Temuera Morrison, der den Kopfgeldjäger erstmals in «Star Wars Episode II: Angriff der Klonkrieger» im Jahr 2002 verkörperte, ist mittlerweile über 60 Jahre alt, muss chronologisch betrachtet aber einen Anfang Vierziger verkörpern. Mit viel Fantasie kann hier dessen Sturz in den Sarlacc in «Star Wars 6: Die Rückkehr der Jedi-Ritter» herangezogen werden, dessen Magensäure für dessen Vernarbungen verantwortlich ist, die Problematik des physisch deutlich sichtbaren Alters aber auch nicht kaschiert. Als Sidekick tritt Elitesöldnerin Fennec Shand, verkörpert von Ming-Na Wen in Erscheinung, die aber in den bisher gezeigten Folgen mit praktisch wortlosem Nichtstun beschäftigt ist.
Boba Fett, einst in den Diensten eines gewissen Darth Vaders als gewissensloser Kopfgeldjäger beschäftigt, scheint zudem nicht nur eine visuelle, sondern auch eine nicht unbeträchtliche Wesensveränderung durchgemacht zu haben, denn ein gnadenloser Söldner hätte wohl so ganz und gar nicht ins Disney+ Programm gepasst. Vom einstigen mysteriösen, unnahbaren Bösewicht aus dem Star-Wars Universum ist nicht viel übriggeblieben. Der neue Boba freundet sich mit Sandmenschen an und nimmt eine Gruppe von jugendlichen Bikern auf knallbunten „Vespas“ unter seine Fittiche.
«Star Wars'» größtes Problem scheint es zu sein, dass es seitens der Autoren nicht geschafft wird, die Altlasten loszulassen und originelle Geschichten in diesem riesigen Universum zu erzählen, dessen Möglichkeiten sowohl was die Zeitlinie, die Lokalitäten oder mögliche Charaktere betrifft schier unbegrenzt scheinen. Stattdessen wird eine totgeglaubte Nebenrolle wiederbelebt, in eine völlig neue Person umgeschrieben, die auf dem buchstäblich verstaubten Wüstenplaneten Tatooine mit Kleinstadtrivalitäten als Möchtegernwarlord beschäftigt ist. Unweigerlich muss hier die Frage gestellt werden, für welche Star Wars Fans diese Serie konzipiert wurde. Denn Altfans, die wohl aus überwiegend nostalgischen Gründen zum Einschalten motiviert werden sollen, dürften hier gleichermaßen wie eine jüngere Generation, denen der Name Boba Fett nichts sagt, von der schleppenden Handlung, unnahbaren Figuren und einer Menge Sand enttäuscht werden.
Einzig visuell weiß die Serie, dank der StageCraft-Technologie, die bereits bei «The Mandalorian» zur Verwendung kam, weitestgehend zu überzeugen, auch wenn die immens reduzierten Setpieces nicht gerade für Staunen sorgen dürften und einige Designentscheidungen wie die zuvor erwähnten „Vespas“ gelinde gesagt als äußerst fragwürdig zu bezeichnen sind. Auch die Kampfchoreographien wirken im Vergleich zur Mutterserie deutlich schwächer und uninspirierter.
Selbst nach drei Folgen ist bisher nicht klar, welche Geschichte in «Das Buch von Boba Fett» erzählt werden soll oder ob hier überhaupt der Anspruch verfolgt wird eine Handlung von irgendeiner Relevanz zu kreieren. Wer einfach nur irgendwie mehr «Star Wars» möchte, wird sich mit heruntergeschraubten Ansprüchen mit «Das Buch von Boba Fett» durchaus anfreunden können. Die fehlende Originalität im Star Wars Universum, die bei «The Mandalorian» noch durch einen kleinen, süßen Baby Yoda, stetig wechselnde Set-Pieces und kurzweilige unterhaltsame Geschichten mit hohem pacing kaschiert werden konnte, wird mit Boba Fett hingegen deutlicher denn je.
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