Sie drehten den Spielfilm «Friendship!», der in Deutschland richtig einschlug. Wie sind die Kollegen Quirin Berg und Max Wiedemann auf Sie für diesen Job gekommen?
«Friendship!» ist die wahre Geschichte von Tim Zickler. Er war ein großer Produzent, hat viele Filme mit Til Schwieger produziert, war früher in den DEFA-Studios in Babelsberg mittendrin und hat zum Schluss auch die Traumfabrik Babelsberg geleitet. Ich habe Tom 2000 bei den Arbeiten zu «Mask Under Mask» kennengelernt - mein allererster Film als Regisseur. Tom hat versucht, eine Reihe von B-Movies aufzustellen, wie es sie viele in der DDR gab. Ein Revival dieses Genres sozusagen. Leider ist der Verleih Senator in finanzielle Schwierigkeiten geraten und die echt schrägen Filme haben nie das Kino sehen dürfen. Nur ganz klein. Tom hat mir damals diese Geschichte von seiner Reise erzählt, wie er mit seinem Freund Veith direkt nach dem Fall der Mauer zum ersten Mal nach Amerika gefahren ist. Seine Erzählungen waren unglaublich. Ich meinte zu ihm, dass wir daraus unbedingt einen Film machen müssen. Tom war sich nicht sicher, auch ob er seine eigene Geschichte wirklich verfilmen soll. Ich hab ihn dann aber so lange bequatscht, bis er schließlich zugesagt hat und wir uns in die Entwicklung stürzen konnten. Die ersten Fassungen waren noch nicht schlagkräftig, dann kam Oliver Ziegenbalg, der das Drehbuch dann so richtig in Fahrt gebracht hat. Tom wollte nicht mit seiner eigenen Firma produzieren und so kam Wiedemann & Berg als ausführende Produzenten ins Spiel.
Teure Hollywood-Produktionen werden oftmals in einem kalifornischen Studio gedreht, sie reisten mit Matthias Schweighöfer und Friedrich Mücke durch die Vereinigten Staaten von Amerika. Gefällt Ihnen eine Produktion on Location besser?
Also die Frage beantwortet sich selbst. Natürlich ist es wahnsinnig schön, wenn man Landschaften wie in Amerika hat. Bei «Friendship!» haben wir fast alles im Staat New Mexico gedreht, 3 Tage in New York, die Golden Gate Brücke in San Francisco und dann noch einen kleinen Teil in Berlin. Ich bin vor dem Dreh damals wirklich ganz New Mexico abgefahren. Ich kannte wirklich jeden Winkel. Das war schon fantastisch. Es macht was mit einem, wenn man in solcher Natur ist.
Und genauso fantastisch war es jetzt bei «Wild Republic». Das war auch einer der großen Gründe, warum mich die Serie besonders interessiert hat. Wir durften in so unglaublichen Landschaften in den Dolomiten drehen und lange Zeit davor schon intensiv die Locations scouten. Es war wahnsinnig schön, diese lange Zeit in den Bergen leben und arbeiten zu dürfen – das hat eine große Magie. Die Berge machen das, was sie wollen, und nicht was wir wollen. Das tut schon auch gut, auch wenn es sehr anstrengend war. Also, dass man in solchen Landschaften viel lieber dreht als im Studio ist zumindest für mich total klar.
Sie feierten auch mit «25 km/h» große Erfolge. Wie war die Zusammenarbeit mit Bjarne Mädel und Lars Eidinger?
Die Zusammenarbeit mit Bjarne und Lars war einfach top. Die Zwei haben den Figuren so viel von sich gegeben. Ganz am Anfang haben Oli Ziegenbalg (mein Produktionspartner bei der Sunny Side Up Film) und ich einen kleinen Konstellations-Probedreh angeleiert, Lars und Bjarne eingeladen und erst einmal mit ihnen schön Tischtennis gespielt. Zunächst haben sie uns so richtig abgezogen, dann war ganz schnell zu sehen, dass sie große Competition-Menschen sind (lacht) und dass sie als Brüder gut, nein super gut zusammen passen würden. Die beiden hatten gleich von Beginn an eine herrliche brüderliche Rivalität, eine gute positive Reibung und eine große Liebe irgendwie auch. Das erste Treffen war legendär. Genau so war es dann aber auch beim Dreh. Es gab gute Reibungen, viel Leidenschaft, und wir sind alle sehr warm und liebevoll mit uns und den Figuren umgegangen. Ich glaube, das ist dann auch auf der Leinwand zu spüren. Wir hatten eine sehr gute Zeit quer durch Deutschland. Klar gab es auch Tiefen, aber die forderten uns zu wachsen. Und das haben wir gemacht. Mit den Zweien war es ein Traum zu arbeiten.
Ab 26. Mai 2022 startet «Wild Republic» in der ARD-Mediathek. Können Sie uns sagen, worum es in der Serie geht?
In «Wild Republic» geht um eine Gruppe jugendliche Krimineller, die statt im Gefängnis auf einer Resozialisierungs-Maßnahme in den Bergen unterwegs sind. 8 Wochen raus aus ihrer Welt, raus aus ihrem Umfeld, ihrem gelernten Handeln und Reagieren. Rein in die Weite der Natur, in das Spüren des Eigenen Seins und das Erfahren von Verantwortung gegenüber anderen. Am Ende des zweiten Tages kommt es zu einem tragischen Unfall, als einer der Betreuer in der Nacht blutüberströmt und tot aufgefunden wird. Die Gruppe gerät in Panik, übermannt die restlichen Begleiter und flüchtet mit einer Sozialarbeiterin als Geisel in die Weiten der Berge.
Was für mich an «Wild Republic» so toll war, war, dass man in acht Folgen die unterschiedlichsten Figuren einführen konnte und musste. Wir haben in fast jeder Folge den Fokus auf nur eine Figur gesetzt, die uns dann durch die jeweilige Folge in Backflashes in ihre Vergangenheit und ihre Ausgangssituation mitgenommen hat und parallel dazu im Mittelpunkt des Hauptstranges in den Bergen war. So gab es immer einen besonderen Erzählfokus, obwohl so viele Charaktere unterwegs waren. Es war unglaublich spannend, so zu erzählen. Für mich super spannend war es überhaupt, eine TV-Serie zu machen, nachdem ich ja hauptsächlich Kinofilme gedreht hatte. Es war toll, in die Serien-Welt reinzuschnuppern! Wie funktioniert das? Wie unterscheiden sich das Erzählen und Regieführen bei einer Serie im Vergleich zum Kino? Ich komme aus Bayern und liebe die Berge, das war auch ein Grund, «Wild Republic» zu machen. Und dann natürlich das andere Genre, das Thriller-Genre zu bedienen. War schon top das Ganze.
Wie muss man sich eine Zusammenarbeit zwischen der Deutschen Telekom, WDR, arte, SWR und One vorstellen. Wollten alle Beteiligten kreativ mitdiskutieren?
Wenn ein Streamer, viele Sender und ein Weltvertrieb eine Serie mit in diesem Fall auch zwei Produktionsfirmen auf die Beine stellt, dann gibt es natürlich auch viele Menschen, die versuchen, diesen Inhalt mit ihrer Art und Weise mit zu beeinflussen. Das ist auch ihr Job. Es kommen also viele Meinungen und Bedürfnisse zusammen, die gehört, bedacht und bearbeitet werden müssen und sollen. Und natürlich hatten wir unterschiedliche Meinungen, unterschiedliche Gefühle und Auffassungen. Dadurch, dass die Runde so groß war, nahm das viel Raum ein. Aber das war wichtig für diese Serie. Wir hatten eine gute Kommunikation und konnten das Beste aus allen Welten rausfiltern. Die Zusammenarbeit wurde vor allem von X-Filme wahnsinnig gut koordiniert. Uwe Schott, federführend, war der Knaller. Beim Drehen selbst hatten wir dann die Freiheit, die es einfach braucht. Mit meist 12-18 Figuren vor der Kamera, den Bergen und der Witterung – das war ganz wichtig.
Wie war die mediale Berichterstattung bei der Telekom-Ausstrahlung im April 2021? Bekommen Sie durch die ARD-Ausstrahlung mehr mediale Präsenz? Und: Das Erste strahlt Ihre Serie in der ARD Mediathek ab 27.5. aus und linear die ersten vier Folgen am 3. Juni ab 22.15 Uhr, am 10. Juni die Folgen 5 und 6 ab 23.45 Uhr und am 17. Juni die Folgen 7 und 8 ebenfalls ab 23.45 Uhr. Arte sendet zudem auch in der Mediathek und linear. Hätten Sie sich mehr Mut von den Verantwortlichen gewünscht?
Wir haben damals beim Start der Serie auf Magenta TV sehr gute Presse und Kritiken bekommen. Das hat mich auch extrem gefreut. Leider kenne ich niemanden, der die Serie dann auf Magenta geguckt hat, einfach weil niemand, den ich kenne, Magenta hat. Ich weiß die Zahlen nicht, aber ich glaube die Auswertung bis hierhin ist sehr bescheiden. Und klar erhoffen wir uns von der Ausstrahlung in der ARD mehr. Wir haben so viel in die Serie reingesteckt. Es ist ganz bitter, dass gefühlt bis jetzt noch niemand die Serie gucken konnte. Wir hoffen sehr, dass das jetzt speziell mit den Ausstrahlungen in der ARD und in der ARD Mediathek gelingt. Die Serie hat absolutes internationales Format. Es muss einfach mehr gehen.
Sind Ihnen hohe Einschaltquoten und zahlreiche Kino-Besucher wichtig?
Na klar. Wir machen die Filme ja, um wichtige Themen und Gefühle in Menschen anzusprechen und auszulösen. Und nur wenn Leute ins Kino kommen oder den Fernseher einschalten, kann das passieren. Besonders in der Entwicklung der Stoffe ist das Thema „Wer sieht sich das an und wie vielen Leuten ist das zugänglich" ein besonders großes und das zurecht. Ich kann den wunderbarsten Film machen, aber wenn ihn keiner guckt, kann er auch niemanden bewegen oder inspirieren. Zudem ist die Arbeit an einem Projekt sehr zeitintensiv. Das geht von 2 bis manchmal wirklich 5 bis 6 Jahren. Wenn sich dann niemand das Ergebnis ansieht, sind die Arbeit und Energie und Zeit, die wir in das jeweilige Projekt gesteckt haben, für die Katz. Das macht keinen Sinn.
Die Dreharbeiten fanden vor knapp zwei Jahren statt. Wie sind Sie damals mit der Corona-Pandemie umgegangen?
Wir sind direkt in den Beginn der Pandemie gerutscht. Alles war neu. Viele Ängste, Sorgen prallten auf uns ein. Die Flashbacks haben wir in Köln noch in den Kasten bekommen, mitten im Studioteil musste aufgrund von Corona abgebrochen werden. Das war für alle wirklich schwierig, weil eben niemand wusste, was es bedeutet und wie es weiter gehen kann. Erstmal mussten alle nach Haus in die Isolation. X-Filme hat das als Produktionsfirma am meisten abbekommen. Aber zusammen mit den Partnern wurde ein gutes Konzept entwickelt und so konnten wir Ende Mai 2020 weiterdrehen. In Südtirol waren wir ja immer draußen an der Luft. Die Restriktionen wurden dann in dem Sommer auch gelockert. Das war dann easy. Wir wurden regelmäßig getestet und waren auch über die gesamte Drehzeit von 110 Drehtagen nie mit einem Corona-Fall im Team konfrontiert. Ein Thema, das wie ein Damokles-Schwert über uns hing, war es aber schon.
Vielen Dank für das Gespräch!
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