Interview

Salka Weber: ‚Sie funktioniert im Business‘

von

In der neuen Serie «Oh Hell» spielt Weber die junge Frau Maike, die gemeinsam mit Helene unterschiedliche Lebensentwürfe ausprobiert.

Sie stehen schon seit Jahren auf den deutschsprachigen Bühnen. Bereits im Jahr 2001 nahmen sie am Kiddy Contest teil. Welchen Platz haben Sie damals belegt und wie nervös waren Sie beim Auftritt?
Ich war 12, und die Tatsache, im Fernsehen zu sein, auf dieser Bühne zu stehen, war für mich damals wie ein surrealer Traum. Meine Familie und meine Freundinnen, meine Schulklasse haben mich wahnsinnig unterstützt, standen im Grunde mit vorne. Die Nervosität hat sich überraschenderweise in Grenzen gehalten. Irgendwie war ich da sehr in meinem Element, ich hab‘ neben der Schule auch in Musicals gespielt, und ich war stolz, besonders auf die selbst entwickelte Choreographie zu meinem Song.

Im Alter von knapp elf, zwölf Jahren moderierten Sie einige ORF-Formate für Kinder und junge Leute. Wie haben Sie den Job bekommen und waren Ihre Klassenkameraden darauf neidisch?
Durch die Teilnahme am Kiddy Contest habe ich den Moderator der Show, Elmer Rossnegger, kennengelernt und mich gut mit ihm verstanden, und er hat mich dann für die ORF-Sendung «Kids4Kids» vorgeschlagen. Das war eine im Kinderkollektiv moderierte Sendung, inklusive eigener Themengestaltung und Redaktionskonferenzen. Neid hab‘ ich eigentlich nicht mitbekommen, im Gegenteil, meine Klassenkameradinnen und besten Freundinnen Judith, Teresa und Victoria haben mir bei der Vorbereitung geholfen und nachmittags mit mir Text gelernt. Moderation war damals sowas wie mein Berufswunsch, das wollte ich machen, und es folgte dann die Moderation des Kiddy Contest mit Fernseh- und Stadthallen-Liveshows vor tausenden Kindern an der Seite von Elmer Rossnegger, mit dem einzigen Problem, dass weder ich noch Elmer ein gutes Namensgedächtnis hatten.

Wir haben dann unsere Moderationen so lange gedehnt, bis einer von uns irgendwo auf der Karte die richtigen Namen der Songs und Kandidatinnen gefunden hat, und wenn man alte VHS auskramen würde, sähe man auf der einen oder anderen Anmoderation wahrscheinlich noch unsere panischen Blicke.

Wie bringt man diesen Job eigentlich als junger Mensch unter einen Hut? Hausaufgaben, Moderieren, Reisen… War es ein Vorteil, dass Sie in Wien lebten?
Das stimmt, ich hatte schon einen wahnsinnigen Output damals und war immer in Bewegung. Meine Mutter, mein Onkel und meine Großmutter haben mich sehr unterstützt, überall hingefahren und abgeholt, und das Schwimmen, Singen, Tanzen, all das hat man dann ja auch mit Gleichaltrigen gemacht, neue Freundinnen gefunden, und einfach viel Energie darin entwickelt. Als pflichtbewusste Schülerin hab‘ ich die Hausaufgaben dann nach den Tanzstunden am Abend gemacht, klar. In Wien ist man in einer halben Stunde überall, das ist für eine hoffnungsvolle Entertainment-Karriere natürlich besser, als wenn man in Grünau im Almtal aufwächst.

Inwieweit war damals Arabella Kiesbauer ihr Vorbild, eine der wenigen weiblichen People-of-Color-Moderatorinnen im deutschsprachigen Bereich?
Richtige Idole, denen ich nachgeeifert habe, gab es eigentlich nicht, es war eher spannend, mich auszuprobieren. Aber natürlich fand ich es gut, dass mit Arabella Kiesbauer eine Woman Of Color in der Primetime im österreichischen Fernsehen moderiert, dass es da eine Sichtbarkeit gab.

Apropos Moderation: Sie durften durch den Österreichischen Filmpreis 2020 führen. Würden Sie diese Funktion noch weitere Male übernehmen?
Klar, vor allem an der Seite von Markus Schleinzer und in diesen Outfits: Markus kam mit einem ihm auf den Leib geschneiderten, grünen, schulterfreien Abendkleid mit einem engen Korsett auf die Bühne, ich mit einem alten Vivienne-Westwood-Anzug aus seiner Garderobe. Der Abend war etwas ganz Besonderes für mich, nicht nur aufgrund der Themensetzung Green Filming, sondern auch weil mir das österreichische Kino sehr am Herzen liegt.

Sie standen für die Serie «Oh Hell» vor der Kamera. Worum geht in diesem Format?
Es geht um Helene, eine junge Frau, die noch keinen ganz klaren Plan für ihr Leben hat, sich verschiedene Lebensentwürfe ansieht, untersucht, ausprobiert, und sich die Leben der anderen vorstellt. Sie kann die Erwartungen von außen - wie man einen Job zu machen hat, wie man eine Beziehung zu beginnen hat - nicht erfüllen, für diese schnöde Erwartungshaltungen der Gegenwart und des Kapitalismus ist sie zu eigenartig. Aber genau das, ihre speziellen, genialen, weirden Züge, zeichnen sie und den Stoff aus. Man sieht ihr irre gern beim Leben und beim Auf-die-Schnauze-Fallen zu.

Können Sie uns sagen, welchen Part Sie in der MagentaTV- und WarnerTV Comedy-Serie übernehmen?
Ich bin Helenes beste Freundin Maike. Helene und Maike wurden am selben Tag im selben Krankenhaus geboren, ihre Mütter haben sich dort kennengelernt; das ist auf den ersten Blick auch das Einzige, was Helene und Maike gemein haben. Maike bildet in ihrer Art zu leben, zu sprechen, mit Menschen umzugehen, den Gegenpol zu Helene. Sie funktioniert im Business, postet erfolgreich Aspekte ihres Lebens im Internet - neuerdings, weil das ja jetzt so gemacht wird, auch offen ihre Schwächen -, sie organisiert Panelrunden mit indischen Arthouse-Regisseuren. Was man aber erst im Laufe der Serie wirklich herausfindet, ist, wie sehr sich Maike tatsächlich für Helene interessiert, und vielleicht wünscht sie sich in ihrem durchreflektierten Leben auch manchmal etwas von Helenes genialem Chaos.

Durch die Etablierung der Streamingdienste wäre es möglich, dass «Oh Hell» eventuell weltweit bei HBO Max landet. Führen diese Anbieter dazu, dass der Output an Fernsehen immer besser wird?
Eine internationale Ausstrahlung für «Oh Hell» ist natürlich toll, gerade in einem qualitativ so wertigen Umfeld wie HBO. Insgesamt denke ich, dass mehr entstehen kann, mehr Gutes, ab und zu auch mehr Schrott. Und es ist sicher eine positive Entwicklung, dass Kreative, Regisseurinnen, Autorinnen, Showrunnerinnen, immer mehr selbst darüber entscheiden können, wie ihr Werk aussieht.

Für uns war «Deadlines» eine der besten Serien des vergangenen Fernsehjahres. Welche Kritiken haben Sie wahrgenommen?
Nur gute! Gabe es irgendwelche negativen? Was mich fasziniert hat, ist, dass so viele Menschen in meinem Umfeld die Serie in einem „weggeschaut“ haben, quasi durchgebingt. Da kamen sehr viele positive, beflügelnde Rückmeldungen. Und ich höre von immer mehr Freundinnen von Freundinnen und deren Freundinnen, dass sie jetzt, lange nach der Erstausstrahlung, noch auf die Serie stoßen und sie schauen. Diese Weiterempfehlungs-Maschine läuft gerade erst an, glaube ich. Die Bücher zu den Serien von Nora Gantenbrink und Johannes Boss waren eine fantastische Vorlage. Und die Chemie, zwischen uns vier Hauptdarstellerinnen, Jasmin Shakeri, Llewellyn Reichman, Sarah Bauerett und mir, das Solidarische und Liebevolle im Arbeiten, war die Formel dafür, dass die Serie etwas Besonderes ist.

Für den Spielfilm «Fisch lernt fliegen» haben Sie gemeinsam mit ihrem Kollegen Deniz Cooper das Drehbuch geschrieben. Haben Sie Lust, diese Tätigkeit noch öfters wahrzunehmen?
Ja… In «Fisch lernt Fliegen» habe ich in zig Departments gleichzeitig gearbeitet, beim Buch, im Kostüm, im Schneideraum, beim Sounddesign, im Catering, das war wie eine Art praktisches Filmstudium. Ich kann mir gut vorstellen, dass ich eine gestaltende Funktion mit vielen Verantwortlichkeiten übernehme, wenn ich für mich auf den entsprechenden Stoff stoße.

Die Politik-Satire «Gute Nacht Österreich» wurde unter der Sebastian-Kurz-Regierung eingestellt, weil die Inhalte „zu kritisch“ waren. Nachdem man Kurz aus Wien jagte, kam die Sendung unverändert zurück. Hat die österreichische Politik zu viel Einfluss auf den österreichischen Rundfunk?
Zu dem Fall kann ich nicht so richtig viel sagen, aber natürlich ist die österreichische Politik etwas, das man gern verstecken würde, wenn man verreist. Ihr Einfluss auf alles mögliche, aber insbesondere auf den Rundfunk sollte so gering wie rgendwie möglich sein.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

«Magenta TV strahlt «Oh Hell» aus.

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