Die Kritiker

«Doppelhaushälfte»

von   |  2 Kommentare

Eine ethnisch diverse Berliner Familie zieht aufs Land nach Brandenburg, im Nachbarhaus der Finerip-Weiße. Na das kann ja heiter werden in der neuen ZDFneo-Sitcom.

Was ist das Spießigste, was man sich vorstellen kann? Vermutlich die Doppelhaushälfte, irgendwo weit draußen, wo sich Aufstellpool und Gartenzwerg gute Nacht sagen. Da wollen jetzt auch die Sawadi-Krögers hinziehen: HR-Managerin Mari Sawadi (Maryam Zaree) und ihr Partner, der Musiklehrer Theo Kröger (Benito Bause), samt ihrer gemeinsamen Tochter Zoe (Helena Yousefi) haben allesamt genetische Wurzeln, die außerhalb Deutschlands liegen, weshalb sie farblich nicht unbedingt in das Spektrum passen, das man in kleinen Orten in Brandenburg vermutet. Bis man mal bei den Bewohnern des anderen Gebäudeteils klingelt, wo die Asiatin mit ihrem Sohn die Tür öffnet – die, wie sich bald herausstellt, mit dem unfassbar weißen und prolligen Makler verheiratet ist.

Es ist also doch alles ein bisschen komplizierter als die Geschichte „Ethnisch diverse gebildete Familie zieht in weißen Vorort und trifft dort auf Diskriminierung durch Hinterwäldler“. Deutschland ist auch auf dem Land schon lange bunt, nur eben noch nicht so progressiv wie in den Hauptstädten. Aber daran arbeiten die Sawadi-Krögers ja.

Funktioniert diese Idee auch als Sitcom? Aber hallo. Denn auch wenn man angesichts von etwas sehr viel Fäkalhumor (also: im wahrsten Sinne des Wortes) in der ersten Folge die Stirn runzeln möchte und die Gegenüberstellung der Sawadi-Krögers mit einer sehr blonden und weißen Familie im Kampf um das begehrte Eigenheim in Brandenburg etwas zu sehr nach Klischee aussieht, hat man spätestens in Folge zwei deutlich mehr spannende Geschichten hinter den Fassaden gefunden, die nicht nur zu einem müden Schmunzeln einladen. Denn der erste gemeinsame Grillnachmittag, das Schlüsselritual zur Integration in eine deutsche Kleinstadtsiedlung, steht unter viel Druck, und auch am Zündstoff mangelt es nicht.

Ebenso wenig an den wohlplatzierten Pointen, die die Schauspieler mit großer Zielgenauigkeit abfeuern. Maryam Zaree und Benito Bause, die bewussten Zugezogenen, die keine vorurteilsbehafteten Schimpfwörter tolerieren und achtsam miteinander umgehen, spielen ihre zwei Figuren zwar mit etwas großstädtischer Ignoranz, die aber nie in Hochnäsigkeit ausartet. In Milan Peschel, dem Hauswart mit Finerip-Unterwäsche, vereinen sich derweil ein altbackenes Männerbild von vorgestern sowie ein paar rassistische Vorurteile mit dem Herz auf dem rechten Fleck, trotz allem.

Spätestens, als sich die Serie zur Mitte der insgesamt acht Folgen eingegroovt hat, merkt man, dass die Sawadi-Krögers eigentlich ganz gut in die Nachbarschaft passen, zwischen all den Holzkohlegrills und Gartenzwergen. Denn Deutschland ist zwar um einiges bunter geworden – aber eben immer noch verdammt spießig. Schön, dass daraus eine reizvolle moderne Sitcom geworden ist.

Die Serie «Doppelhaushälfte» ist ab dem 15. März jeweils dienstags ab 21.45 Uhr in ZDFneo zu sehen. Alle Folgen stehen bereits zum Binge-Watching in der Mediathek auf Abruf.

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Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
Stargamer
14.03.2022 13:48 Uhr 1
Von welcher der Bands mit dem Namen Finerip stammt denn die Unterwäsche? Der Palz- oder der Blues-Rockband?



Oder hat da einfach jemand keine Ahnung wie man Feinripp schreibt?
skyfreak1972
15.03.2022 07:18 Uhr 2
Ich hoffe doch sehr das die Deutschen ohne Immigrationshintergrund etwas differenzierter dargestellt werden, und nicht alle als total spießig und hinterwäldlerisch dargestellt werden. Denn es gibt solche und solche.
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