Nicht nur im linearen Fernsehen zählt «The Big Bang Theory» zu den Dauerbrennern von ProSieben, sondern auch im Streaminggeschäft ist die US-Sitcom, die es zwischen 2007 und 2019 auf zwölf Staffeln und 279 Episoden brachte, ein gefragter Titel. Beide Big Player, Netflix und Prime Video, haben die Serie im Angebot, sodass sie in den ersten fünf Monaten des Jahres laut den Marktforschern von Goldmedia 51,3 Millionen Mal abgerufen wurde – Topwert in den Streamingcharts. Auffällig bei den Werten ist: Keine andere Sendung aus den Top10 hat so ein ausgeglichenes Publikum. 51 Prozent der Zuschauer sind weiblich. Bei «Haus des Geldes» und «The Walking Dead», die mit 50,3 Millionen und 46,4 Millionen die Plätze zwei und drei belegen, ist das Publikum tendenziell eher männlich, wobei die spanische Netflix-Reihe zu 41,4 Prozent aus Frauen besteht und die Zombie-Serie einen Frauenanteil von 46,9 Prozent aufweist. «Big Bang» liegt im Altersschnitt zwischen den beiden Titeln. Die Streamingnutzer, die sich für die Nerds um Sheldon und Co. interessieren sind 33,8 Jahre alt, wohingegen «Haus des Geldes» nur 31,9 Jahre sind. «The Walking Dead», immerhin auch schon seit 2010 auf Sendung ist dagegen mit 39,5 Jahren im Schnitt etwas älter, in den Top10 ist es gar die älteste Reihe.
Ein besonders junges Publikum zieht «The Office» an, das mit 30,1 Millionen Views den zehnten Platz seit Jahresbeginn belegt. Hiervon sind die Zuschauer im Durchschnitt erst 27,4 Jahre alt, was durchaus bemerkenswert ist, schließlich feierte die US-Version vor 17 Jahren ihre Premiere im Fernsehen, der Durchschnittszuschauer von heute war damals also erst zehn Jahre alt. Netflix hatte sich zu Jahresbeginn die Ausstrahlungsrechte gesichert und ist mit der Serie immer wieder in den Wochencharts vertreten. Ähnlich jung ist auch das Publikum von «Grey’s Anatomy», das im Schnitt 29,6 Jahre alt ist. Während aber bei «The Office» der Frauenanteil bei gerade mal bei 43,3 Prozent liegt, liegt die Krankenhause-Reihe bei 79,1 Prozent. Dieser Anteil wird nur von «Bridgerton» getoppt, das auf stolze 88,1 Prozent kommt. Das Historien-Drama von Shondaland zählte in diesem Jahr 39,0 Millionen Abrufe, wobei allein die zweite Staffel, die Ende März erschien, 27,9 Millionen Mal geklickt wurde und damit Platz zwei im Ranking der einzelnen Staffeln belegt. Getoppt wird diese Staffel nur von der zweiten «The Witcher»-Runde, die 29,6 Millionen Mal abgerufen wurde. Insgesamt belegt «The Witcher» mit 34,9 Millionen Views den sechsten Platz im bisherigen Jahresranking.
Netflix untermauert ohnehin eindrucksvoll seine Vormachtstellung auf dem Streamingmarkt. Neun der zehn Top10-Titel sind beim Streamingdienst aus Los Gatos verfügbar – entweder exklusiv oder zusätzlich. Einzig «Grey’s Anatomy» wird überwiegend bei Disney+ konsumiert. Auch in den Staffel-Charts ist Netflix Vorreiter und stellt sechs der zehn Spitzenplätze. Die zweite «Star Trek: Picard»-Season (32,9 Mio.) von Amazon Prime Video vervollständigt die Top3 mit «The Witcher» und «Bridgerton». Etwas überraschend tauchen auf Platz fünf (25,3 Mio.) und sieben (23,9 Mio.) auch zwei «Vikings»-Serien auf, zum einen die erste Staffel der Mutterserie sowie die Premierenrunde des Ablegers «Vikings: Valhalla». Zu erklären ist das mit starken Synergieeffekten, die gerade bei Netflix-Titeln auftreten. Wenn der Streamer viel in die Promotion einer neuen Reihe steckt, fällt meist auf die ältere Serie etwas ab – den Algorithmen sei Dank, der die neuen Zuschauer zu den alten Inhalten führt. Auch Netflix-Hit «Squid Game» hat es auf den letzten Drücker mit 16,4 Millionen Aufrufen noch in die Staffel-Charts gepackt.
Auch im Bereich Film ist Netflix ein Big Player, doch die Spitzenposition geht an den Oscar-prämierten Animationsfilm «Encanto» aus dem Hause Disney+. Die Geschichte wurde 13,4 Millionen Mal angeklickt. Doch auch Netflix dürfte mit der Performance seiner Eigenproduktionen zufrieden sein, denn auf Rang zwei folgt «The Adam Project» mit 13,410,2 Millionen und «Don’t Look Up» auf Rang fünf mit 7,9 Millionen. Außerdem überzeugte der «Tinder Swindler» auf Platz sechs mit gut sieben Millionen Views. Doch auch auf Lizenzware können sich die Kalifornier verlassen, denn der Zukauf von «Harry Potter» machte sich bislang sehr bezahlt. Anfang des Jahres dominierte die Franchise die eigenen Charts und auch in den Top10 von Goldmedia landen «Harry Potter und der Feuerkelch» (Platz zwei, 10,2 Mio.) und «Harry Potter und der Gefangene von Askaban» (Platz acht, 6,98 Mio.).
Aufhorchen lässt zudem das umstrittene polnische Erotikdrama «365 Tage», das trotz negativer Kritiken 9,52 Millionen Abrufe zu Netflix spülte. Ebenfalls bemerkenswert ist die Tatsache, dass mit «James Bond 007: Keine Zeit zu sterben» ein Kauftitel in die Top10 vorgedrungen ist. Der letzte Bond-Film mit Daniel Craig, der bei Amazon Prime Video noch immer rund 17 Euro kostet, wurde etwas mehr als sechs Millionen Mal angeschaut.
Sowohl im Bereich Serien als auch bei den Filmen dominiert Netflix das Feld und unterstreicht, dass man trotz zuletzt sinkender Abonnenten und eines gefallenen Aktienwertes ein stabiles Fundament aus Eigen- und Lizenzware gebaut hat. Das wird sich auch bis zum Jahresende nicht ändern und sicherlich durch Titel wie «Stranger Things» oder «Ozark» noch deutlicher werden. Dass dem Streamingmarkt eine natürliche Wachstumsgrenze gesetzt ist, ist nur logisch, schließlich drängen immer mehr Dienste auch hierzulande auf den Markt und haben so bereits für ein Umdenken bei den Verantwortlichen gesorgt. Einst schloss man dort eine werbeunterstützte Version des Dienstes kategorisch aus, doch die schlechten Quartalszahlen und die Strategien der anderen Streamer haben die Augen geöffnet, sodass man schon bald mit einem AVOD-Angebot aufwarten möchte. Eines macht die Analyse der Zahlen aber auch klar: Die Konkurrenz schläft nicht, sei es Amazon mit dem Kauf von MGM oder Disney, das mit dem «Star Wars»-Universum und beliebten Animationsfilm einige heiße Eisen im Feuer hat. Spannend dürfte zudem die Performance der «Herr der Ringe»-Serie «Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht» bei Prime Video werden sowie der HBO-«Game of Thrones»-Ableger «House of the Dragon», den hierzulande Sky und dessen Streamingdienst WOW ausstrahlen wird. Sicherlich dürfte vor allem der Amazon-Titel in die vorderen Bereiche der Top10-Seriencharts am Ende des Jahres vorgedrungen sein.
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