Nach einer Vorstellung Kliemanns („NFT-Händler, Maler, Viva con Agua-Volunteer, Immobilienmogul, […] Synchronsprecher ist er auch noch und na klar, Singer-Songwriter“, Zitat Böhmermann), der auch mit diversen Größen des Showgeschäfts – darunter auch Joko Winterscheidt, Klaas Heufer-Umlauf und sogar Jan Böhmermann selbst – verbandelt ist, besingt der ZDF-Moderator in einem kurzen Musikstück den Betreiber des Kliemannslands als nichtgreifbaren Vibe. Doch dann kommt Böhmermann auf die Instagram-Seite von Fynn Kliemann zu sprechen und hebt ein am 1. Mai hochgeladenes Video hervor, indem er auf einen Fragekatalog eingeht, die ihm das «ZDF Magazin Royale» zugesandt und mit dem Titel „Konfrontation“ versehen hatte. Follower von Jan Böhmermann konnten in den vergangenen Wochen erahnen, dass sich der Satiriker an Kliemann stößt. In seinem Spotify-Podcast «Fest & Flauschig» erwähnte er Kliemann immer wieder in schnippischen Kommentaren und auf Instagram parodierte er ihn und stellte ihn auf egoistische und empathielose Weise dar. Kliemanns Instagram-Video begann damit, dass er ein Fan von transparenten Gesprächen sei und deshalb den ihm übermittelten Fragenkatalog nicht zuerst mit seinem Anwalt durchsprechen wollte. Ein gefundenes Fressen für Jan Böhmermann, der seine monothematische Sendung unter der Prämisse fortführte, dass Kliemann ja ohnehin nichts zu verbergen habe und kein Betrüger sei. Wer Böhmermann kennt, wird ahnen: Es ist eine falsche Fährte.
Zu sprechen kam Böhmermann nun auf das von Kliemann gegründete Unternehmen LDGG, das sich für die „Demokratisierung von Urlaub als Sozialexperiment“ einsetzt und sich aus „Spenden“ der LDGG-Community finanziert. So seien mittlerweile über 10.000 Euro an Geldern gesammelt worden. Beim Wort „Spenden“ treten erste Ungereimtheiten auf, denn nach einer ZDF-Nachfrage wurde der Text zu „Solibeiträge“ geändert. Das Geld werde zudem von der NGO „Aktion Deutschland hilft“ verwaltet, die aber verlauten lässt, dass keine Kooperation mit LDGG zustande gekommen sei. Daraufhin änderte sich die Webseite erneut, LDGG verwies nun auf Tafel Deutschland, die über das gesammelte Geld verfüge, was aber laut Tafel Deutschland ebenfalls nicht stimmte. Eine Verwaltung der Spendengelder sei nicht vorgesehen, stattdessen sucht das die NGO lediglich die Menschen aus, die bei der LDGG Urlaub machen können. Die Tafel Deutschland hat mittlerweile die Zusammenarbeit beendet. Fynn Kliemann bezeichnete LDGG in einem am 5. Mai veröffentlichten Video als Test, den er nun beendet habe, da die Idee „nicht ausgearbeitet genug war“. Das gesammelte Geld habe er vollständig der Tafel gespendet.
Die eigentliche Konfrontation des «ZDF Magazin Royale» zielte aber auf Fynn Kliemann als Schutzmaskenproduzent zu Beginn der Pandemie ab, die er zusammen mit dem Textilunternehmen Global Tactics „fair“ und „in Europa“ produzierte. Kliemann, mittlerweile Global-Tactics-Miteigentümer an der Seite von Tom Illbruck, machte vor zwei Jahren bundesweit Schlagzeilen und bezeichnete sich als „einer der größten Masken-Produzenten Europas“. Das Projekt zielte nicht auf Gewinnmaximierung ab, da man die Masken zum Selbstkostenpreis verkaufte. Statt die Masken wie angegeben in Portugal zu produzieren, stellte die ZDF-Sendung nun fest, dass diese gar nicht in Europa, sondern in Bangladesch und Vietnam produziert werden.
Der Vorwurf: „Fynn Kliemann gab gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Tom Illbruck, Geschäftsführer von ‚Global Tactics‘, in Bangladesch und Vietnam im großen Stil produzierte Masken als ‚fair‘ und ‚in Europa produziert‘ aus, log über seinen geplanten Profit, betrog seine Kund:innen und täuschte die Öffentlichkeit und seine Fans.“ Dies formulierte das «ZDF Magazin Royale» auf der eigens eingeführten Webseite lmaaafk.de. Als Beweise führte Jan Böhmermann in der Sendung zahlreiche Text- und Sprach-Nachrichten zwischen Kliemann und seinen Geschäftspartner an, die darlegen sollen, dass Kliemann – anders als öffentlich behauptet – doch einen Geschäftssinn verfolgte. Die Produktionskosten für eine Maske liegen bei 40 Cent, was auch Illbruck auf ZDF-Anfrage bestätige. Auf der Website von Global Tactics bezahlten Großkunden bei einer Bestellung ab 100 Masken 98 Cent, ab einer Bestellung ab 10.000 96 Cent, ab 20.000 Masken 93 Cent pro Stück. Dies bedeutet einen Gewinn von über einer Million Euro für das Textilunternehmen.
Außerdem zeigte Böhmermann ein Video aus einer Fabrik in Bangladesch und behaupte, dass die Mitarbeiter dort für ein Gehalt von 120 Euro im Monat, „etwa die Hälfte des Existenzminimums in Banladesch“ – arbeiten. Die aus Asien stammenden Lieferungen wollte Illbruck dann so verschleiern, damit Kunden wie About You nicht mehr nachvollziehen konnten, wo die Masken produziert wurden. Besonders schwer wiegt darüber hinaus, der Vorwurf, dass Kliemann und Illbruck 100.000 qualitativ minderwertige und damit unbrauchbare Masken an Geflüchteten-Unterkünfte in Griechenland und Bosnien schickte. Das geht aus einem Urteil des Landgerichts Kleve vom 4. März 2022 hervor.
Die Konfrontation und Offenlegung der zwielichtigen Geschäfte beweist einmal mehr, dass Jan Böhmermann und seine Sendung «ZDF Magazin Royale» nicht davor zurückschreckt sich auch mit beliebten Playern im Medien-Geschäft anzulegen. Nach seinem Vera-Fake, in dem er mangelhafte Produktionsprozesse bei «Schwiegertochter gesucht» aufdeckte, hat nun auch Fynn Kliemann einen mächtigen Image-Schaden. Es dürfte mehr als wahrscheinlich sein, dass Kunden von Global Tactis auch rechtliche Schritte gegen das Unternehmen, an dem Kliemann zu 20 Prozent beteiligt ist, einleiten werden. 2017 war Kliemann bei Jan Böhmermann in der damaligen Sendung «Neo Magazin Royale» zu Gast – unwahrscheinlich, dass der ZDFneo-Mann demnächst am Freitagabend im Hauptprogramm des Mainzer Senders auftauchen wird. Kliemann schloss sein Instagram-Video vom vergangenen Sonntag übrigens mit den Worten: "Dann freuen wir uns alle zusammen auf den Beitrag am Freitag – oder auch nicht." Es dürfte beim letzteren geblieben sein.
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