Serientäter

«Reacher» Kritik – Eine würdige Umsetzung der erfolgreichen Actionkrimireihe?

von   |  3 Kommentare

Nach zwei filmischen Umsetzungen mit Tom Cruise in der Hauptrolle, debütiert Lee Childs wohl bekannteste Figur auf dem kleinen Bildschirm, sehr zur Freude des Buchautors.

Lee Child, der keinen Hehl daraus machte, dass die 1,70m eines Tom Cruise nie so richtig für die Rolle des Hünen Jack Reacher geeignet waren, dürfte ebenso wie Buchfans mit dem Casting des knapp 1,90m großen Alan Ritchson überaus zufrieden gewesen sein. Mit kantigem Gesicht und prallem Bizeps darf Ritchson in der Verfilmung von Childs Erstling „Killing Floor“ (dt. „Größenwahn“) nun ordentlich die Fäuste fliegen lassen.

Während die beiden Filmumsetzungen lediglich lose auf den Buchvorlagen basierten, wird bereits nach kurzer Zeit mit der TV-Serie deutlich, dass die Autoren sowohl die Handlung als auch Charakterzeichnung betreffend viel wert auf eine möglichst originalgetreue Umsetzung gelegt haben. Das Setting des Romans mag zwar ins 21. Jahrhundert verlegt worden sein, doch weder auf die Handlung noch auf den Protagonisten hat dies irgendeine merkliche Auswirkung. Gerade in der heutigen Zeit mutet es fast überraschend an, dass wir es tatsächlich mit dem Buch-Reacher zu tun bekommen, einer kompromisslosen, praktisch unfehlbaren Heldenfigur, die ganz ohne Maske und Strumpfhosenkostüm mit jedem Gegner fertig wird. Angelehnt an Actionhelden aus längst vergangenen Zeiten prügelt und schießt sich Reacher durch jeden Antagonisten, dem das Unglück zu Teil wird, ihm vor die breiten Schultern zu laufen.

Rein erzählerisch kommen allerdings auch die Krimiaspekte der Handlung nicht zu kurz, hier wird ohne große Umschweife die äußerst spannende Handlung von „Killing Floor“ erzählt, Reachers wohl persönlichstem Fall. So gilt es nicht nur einer äußerst brutalen kriminellen Organisation das Handwerk zu legen, sondern auch den Tod eines Familienmitglieds zu rächen. Trotz der Zusammenarbeit mit der lokalen Polizeibehörde geht es dem ehemaligen Militärpolizisten Reacher hier wenig überrascht nicht darum, Verhaftungen vorzunehmen…

Während es an der visuellen Präsenz von Alan Ritchson wenig zu kritisieren gibt, steht sein Schauspiel hingegen auf einem anderen Blatt. Gerade in den ersten Folgen erinnert dessen Mimik und Gestik, insbesondere wenn er sich mit dem breiten Körper in Bewegung setzt, teilweise an seine Figur Thad Castle aus der Comedyserie «Blue Mountain State», was bei Kenntnis dieser Serie insbesondere an Ereignisse wie ein bestimmtes „Keksrennen“ oder einen gewissen „Ölwechsel“ durchaus als immersionsstörend empfunden werden dürfte und keineswegs zur Figur Jack Reacher passt. Im Verlauf der Handlung mäßigt sich dieser Eindruck glücklicherweise, zumal Ritchson von überzeugenden Nebenrollen unterstützt wird.

Insbesondere bei Actionszenen ist die Serie hingegen voll in ihrem Element. Sowohl Nahkampfszenen als auch Schusswechsel sind hervorragend choreographiert und bieten durchgängig hochwertige Unterhaltung. Die ausbleibenden Konsequenzen für den unfehlbaren Helden, an dem jede Kugel auf magische Weise vorbeizufliegen scheint und der nach unzähligen Treffern mit einem Brecheisen ohne Blessuren auf dem Körper davonkommt, sind hingegen fraglich umgesetzt. Ein paar blaue Flecken hier und da hätten die Maskenbildner sicherlich nicht überfordert und dem Realismusgrad durchaus eine glaubwürdigere Note verpasst.

Insgesamt ist die Serie «Reacher», genauso wie die mittlerweile 26-Teile umfassende Buchreihe im Gegensatz zu ihrem gleichnamigen Protagonisten nicht unfehlbar. Die Buchvorlagen sind Trivialliteratur in Reinform, wodurch diese möglichst originalgetreue Umsetzung ebenfalls nicht für hochtrabende Unterhaltung, die vorgibt das Rad neu zu erfinden, steht. Der mittlerweile über drei Dekaden spannende Erfolg der Figur Jack Reacher beweist allerdings, dass es für diese Art Helden und des Geschichtenerzählens auch heute noch einen nicht zu unterschätzenden Markt gibt. In Kombination mit der Tatsache, dass der klassische Actionheld praktisch vollständig vom TV-Markt verschwunden ist und sich Krimiformate wie «Bosch» weiterhin größter Beliebtheit erfreuen, könnte Amazon Prime Video mit «Reacher» ein durchschlagender Erfolg gelingen.

Das Review basiert auf der kompletten ersten Staffel von «Reacher», die ab dem 4. Februar bei Amazon Prime Video abrufbar ist.

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Es gibt 3 Kommentare zum Artikel
Nr27
29.01.2022 16:11 Uhr 1
Klingt vielversprechend! Ich freu' mich drauf.
Sentinel2003
29.01.2022 23:13 Uhr 2
Joar, der "klassische Action - Held" scheint tatsächlich, außer wenige Außnahmen, wie Statham und Stallone, in der Versenkung verschwunden zu sein. okay, der gute Tom ist ja auch noch da.... O:-)
Blue7
30.01.2022 11:37 Uhr 3
Bin auch gespannt wie die Serie mit dem Titans Star wird
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