Fußball-Fans kommen dieser Tage voll auf ihre Kosten, denn nicht nur stehen die letzten Entscheidungen der Saison auf dem Programm, alle Spiele wurden und werden sogar im Free-TV übertragen. In der vergangenen Woche durften sich Fans des runden Leders an vier aufeinanderfolgenden Tagen am Lieblingssport der Deutschen erlaben – ganz zur Freude der übertragenden Sender. Den Anfang machte am Mittwoch der Kölner Sender RTL, der das Europa-League-Finale zwischen Eintracht Frankfurt und den Glasgow Rangers übertrug. Bereits die Übertragungen der Halbfinals mit Beteiligung der SGE sorgten für sagenhafte Quoten, die nun noch einmal getoppt wurden.
In der regulären Spielzeit saßen in der zweiten Halbzeit über 9,5 Millionen Zuschauer vor dem Fernseher, was RTL herausragende 41,6 Prozent Marktanteil bescherte, in der Zielgruppe lag der Wert sogar bei phänomenalen 52,9 Prozent, also mehr als jeder zweite. Zwar wurde die Reichweite im weiteren Spielverlauf in Verlängerung und Elfmeterschießen nicht ganz aufrechterhalten, doch die Entscheidung vom Punkt verfolgten noch immer 9,35 Millionen Zuschauer. Zur Erinnerung: Das Elfmeterschießen begann 20 Minuten vor Mitternacht. Dementsprechend stieg auch die Sehbeteiligung bei den 14- bis 49-Jährigen auf 57,7 in der Verlängerung und 63,7 Prozent beim Elfmeterschießen. Auch das «RTL Nachjournal» profitierte im Anschluss an die Siegerehrung massiv und fuhr mit 24,2 Prozent einen neuen Jahresbestwert ein. Immerhin verfolgten das Nachrichtenprogramm noch 1,29 Millionen Zuschauer. Das ist keine Selbstverständlichkeit, denn Fußball-Publikum schalten in der Regel nach den Spielen recht zügig ab. Davon kann Sat.1 ein Lied von singen, das am Donnerstag und Freitag ebenfalls Live-Fußball im Programm hatte.
Die Relegation zur 1. Bundesliga spielen in diesem Jahr Hertha BSC und der Hamburger SV aus, das Hinspiel sorgte für 4,59 und 5,39 Millionen Zuschauer, die Marktanteile lagen bei 17,0 und 21,1 Prozent. In der Zielgruppe markierte der Bällchensender tolle 19,1 und 23,2 Prozent. Warum man danach, die Übertragung endete kurz nach 23 Uhr, die absehbar guten Quoten nicht nutzen wollte, wird das Geheimnis von Daniel Rosemann bleiben. Stattdessen zeigte man zwei Wiederholungen des Formats «110 Notruf Autobahn!». Die Quoten stürzten auf schwache 5,9 und 5,1 Prozent ab. Auch am Freitag war Sat.1 nicht gewillt das Publikum länger als die Fußballübertragung bei der Stange zu halten. Die Zweitliga-Relegation zwischen den beiden Traditionsklubs aus Kaiserslautern und Dresden sorgten in der Zielgruppe für 12,9 und 13,3 Prozent Marktanteil – für Sat.1 sind dies gute Werte, ob die Verantwortlichen mit ihrem Aushängeschild Fußball dann doch mehr wollten, steht auf einem anderen Blatt. Zumal man sich der Tanzsportunterhaltung geschlagen geben musste, die es bei RTL zu bewundern gab. Dort sorgte das «Let’s Dance»-Finale für fast doppelt so hohe Werte. In der Zielgruppe verharrten 24,1 Prozent der 14- bis 49-Jährigen bis 0:26 Uhr vor dem Fernseher. Auch das anschließende «Exclusiv Spezial» sorgte mit 21,7 Prozent für einen guten Audience-Flow. Sat.1 setzte lieber auf «Knallerkerle» und ging mit 2,7 Prozent Marktanteil völlig baden. Auch hier erschließt sich die Senderstrategie nicht wirklich, es mangelt offensichtlich nicht nur an der strategischen Fähigkeit, auch das Angebot gibt derzeit nicht viel mehr her als Wiederholungen. Auch in der regulären Primetime setzten die Rosemann-Sender am späten Abend zunehmend auf Zweit-, Dritt oder gar Viertwertungen (siehe «Club der guten Laune» bei Sat.1 und sixx).
Am Samstag standen dann noch zahlreiche Pokalentscheidungen im Ersten an. Klar, am Abend dominierte das DFB-Pokal-Finale zwischen Freiburg und Leipzig mit 8,10 Millionen Zuschauern und Markanteilen von 32,4 und 37,5 Prozent die Primetime. Tagsüber tat sich Das Erste mit den einzelnen Konferenzen zum Finaltag der Amateure aber bedeutend schwerer. Die erste Konferenz, gestartet um 12:15 Uhr sorgte lediglich für 3,6 und 3,2 Prozent bei den Jüngeren, der zweite Teil steigerte sich dann auf solide 6,8 Prozent, zur dritten Konferenz ab 16:15 Uhr entschied sich dann schon 11,7 Prozent des 14- bis 49-jährigen Fernsehpublikums für die besten Amateur-Fußballer des Landes.
Allein die vergangene Woche zeigt, dass Fußball kein Selbstläufer mehr ist. Klar, ein Spiel zwischen dem 16. der 2. Bundesliga und dem Dritten der 3. Liga ist nicht für jeden ein Fußball-Fest, sorgte aber dennoch für verhältnismäßig gute Quoten. Dennoch dürfen sich die Sender nicht nur auf den deutschen Volkssport verlassen. Auch Das Erste tat sich im Anschluss an die Übertragung aus dem Olympiastadion mit den «Tagesthemen» keinen Gefallen. Im Anschluss lief es in der sogenannten „Todeszone“ für einen alten «Zürich-Krimi» ebenfalls bescheiden. Das dürfte eine Viertelstunde nach Mitternacht aber weitaus weniger ins Gewicht fallen als am Freitagabend um 23 Uhr. Dass um diese Uhrzeit weiterhin ein Millionenpublikum vor dem Fernseher verweilen kann, bewies zeitgleich zur Sat.1 die Kölner Konkurrenz von RTL.
Ein Blick auf die anderen Sender
Mit 19,3 Prozent Marktanteil schrammte «Joko & Klaas gegen ProSieben» am Dienstag haarscharf an einem neuen Allzeit-Rekord vorbei, der im vergangenen Dezember aufgestellt wurde und bei 19,4 Prozent in der Zielgruppe liegt. Dennoch übertrumpften die beiden Comedians im Duell mit ihrem Sender die interne Konkurrenz von «Germany’s Next Topmodel» bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr. Heidi Klum hatte allerdings auch mit der starken Fußball-Konkurrenz um die besten Quoten zu kämpfen. Bei VOX besorgte wieder «Die Höhle der Löwen» sehr gute Werte von 15,6 Prozent, die am Montag den Weg zum Sender mit der roten Kugel fanden. Auch «Mälzer und Henssler liefern ab!» feierte am gestrigen Sonntag mit 11,0 Prozent ein gelungenes Comeback.
Auch bei RTLZWEI gab es Erfolge in der zurückliegenden Woche zu feiern. So bestätigte der Geissens-Neustart «Davina & Shania» den Auftakt-Erfolg und erreichte erneut für RTLZWEI-Verhältnisse sehr gute 6,7 Prozent. Dem Fußball am Mittwoch trotzte auch «Kampf der Realitystars». Die Reality-Show musste zwar mit 7,0 Prozent die niedrigste Quote in der Zielgruppe hinnehmen, verbesserte aber seine Reichweite von zuletzt 0,87 auf 0,95 Millionen Zuschauer ab drei Jahren.
Wie lief es beim Öffentlich-Rechtlichen?
Was ist mit dem ZDF am Donnerstagabend los? Anfang des Jahres war es für den Mainzer Sender noch der Sendeplatz schlechthin, doch seit «Die Bergretter» und «Der Bergdoktor» nicht mehr das Programm füllen sinken die Einschaltquoten stetig. Mit der Performance von «Lena Lorenz» kann man noch zufrieden sein, doch bereits bei der Hebammen-Serie verschwand das junge Publikum. Mit «Doktor Ballouz» hielt der Schwund auch bei den älteren Zuschauern Einzug. Nun ist «Wendehammer» in der zurückliegenden Woche an einem neuen Tiefpunkt angekommen. Weniger als zwei Millionen Zuschauer wollten die deutsche Version der Wisteria Lane sehen. Der Marktanteil belief sich zur besten Sendezeit nur auf magere 7,5 und 7,1 Prozent. Bei den jungen Zuschauern standen lediglich 3,0 und 3,4 Prozent zu Buche – deutlich zu wenig, das Gegenprogramm mit Live-Fußball eingerechnet.
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