Interview

Benedikt Frey: ‚Samsung TV Plus ist primär ein FAST Service‘

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Seit dem Jahr 2016 haben die Kunden von Samsung-Geräten die Möglichkeit, den eigenen Streamingdienst zu nutzen. Neben Unterhaltung gibt es auch Zugang zu Nachrichten. Benedikt Frey erklärt das Geschäftsmodell.

Hallo Herr Frey, Sie sind bei Samsung für den Bereich „Country Lead“ für den Service „TV Plus“ verantwortlich. Was kann denn dieser Dienst und wie viele Nutzer haben Sie derzeit?
Wir haben Stand heute rund zehn Millionen Samsung Smart-TVs im deutschen Markt, davon sind zirka drei Millionen Zuschauer regelmäßige Nutzer von Samsung TV Plus. Dazu kommt noch eine zusätzliche Reichweite, die wir über die Samsung Smartphones und Tablets erzielen.

Samsung TV Plus ist primär ein FAST Service, die User Experience gleicht also der des linearen Fernsehens, wo Inhalte zu spezifischen Zeiten ausgestrahlt und quasi live gestreamt werden. Zusätzlich sind über Samsung TV Plus aber auch AVOD Inhalte verfügbar, wo pro Kanal eine Mediathek mit einer limitierten Zahl von Inhalten on-demand, also zum vom Nutzer gewählten Zeitpunkt gestreamt werden kann.

Kann man Samsung TV Plus mit einem iPhone anschauen oder mit dem Fire TV-Stick? Oder konzentrieren Sie sich auf Mehrwerte für Ihre Hausmarke Samsung?
Wir betrachten Samsung TV Plus als einen Added Service, eine Art Bonus, die wir den Samsung Smart-TV Nutzer*innen kostenlos zur Verfügung stellen. Dadurch haben sie Zugang zu mehr als 110 werbegestützten Kanälen und können so die Vielfalt eines Connected-TV-Gerätes erleben, ohne dafür kostenpflichtige Streamingdienste abonnieren zu müssen. Die Vielfalt von Samsung TV Plus bieten wir nicht nur auf den Smart-TVs an, sondern auch auf unseren Smartphones und Tablets. Wir konzentrieren uns also mit diesem Service auf die Hausmarke Samsung, wie Sie es nennen.

Sie betreuen inzwischen über 110 verschiedene Kanäle. Können Sie uns ein paar besondere Angebote nennen?
Ich möchte ganz besonders unsere hauseigenen Owned & Operated Channels hervorheben. Bspw. den Kanal „Wilder Planet“, der im Genre Nature and Wildlife angesiedelt ist. Es ist übrigens mein ganz persönlicher Ehrgeiz, aus diesem Kanal den Benchmark-Channel für Nature- und Wildlife-Themen zu kreieren. Mit dem Kanal “Mystery Krimi” sprechen wir ein breites Publikum an und haben dafür Inhalte von Paramount und Palatin Media lizenziert. Seit April dieses Jahres bringen wir zusammen mit Koch Films „Cine Mix“ auf den Weg. Hier zeigen wir aktuelle Filme und veranstalten Free-TV Premieren.

Aber auch auf allen anderen Samsung TV Plus-Channels bieten wir einiges an „Schmankerln“, wie man hier bei uns in Bayern sagen würde. Wir wollen unseren Zuschauern nicht die hundertste Wiederholung liefern, sondern frische Inhalte.

Es gibt ja viele kleinere Produktionsfirmen, die ein ungeheures Archiv an Material haben. Wie teuer ist denn die Verbreitung eines eigenen Kanals?
Wenn wir von Owned & Operated sprechen, bewegen wir uns auf einem sehr hohen Preisniveau. Das ist uns bewusst. Unser Ziel ist es, Top-Content, auch von den großen Studios und Major Studios, anzubieten.

Für Dritt-Partner, das sind die überwiegende Anzahl der Channels, ist es relativ leicht technisch angebunden zu werden, natürlich auch verhältnismäßig kostengünstig. Dies kann entweder über einen technischen Dienstleister oder direkt über Samsung laufen. Aus meiner Sicht bietet Samsung TV Plus so jeder, egal ob groß oder klein, Produktionsfirma eine sehr gute Möglichkeit Content zu monetarisieren.

Durch das Streaming haben Sie auch die Sehgewohnheiten der Nutzer? Was machen Sie mit diesen Daten? Werden so die Senderreihenfolgen geordnet? Verkaufen Sie die Daten weiter?
Zunächst möchte ich betonen, dass wir bei Samsung uns sehr genau an die Richtlinien der DSGVO halten. Wir haben erst kürzlich eine neue Content-Management-Plattform eingeführt, die Verbrauchern eine verbesserte Kontrolle über die Verwendung ihrer Daten ermöglicht und dadurch bei Werbetreibenden Vertrauen darauf aufbaut, dass die Rechte der Verbraucher vollumfänglich geschützt werden. Darüber hinaus arbeiten wir mit der ACR-Technologie. Diese Technologie erkennt in Übereinstimmung mit den DSGVO-Richtlinien und nur auf Geräten, die der Datenerhebung zugestimmt haben, welche Inhalte geschaut werden. So erstellen wir einen skalierbaren, deterministischen Datensatz, der lineare Sehgewohnheiten, Gaming-Verhalten und App-Nutzung auf Smart-TVs umfasst. Dieser kann für Targeting, Analysen, Reporting und zum Aufbau inkrementeller Reichweiten genutzt werden. Wir beobachten innerhalb unserer Branche verstärkte Entwicklungen, die auf eine Verbesserung der Transparenz und Messbarkeit abzielen. Das gemeinsame Ziel dieser Initiative ist es, die Zusammenführung der Datensätze zu ermöglichen und gleichzeitig die Standardisierung und Kompatibilitätsförderung in der programmatischen CTV-Landschaft zu fördern. Das ist ein wichtiger Fortschritt, an dem wir aktiv mitarbeiten. Unsere First-Party-Daten verkaufen wir selbstverständlich nicht weiter.

Kommen wir zu den Fast-TV-Kanälen: Warum ist Deutschland hier nicht auf Augenhöhe mit anderen Ländern?
Da müssen wir etwas differenzieren. Deutschland ist, gemeinsam mit Großbritannien, der stärkste europäische Markt in diesem Bereich. Allerdings sind unsere Kollegen in den Vereinigten Staaten uns hier, wie in vielen anderen Bereichen auch, ein paar Schritte voraus, natürlich getrieben durch cord cutting, also durch Haushalte, die zwar einen Fernseher besitzen, aber keine TV-Signale mehr über einen klassischen Anbieter empfangen. Free-To-Air ist in Deutschland einfach sehr attraktiv und verhältnismäßig billig.

Sie haben unter anderem eine Partnerschaft mit ITV. Wie sieht diese aus und wie nützt es beide Seiten?
Unser Ziel und auch unsere Strategie besteht darin, mit allen großen Contentproduzenten in jedem Land / in jeder Region zusammenzuarbeiten. Wir sehen, dass Inhalte, die dem Publikum „vertraut“ sind, sehr gut funktionieren. Dadurch können wir den Partnern zusätzliche inkrementelle Reichweiten liefern. ITV Studios hat sich mit uns zusammengetan, um FAST-Channels auf die Samsung TV Plus-Plattform zu bringen, darunter einen „«Hells Kitchen»-Binge-Channel“ für Großbritannien sowie „Story Lands“ mit den besten europäischen Dramen. Das ist eine sehr erfolgreiche Partnerschaft und wir hoffen, dass wir sie in Zukunft noch weiter ausbauen können und werden, sowohl in Großbritannien als auch auf den anderen europäischen Kanälen von Samsung TV Plus.

Beim Streamingdienst Peacock ist die Playlist der TV-Show «Today» sehr beliebt. Sehen Sie Potenzial, dass beispielsweise das «Sat.1 Frühstücksfernsehen» einen eigenen Streamingkanal auf die Beine stellen sollte?
Prinzipiell denke ich, dass News, Nachrichtensendungen im Allgemeinen, ein großes Thema für jeden Player im Markt sind. Wir haben mit Euronews, BBC, CNN und Bloomberg schon einiges an sehr, sehr wertigen Sendern im Portfolio und werden auch hier die lokalen Angebote ausbauen. Ob es in Zukunft auch eigene produzierte Shows oder Formate geben wird, bleibt abzuwarten.

Klar ist aber, dass Streaming, sprich der IP-basierte Übertragungsweg zum Endkunden, in Zukunft immer wichtiger wird und in Teilen auch schon die Gegenwart ist.

Sie sind ein kostenloser Dienst, haben aber zum Teil Werbung. Von Luft und Liebe werden Sie doch sicherlich nicht bezahlt, wo ist der Haken?
Wie die Definition von FAST und AVOD schon besagen, sind wir 100 Prozent werbefinanziert. Ich denke im Kontext von „Subscription Fatigue“ oder Abonnementsmüdigkeit werden diese Modelle weiter wachsen. Die Zuschauer sind einfach nicht bereit, mehr als drei bis vier Streaming-Abos zu bezahlen. Um diese Beobachtung genauer zu untersuchen, hat Samsung Ads im vergangenen Jahr in fünf europäischen Ländern in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut IPSOS die folgende Studie durchgeführt: „Der Connected TV-Zuschauer 2021“. Die Antworten der mehr als 5.000 befragten Zuschauer bestätigen, dass die User bereit sind, Werbung im Austausch für kostenlose Inhalte in Kauf zu nehmen. Mit Blick auf die prognostizierte wirtschaftliche Entwicklung wird sich daran auch in den kommenden Monaten wenig ändern.

Mir persönlich ist ein gutes Miteinander aller Businessmodelle wichtig. Unser Geschäftsmodell zwischen klassischem Free-TV und Abo-Streaming ist sehr gut positioniert. Was spricht denn dagegen, wenn die Zuschauer sich aus einem sehr breiten Angebot den besten Mix aus traditionellem TV, SVOD und AVOD- und FAST-Channels zusammenstellen? Ich persönlich konsumiere selbst TV auf allen Kanälen und in allen Bereichen.

Sie haben mit Sicherheit auch die zahlreichen Konkurrenten im Blick. Welche Dienste sind aktuell die Gewinner, wer gehört zu den Schlusslichtern? Und warum?
Der AVOD- und FAST-Markt ist aktuell sehr dynamisch und es gibt viele spannende Entwicklungen. Jeder Player, der mithilft, den Markt aufzubauen, zu erweitern und damit das Gesamtvolumen zu steigern, ist gerne gesehen.

Wenn dies weiterhin so wie jetzt gelingt, haben alle Spaß in diesem Umfeld. Und das Wichtigste – der Kunde bekommt sehr guten Content quasi zum Nulltarif. Und unsere Partner können ihre Channels noch besser monetarisieren als heute schon.

Vielen Dank für das Gespräch!

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