktuelle Ministerpräsident steht schlecht da, vor allem weil sein Gesundheitsministerium die Zahl der an Corona erkrankten Ungeimpften wohl wissentlich zu hoch angegeben hat.

Da passt es natürlich prima, wenn Sport1 dem bayerischen Ministerpräsidenten eine Bühne gibt. Ein netter Plausch über Fußball, ein bisschen Corona und schon ist Söder wieder der nette Kumpeltyp, den er verkörpern möchte. Da kann Söder schon mal behaupten, dass er mit seinen Maßnahmen die Corona-Fälle in Bayern reduziert hat. Das ist aber schlicht nur das Problem, dass über die Weihnachtsfeiertage und Silvester deutlich weniger getestet wurde, die Behörden teilweise nicht arbeiteten und die Zahlen nun erneut steigen.

Fazit: Erneut hat das Weihnachtsfest dafür gesorgt, dass zunächst weniger getestet wurde. Daraus erschließt sich die Tatsache, dass die Zahlen rund drei Wochen nicht die Wirklichkeit widergespielt haben. Da die meisten kritischen Formate ebenfalls im – wohlverdienten – Urlaub sind, suchen sich Politiker wie Markus Söder neue Medien, in denen sie von keinem Politik-Profi ihren Wahlkampf betreiben können. Deutschland, ein Winterwunderland.

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