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DARSTELLER: Josh Hartnett, Arsher Ali, Grégory Montel, Leila Farzad, Jerry Killick, Aïssa MaïgaREGIE: David Caffrey
DREHBUCH: Caroline Bartleet, Paul Andrew Williams, Matthew Billingsley (eine Episode) nach einem Skript von Robert Harris
MUSIK: Kieran McGuigan
SCHNITT: Mark Davis, Lorene Dewett, Dermot Diskin
PRODUKTIONDESIGN: Kevin Phipps
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Josh Hartnett ist auf jeden Fall Dr. Alex Hoffman, ein ehemaliger CERN-Wissenschaftler, der die edle Forschung an den Nagel gehängt hat, um reich zu werden. Also hat er eine Firma gegründet, die die Aktienmärkte aufmischen will gegründet. Die eigentliche treibende Kraft hinter der Gesellschaft ist der Londoner Geschäftsmann Hugo Quarry, der Alex' Genialität auch jenseits des Forschungslabors entdeckt und ihn zur Gründung des eigenen Unternehmens überredet hat. Ihr gemeinsames Ziel: Die Entwicklung eines Algorithmus, der perfekt auf Kursschwankungen reagiert und aus diesen ein Maximum an Profit generiert. Nun ist es soweit, den Algorithmus finanzstarken Investoren präsentieren zu können, mit deren Power Hugo und Alex den Finanzmarkt umzukrempeln gedenken. Vixal-4 lautet der Name des Algorithmus, der darauf basiert, dass er die Angst an den Börsen misst. Denn das ist Alex' Theorie. Kapitalismus basiert auf Gier. Wachstum basiert auf Gier. Gier ist der Faktor, der die Wirtschaft am Leben erhält. Gier aber erzeugt auch Angst. Die Angst, etwas zu verlieren. Es heißt nicht umsonst, dass Märkte auf eine unerwartet schlechte Nachricht „nervös“ reagieren. Angst ist der unterschätzte Faktor, über den niemand redet, da Angst nach Schwäche klingt. In Wahrheit ist es die Angst, die das System am Leben erhält. Alex hat einen Algorithmus entwickelt, der diese Angst voraussagen kann und sie entsprechend in Investments umzusetzen versteht. Langfristige Investments, kurzfristige Investments, egal: Hauptsache, sie generieren Gewinne.
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Die Besetzung der Hauptrolle mit Josh Hartnett ist ein Glücksfall. Hartnetts schien eine ganz große Karriere bevorzustehen. Mit 23 verkörperte er 2001 die Figur des Danny Walker in «Pearl Harbor» neben Hollywoods damals neuem Traumboy Ben Affleck. Während Affleck sicher einige Höhen und Tiefen durchlebt hat, gehört er, allen Unkenrufen zum Trotz, zur A-Liga der Traumfabrik. Hartnett indes hat nie wieder einen solchen Moment wie 2001 im Rampenlicht erlebt. Er hat gute Filme und Serien gedreht. Und er hat in Werken mitgewirkt, die jenseits jeden Radars verschwunden sind. In «The Fear Index» darf er einmal mehr belegen, dass seine holprige Karriere nicht einem eher übersichtlichem Talent geschuldet wäre. Hartnett steht in 90 Prozent aller Szenen im Mittelpunkt und er ist es, der so einige handwerkliche Stolperer in der Inszenierung übersehen lässt, indem er sie souverän überspielt.
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… kann man sich nie wirklich sicher sein, ob Alex gerade einen psychischen Zusammenbruch erfährt der jenen Wahn auslöst, dass dass Vixal-4 eine Art von Bewusstsein erlangt hat – oder ob Vixal-4 tatsächlich mehr ist als nur eine ziemlich intelligente Ansammlung von Nullen und Einsen. Hartnett stellt Alex' Tour de Force mit dunklem Verve dar, schließlich ist sich Alex bewusst, dass er gerade einen psychischen Zusammenbruch erlebt. Der steht außer Frage. Bedeutet das aber, dass er auch verrückt geworden ist? Und wenn ja: Wann hat das alles begonnen – siehe das Buch, das schon vor Wochen ersteigert wurde. Hartnett rennt, stolpert, flieht. Vor der Polizei, die bald schon glaubt, dass er in ein ganz reales Verbrechen verwickelt ist. Aber auch vor – Vixal-4? Alex weiß es nicht. Aber zu wissen, dass der Verstand aussetzt, aus welchen Gründen auch immer, diese Panik lässt sich in nahezu jeder Szene mit Händen greifen.
Damit rettet der Hauptdarsteller die Serie, die eindeutig Probleme in der Umsetzung der Actionszenen hat. Action findet zwar nur in übersichtlichen Dosierungen statt und dann meist sehr konfrontativ (etwa Mann gegen Mann), aber diese Szenen wirken nie wirklich dynamisch. Weder Kamera noch Montage finden ein Konzept, um etwa auf einem engen Raum wirklich so etwas wie Tempo oder eine Bedrohungslage zu erschaffen. Die handelnden Personen wirken in solchen Spannungsmomenten nicht selten wie Schauspieler des Epischen Theaters nach Brecht, bei dem die Darsteller auf der Bühne herumstehen und emotionslos verbleiben, um die Zuschauerschaft nicht vom schrecklich wichtigen Inhalt abzulenken. Auch in der Schauspielführung fehlt es an Beweglichkeit.
Neben Hartnetts hervorragendem Spiel, das die Inszenierung trägt, sei positiv die Kürze der Serie anzumerken. Vier Episoden? Das wären in den 80er und 90er Jahren zwei 90-Minuten-Filme gewesen. Die Handlung ist nicht gezwungen, Nebenkriegsschauplätze zu eröffnen, um eine Anzahl von sieben, acht, zehn Episoden mit Inhalt zu füllen, stattdessen darf sich der Fokus ganz auf Alex' Kampf gegen den Algorithmus konzentrieren. Oder auf die Frage, ob Alex sich das alles nur einbildet.
Fazit: Die Geschichte ist schlüssig, der Hauptdarsteller ein echter Leading Man, jedoch hapert es manchmal in der handwerklichen Umsetzung. Statt High Concept bietet die Serie in diesem Segment im besten Fall Hausmannskost.
«The Fear Index» ist bei Sky abrufbar.
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