Hallo Frau Bailey. Sie spielen die Pflegekraft Caro im thüringischen Ilm-Kreis. Worum dreht sich Ihre Serie «Die Pflegionärin»?
Die Serie zeigt einen Tag aus dem Leben der Caro Lacher. Nur Episode fünf spielt an einem anderen Tag. Es geht um ihren Alltag: die Begegnungen mit ihren Patient*innen, der Zeitdruck und die Arbeitslast, die der Beruf mit sich bringt und wie sie zwischen all dem auch versucht das Privatleben im Griff zu behalten.
Pflege ist nicht gerade gut bezahlt, harte körperliche Arbeit und während einer Spätschicht bekommt man auch mal mitgeteilt, dass sich der übrige Wochenplan ändert. Werden diese Themen in «Die Pflegionärin» abgebildet?
Absolut - all diese Dinge werden thematisiert.
Das wird spannend! Haben Sie eigentlich Freunde oder Familienmitglieder, die in der Altenpflege tätig sind?
Ja, ein paar meiner Freund*innen sind in der Altenpflege tätig. Mit ihnen war ich in der Vorbereitung stark im Austausch. Während ich bei einer Freundin mitlaufen durfte, hat mir ein anderer Freund nochmal alle Handgriffe, Hebungen und auch einen Katheter-Wechsel beigebracht.
Sie kommen aus der sogenannten grünen Lunge aus Rudolstadt. Warum hat es Ihre Eltern dorthin verschlagen?
Grüne Lunge? Noch nie gehört (lacht). Wir Thüringer nennen es liebevoll: das grüne Herz Deutschlands. Mein Vater ist Rudolstädter. Das ist schon das Ende der Geschichte.
Sie waren einige Zeit in Südafrika bei einem Tanz Team. Vermissen Sie die Zeit? Pflegen Sie dorthin heute noch Freundschaften?
Ja, das war eine ganz besondere Zeit. Erst gestern hat eine ehemalige Kollegin wieder Bilder gepostet. Und alle haben geschrieben. Das ist schon verrückt, das hat wieder alte Erinnerungen hochgebracht. Als kürzlich Desmond Tutu verstarb, dachte ich: Wie krass, dass ich als beinah Jugendliche - also mit 19 Jahren - in Südafrika schon über ihn und von ihm erfahren durfte, ihn kennenlernen und auf einer Veranstaltung, auf der er geehrt wurde für ihn tanzen durfte. Das war eine wahnsinnig eindrucksvolle Begegnung, die ich nie vergessen werde.
Zusätzlich waren Sie an der Hong Kong Baptist University und waren in New York, Peking und Montréal tätig. Welche Städte haben Ihnen besonders gutgetan?
Oh, da kann ich gar keine Stadt rausnehmen oder besonders hervorheben. Natürlich war ich in allen Städten unterschiedlich lang. In Montréal habe ich am längsten gelebt: etwas über drei Jahre, daher kenne ich sie am besten und sie hat mich am meisten beeinflusst. Gut getan haben sie mir alle; auf ihre eigene Art und Weise haben sie mir was mitgegeben und mich geprägt. Ich bin froh und dankbar all das erlebt zu haben.
Bei der Fernsehserie «The Bold Type» wirkten Sie ebenfalls mit. Wie weit unterscheidet sich eine amerikanisch-kanadische Produktion von einer deutschen?
Gute Frage. Für uns Schauspieler*innen erstmal einmal nicht so sehr. Es gibt genau wie in Deutschland eine Anprobe bzw. ein Fitting und am Drehtag wird man abgeholt und ans Set gefahren. Und dann passiert eben das Übliche. Cool war, dass bei «The Bold Type» die Person, die für die Haare verantwortlich war, auch Schwarz war und sich mega auskannte. Das ist mir in Deutschland nur selten passiert. Weshalb ich sehr froh war, dass die Produktion von «Die Pflegionärin» verstanden hat wie wichtig eine schwarze Hair-&-Make-Up-Person ist.
In den vergangenen zwei Jahren wirkten Sie als Sprecherin bei „The Assembly – Zusammenkunft“ und „1000 Serpentinen Angst“ mit. Sind weitere solche Projekte für Sie interessant?
Ja, sehr. Das Lesen bereitet mir eine große Freude. Und diese beiden großartigen Romane von diesen tollen Frauen lesen zu dürfen, hat sehr viel Spaß gemacht.
Wie hat sich die Diversität in den vergangenen Jahren in Deutschland entwickelt? Werden Sie auf typisch afrikanische Rollen gecastet oder besetzt man Sie für „normale“ Rollen?
Die Diversität in Deutschland hat sich entwickelt. Letztes Jahr kamen auch tatsächlich erstmalig, aber immerhin, drei Castinganfragen für Kommissarinnen. Das macht mir Mut. Und im Vergleich zum letzten Jahr muss ich sagen, dass ich viel weniger Anfragen für Klischeerollen bekomme. Das ist schön. Ich hoffe es bleibt so oder entwickelt sich weiter ins Positive. Ich freue mich auch über typisch afrikanische Rollen - gerade, wenn im afrikanischen Ausland gedreht wird, verstehe ich nicht, warum alle deutschen Schauspieler*innen meistens weiß sind, dass erinnert mich sofort an einen Kolonialfilm. Ich würde auch gern mal in Ländern wie Äthiopien, Kenia, Tansania oder Südafrika drehen, weil ich dort Familie und Freund*innen habe und teilweise auch etwas die Sprachen spreche. Es muss bloß alles ausgewogen sein. Am besten spreche ich Deutsch. Also würde ich am liebsten auch auf Deutsch spielen.
Es wird immer über den deutschen Film und Serien gesprochen. Vermissen Sie mehr People of Color als Moderator*innen im Fernsehen?
Auch da wird es langsam mehr. Mit Arabella Kiesbauer, Milka und Mola Adebisi bin ich ja praktisch aufgewachsen - das waren meine deutschen Identifikationsfiguren im deutschen TV. Jetzt gibt es schon ein paar mehr. Es ist aber leider immer noch immer etwas Besonderes. Also ja, ich vermisse noch immer BIPOCs. Es sollte eine Normalität sein.
Sie spielen Klavier, können mehrere Tanz-Stile und sind sportlich. Wie können Sie am besten abschalten?
Von Frühjahr bis Herbst gehe ich laufen, Yoga hilft mir auch zum Abschalten und Lesen.
Nach der Schule entschieden Sie sich für ein Politik- und Afrikanistikstudium. Was ist Ihnen bis heute dort hängen geblieben?
Hängen geblieben? Mhmm. Das weiß ich auch nicht, aber nach meiner Zeit im Bundestag ist vor allem folgendes Zitat von Kofi Annan in meinem Kopf hängen geblieben: “We have the means and the capacity to deal with our problems if only we can find the political will.”
Vielen Dank für das tolle Gespräch!
«Die Pflegionärin» ist ab Mittwoch, den 23. März, in der ARD Mediathek verfügbar.
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