Die Kritiker

«Against the Ice»

von

Zwei Männer auf einer Mission in einer lebensfeindlichen Umgebung: Das sind die Ingredenzien eines Abenteuerfilmes. Aber ist der auch packend? «Against the Ice» beantwortet diese Frage bedauerlicherweise mit einem „nein“. Schuld daran ist seine eiskalte Langeweile.

Stab

Dänemark / Island 2021
REGIE: Peter Flinth
DREHBUCH: Nikolaj Coster-Waldau, Joe Derrick
PRODUKTION: Nikolaj Coster-Waldau, Baltasar Kormákur
MUSIK: Volker Bertelmann
KAMERA: Torben Forsberg
SCHNITT: Morten Højbjerg
DARSTELLER: Nikolaj Coster-Waldau, Joe Cole, Heida Reed, Charles Dance, Ed Speleers, Diarmaid Murtagh, Gísli Örn Garðarsson
Dänemarks Schauspielstar Nikolaj Coster-Waldau spielt nicht nur die Hauptrolle in diesem größtenteils in Island entstandenem Spielfilm. Er hat auch das Drehbuch verfasst und die Produktion zusammen mit Islands Regiestar Baltasar Kormákur angeschoben. Über Jahre haben sie Finanziers für das Projekt gesucht, bis Netflix schließlich zugeschlagen hat. Nikolaj Coster-Waldaus Begeisterung für die Geschichte ist eng mit ihrem Protagonisten, dem dänischen Polarforscher Ejnar Mikkelsen verbunden. Bereits im Alter von 20 Jahren hat der 1900 an einer ersten Polarexpedition teilgenommen. Berühmt wurde er allerdings in seiner Heimat 1912, nach dem Ende einer drei Jahre andauernden Expedition, die eigentlich gar nicht als solche geplant gewesen ist...

«Against the Ice» beginnt inmitten dieser Alabama-Expedition. Ejnar Mikkelsen ist Kapitän des Schoners Alabama, der im grönländischen Eis festliegt. Seine Mission: Die Suche nach Ludvig Mylius-Erichsen. Wir schreiben das Jahr 1910 und eben dieser Ludvig Mylius-Erichsen ist vor vier Jahren zu einer Expedition aufgebrochen, die die Größe Dänemarks manifestieren soll. Die USA nämlich stellen an Grönland Gebietsansprüche, denn in Washington geht man davon aus, dass ein Teil Nordgrönlands durch einen Kanal vom Rest der Insel abgetrennt ist. Dies wäre demnach eine eigene Insel, die nie zu Dänemark gehört hat und den Amerikanern die Möglichkeit eröffnet, sich ein Stück der Arktis zu sichern, einer Region, in der Dänen und Briten das Geschehen dominieren. Mylius-Erichsen ist mit einer Expedition aufgebrochen, Grönland zu kartografieren und nebenbei zu belegen, dass es diesen Kanal, der die Insel in zwei Teile trennt, gar nicht gibt, sondern auf den Fehler eines amerikanischen Walfängers zurückgeht, der in der Region Wale gejagt und auf einer Kartenzeichnung diesen Kanal eingetragen hat. Einen Kanal, der aber auf anderen existierenden Seekarten nicht auftaucht.

Inzwischen sind vier Jahre vergangen, ein Jahr ist die Alabama selbst schon unterwegs - und es setzt sich die Erkenntnis durch, dass die Mylius-Erichsens Expedition offenbar verschollen ist. Die Alabama hat den Auftrag erhalten, etwaige Überlebende aufzunehmen. Doch alle mit dem Schiff erreichbaren Orte, an denen Überlebende auf ihre Rettung hätten warten können, sind verlassen. In dieser Situation trifft Kapitän Ejnar Mikkelsen eine Entscheidung: Er wird einerseits mit Schlitten den Spuren der Expedition in den Nordosten folgen – immer in der Hoffnung, Überlebende zu finden. Für den Fall aber, dass es keine Überlebenden gibt, wird er ihre Mission beenden und eine Antwort darauf liefer, ob die Amerikaner Ansprüche an Grönland stellen können – oder nicht? Mit dem Seemann Iver Iversen begibt er sich auf die Reise ins Eis.

Das ist die Handlung. Zwei Männer im Schnee. Sicher, es passieren hin und wieder Dinge, die etwas Dramatik in die Story einfließen lassen. Etwa verlieren die beiden relativ früh einen Schlitten samt einiger Hunde, was nicht nur das Fortkommen erschwert: So dienten die Schlittenhunde früheren Arktisforschern auch als Nahrung. Mehr aber geschieht wirklich nicht. Ejnar und Iver unterhalten sich. Dann schweigen sie. Sie erzählen einander ihre Träume. Sie frieren zusammen. Und ja, ausgerechnet den mutigen Kapitän macht die Einsamkeit irgendwann auch ein bisschen verrückt. Doch eine andauernde, über einen Moment hinausgehende Dramatik entsteht nie.



Die Landschaftsaufnahmen sind hübsch. Die Kamera fängt ein Gefühl für die Weite der Landschaft ein. Eine Weite, die durchaus auch bedrohlich wirkt. Es reicht allerdings ein Blick auf eine beliebige Weltkarte aus, um zu wissen, wie der Aufbruch der beiden Männer ins Eis wohl ausgegangen sein mag. Nun heißt es zwar immer, der Weg sei das Ziel und die Tatsache, dass der echte Mikkelsen und der nicht minder reale Iversen zwei Jahre in dieser unwirklichen Welt unterwegs gewesen sind, ringt Respekt ab. Aber wirklich spürbar wird diese Zeit im Film nicht. Stattdessen bewegen sich die beiden Männer immer nur geradeaus. Durchs Eis. Das sehr weiß ist und manchmal auch etwas blau schimmert. Wer auf meditative Reisen in die Einsamkeit steht, wird mit «Against the Ice» sicher bestens bedient, wer eher Spannung sucht – nicht.

«Against the Ice» ist bei Netflix verfügbar.

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